Der Zentralausschuss, das höchste Leitungsgremium des ÖRK bis zur nächsten Vollversammlung, tagt alle 12-18 Monate. Er führt die von der Vollversammlung in Harare angenommenen Richtlinien aus, prüft und überwacht die Programme und beschliesst den Haushalt des Rates. |
Höhepunkte der Versammlung Der 158 Mitglieder zählende Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) vertagte sich am Dienstag Nachmittag (6. Februar) nach einem historischen 9-tägigen Treffen in Potsdam - dem ersten im vereinigten Deutschland. Das Thema Versöhnung hatte einen großen Teil der Tagung beherrscht, auf der auch die ÖRK-Dekade zur Überwindung von Gewalt (DOV) offiziell eröffnet wurde. Die Dekade zur Überwindung von Gewalt: Kirchen für Frieden und Versöhnung (2001-2010) begann mit einer Nachtwache am Samstag und einem Gottesdienst am Sonntag (4. Februar) in der im Krieg zerbombten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in der Berliner Innenstadt. Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete ein Lichterprozession im Schnee vom Haus der Kulturen der Welt zum Brandenburger Tor, wo sich die Zentralausschussmitglieder verpflichteten, "gemeinsam für eine Beendigung der Gewalt zu arbeiten und dauerhaften Frieden und Gerechtigkeit aufzubauen". Die Themen Versöhnung und Gerechtigkeit zogen sich durch die gesamte Tagung. Die Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK hat ihren Auftrag ungefähr zur Hälfte erfüllt, und die Zentralausschussmitglieder äußerten sich optimistisch über den Fortgang der Arbeit. Die Kommission hat den Auftrag, Veränderungen "in Struktur, Stil und Ethik des ÖRK" vorzuschlagen. Ein Vorschlag, der bereits Aufmerksamkeit erregt - und heftige Debatten ausgelöst - hat, besteht darin, Beschlüsse eher im Konsensverfahren als durch Mehrheitsvotum zu fassen. Der Zentralausschuss verlängerte die Amtszeit von ÖRK-Generalsekretär Konrad Raiser um ein Jahr bis Dezember 2003, da der Rat in den kommenden Jahren zahlreiche Angelegenheiten regeln muss, darunter auch die Veränderungen, die voraussichtlich von der Sonderkommission empfohlen werden. Der Vorsitzende des Zentralausschusses, S.H. Aram I, löste mit seinen Ausführungen zu der Frage, ob Christen die Anwendung von Gewalt zum Zweck einer humanitären Intervention billigen sollten, eine lebhafte Debatte aus. Nach längerer Aussprache beschloss der Ausschuss, den Mitgliedskirchen des ÖRK den diesbezüglichen Bericht "zur weiteren Prüfung und Reflexion sowie zur Verwendung nach eigenem Gutdünken" zuzuleiten. Der Zentralausschuss rief den ÖRK auf, an seinen "Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten festzuhalten, der auf dem Verhandlungswege erreicht wird und völkerrechtlich abgesichert ist". Weitere öffentliche Erklärungen enthielten einen Aufruf an den Sudan, die Bombardierung von Zivilisten einzustellen, eine Verurteilung des "Kolumbienplans" der USA, der eine Bereitstellung militärischer Unterstützung für dieses Land vorsieht, einen Aufruf zur gerechten Wiedervereinigung Zyperns sowie einen Appell an die politischen Verantwortlichen Indonesiens, eine friedliche Beilegung des dortigen Konflikts anzustreben. Der Zentralausschuss bekräftigte seine Auffassung, dass die Industrieländer die "moralische Hauptverantwortung für die Beschleunigung des Klimawandels" tragen, und ersuchte die Mitgliedskirchen in diesen Ländern, ihre Regierungen zu einer Reduzierung der Emissionen aufzurufen. In einer Plenarsitzung zur Weltwirtschaft wiesen mehrere Mitglieder des Zentralausschusses auf die Ungerechtigkeit der Auslandsschulden hin, die viele arme Länder bei reichen Gläubigern wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds haben. Bischof Aldo Manuel Etchegoyen (Evangelisch-Methodistische Kirche von Argentinien) sagte, die Schulden seien "unmoralisch" und die Kirche sei die einzige Institution, die sie kritisiere. Über Ökumenische Herausforderungen im Gastland der Zentralausschusstagung sprachen mehrere kirchliche Persönlichkeiten aus Deutschland. Rund ein Drittel der 82 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung gehören keiner Kirche an oder sind Anhänger anderer Religionen, wie Pastor Tim Kuschnerus von der Evangelischen Kirche in Deutschland ausführte. "Die große Herausforderung, vor der wir heute stehen", so Bischof Dr. Walter Klaiber (Evangelisch-Methodistische Kirche in Deutschland), "ist es, Menschen, die vielleicht gar nichts von Gott wissen wollen, ... sein 'Ja' weiterzusagen." Die Mitgliedschaft des Rates hat sich auf 342 Kirchen erhöht; folgende neue Mitglieder sind beigetreten: die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia, der Bund der Philippinischen Baptistenkirchen, die Ekalesia Niue (die Insel Niue liegt bei Aotearoa - Neuseeland), die Evangelisch-Lutherische Kirche von Ghana, die Inländische Afrikanische Kirche, Sudan, und der Bund der Baptistenkirchen in Ruanda. Die Evangelische Mara-Kirche, Myanmar (früher Burma) wurde als angeschlossene Kirche aufgenommen. Zwei neue Kirchen, die aus dem Zusammenschluss von Mitgliedskirchen entstanden sind, wurden als Vollmitglieder des ÖRK anerkannt. Die Vereinigte Reformierte Kirche von Schottland ist aus dem Zusammenschluss der Kongregationalistischen Vereinigung von Schottland und der Vereinigten Reformierten Kirche im Vereinigten Königreich entstanden. Die sich Vereinigende Presbyterianische Kirche im südlichen Afrika ist aus dem Zusammenschluss der Presbyterianischen Kirche im südlichen Afrika und der Reformierten Presbyterianischen Kirche im südlichen Afrika hervorgegangen. Der Zentralausschuss beschloss, dass die Neunte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen im Jahre 2006 stattfinden soll; über das genaue Datum und den Tagungsort wurde noch nicht beraten. Die Empfehlung des Programmausschusses, Ende 2004 oder Anfang 2005 eine Konferenz für Weltmission und Evangelisation einzuberufen, wurde befürwortet. Der Programmausschuss empfahl ferner, dass bei der Zentralausschusstagung 2002 eine Sitzung Behindertenfragen gewidmet werden soll. Mehrere bekannte Persönlichkeiten aus Deutschland bedachten die Tagung mit einem Grußwort; besondere Erwähnung verdient der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Johannes Rau. Er erinnerte daran, dass der Zentralausschuss zuletzt vor 13 Jahren in Deutschland getagt hatte, als das Land noch geteilt war: "Niemand hätte davon zu träumen gewagt, dass die nächste Tagung in einem vereinten Deutschland stattfinden würde". Weiter wies der Bundespräsident darauf hin, dass Regierungen verpflichtet seien, den Armen zur Seite zu stehen. "Wir müssen weiter für eine Welt arbeiten ..., in der Gerechtigkeit und Friede sich küssen und in der Gewalt überwunden ist." Auch der Ministerpräsident von Brandenburg, des Landes, dessen Hauptstadt Potsdam ist, Dr. Manfred Stolpe, begrüßte den Zentralausschuss. Zwei delegierte Beobachter des römisch-katholischen Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen, Msgr. John Mutiso-Mbinda und Msgr. John A. Radano, haben alle Sitzungen aufmerksam verfolgt. |
ÖRK-Gottesdienst zur Eröffnung der Dekade zur Überwindung der Gewalt
Präsidennten/innen und leitende Amtsträger/innen des ÖRK
Bischof Aldo Etchegoyen
Erzbischof Tillyrides von Simbabwe
Dr. Johannes Rau |