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Internationale Angelegenheiten,
Frieden und menschliche Sicherheit












Geschichte und Struktur

Die Anfänge / Auf dem Weg zu einer Kommission für internationale Angelegenheiten / Die frühen Jahre / Ökumenische Zeitenwende / Der Beginn einer neuen Ära

Die Anfänge

Die CCIA wurde 1946 als gemeinsame Einrichtung des ÖRK (im Aufbau) und des Internationalen Missionsrates gegründet, doch die Anfänge der Aufgabe, der sie sich widmen sollte, gehen weit zurück in die Geschichte der modernen ökumenischen Bewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts mit der kirchlichen Friedensunion entstand.

Konkreter Ausgangspunkt war die Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh, auf der die ökumenische Bewegung erstmals die Beziehungen zwischen Kirche und Staat ansprach, sich mit der Religionsfreiheit befasste und auf die Bedeutung kirchlicher Einheit für internationale Beziehungen, Frieden und Gerechtigkeit aufmerksam machte. Die Weltmissionskonferenz in Jerusalem 1928 baute auf diesen Gedanken auf und präzisierte die Idee der Religionsfreiheit. Damit schuf sie die Grundlage des späteren ökumenischen Engagements für die Menschenrechte. Weitere Impulse kamen aus den Anfängen der Bewegung fürGlauben und Kirchenverfassung, auf deren ersten Konferenzen viele Teilnehmer zur Entwicklung von Formen "praktischen Christentums" aufriefen. Daraus entstand die Bewegung für Praktisches Christentum, deren Höhepunkt die Oxforder Konferenz über "Kirche, Volk und Staat" 1937 war. Damals wurden die Aufgaben des künftigen Ökumenisches Rates festgelegt.

Auf dieser Konferenz gab es den ersten förmlichen Beschluss zur Gründung des ÖRK, die schon bald nach der Konferenz von 1937 stattfinden sollte. Der Zweite Weltkrieg machte diese Pläne jedoch zunichte. Es heisst, der Ursprung der ökumenischen Bewegung liege in den gemeinsamen Bemühungen der Christen, Krieg zu verhüten. Das ist ihnen zwar in den Jahren vor 1914 nicht gelungen, doch setzten sich die christlichen Jugendbewegungen und die Missionsbewegung während des Ersten Weltkriegs und danach unermüdlich dafür ein, über die Fronten hinweg Kontakte aufrechtzuerhalten und die vom Krieg geschlagenen Wunden zu heilen. Das Gleiche geschah in den Jahren vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, und seither hat es praktisch immer derartige Bemühungen gegeben: zwischen Ost und West während des Kalten Krieges und seit 1945 in aller Welt über die Fronten von Krieg und Feindschaft hinweg.


Oben: Oxforder Konferenz über "Kirche, Volk und Staat", 1937.


SIEHE AUCH:
- The role of the WCC in International Affairs

- Churches in International Affairs 1999-2002: pdf / Word
- Churches in International Affairs 1995-1998: pdf / Word

Die gegenwärtige Struktur

Zwei Jahre vor der offiziellen Gründung des ÖRK 1948 in Amsterdam richteten der im Aufbau begriffene Ökumenische Rat und der Internationale Missionsrat gemeinsam eine Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten (CCIA) ein.

Die CCIA wurde nicht zuletzt deshalb gegründet, weil der ÖRK in seinen Aufbaujahren für seine Arbeit im Bereich der Flüchtlingshilfe und Wiederansiedlung, die er bereits während des Zweiten Weltkriegs begonnen hatte, eine effektive Verbindungsstelle zu den Vereinten Nationen brauchte. Viele Jahre lang gehörten die beiden ÖRK-Programme – internationale Angelegenheiten und Flüchtlingsarbeit – zu verschiedenen Kommissionen bzw. Einheiten. Die nach der Achten Vollversammlung Ende 1998 eingeführte Organisationsstruktur hat diese historischen Kernfunktionen des Rates erstmals in einem einzigen Team zusammengebracht.Der frühere Koordinator des Teams für internationale Angelegenheiten, Dwain Epps, bezeichnete diese neue Konzeption als einen spannenden Neuanfang, der die historische Verbindung und die in den letzten Jahren immer engeren Arbeitsbeziehungen zwischen der CCIA und dem Referat für Flüchtlingsarbeit und Migration (RFM) bestätigt. Hier werde nicht ein Arbeitsbereich von einem anderem absorbiert, sondern jeweils so integriert, dass beide stärker aus diesem Zusammenschluss hervorgehen.

Durch ihre Kommission bzw. durch das Weltweite ökumenische Netz für entwurzelte Menschen haben sich CCIA und RFM mit den Ursachen menschlichen Leids einschließlich Vertreibung und Entwurzelung beschäftigt und versucht, durch ihr Eintreten für Menschenrechte, Konfliktprävention, friedliche Beilegung von Konflikten und Versöhnung unter den Völkern zu helfen. Ihre traditionellen Rollen und jeweiligen Mitgliedschaften werden auch in Zukunft respektiert und es steht zu erwaretn, dass sie mit der neuen Struktur noch besser bedient werden können.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der CCIA veranstaltete die Kommission in Seoul (Korea) eine Konsultation über die Konferenz von Oxford. Aus heutiger Perspektive wurden hier die komplexen Beziehungen zwischen Kirche, Volk und Staat diskutiert, die sechs Jahrzehnte zuvor in Oxford auf der Tagesordnung gestanden hatten, während das nationalsozialistische Deutschland immer bedrohlichere Schatten warf. In Seoul sahen wir, dass die Oxforder Debatten auch heute noch höchst aktuell sind, und deshalb seien hier einige Beiträge von der Konferenz und aus ihrem Umfeld zitiert, die uns bewusst machen, dass wir uns bei unserem Umgang mit internationalen Angelegenheiten durchaus an dem orientieren können, was unsere Vorgänger bereits mit grosser Klarheit sahen. In Bezug auf die Angst vor einem weiteren Weltkrieg rief Oxford zu einem umfassenden Ansatz in internationalen Angelegenheiten auf und erklärte:
Mit der Verurteilung des Krieges ist es nicht getan. Es gibt einen Scheinfrieden, der in Wirklichkeit ein kaum verhüllter Kriegszustand ist. Christen müssen alles tun, was in ihrer Macht steht, um unter den Völkern Gerechtigkeit und friedliche Zusammenarbeit zu fördern und auch für deren sich wandelnde Lebensbedingungen Mittel des friedlichen Ausgleichs zu finden. Ganz besonders sollten die Christen in Ländern, die von der Natur besonders begünstigt sind, mit allem Nachdruck Gerechtigkeit für weniger begünstigte Länder fordern. Dieses Einstehen für Gerechtigkeit muss auch zu der Forderung führen, dass die einzelnen Staaten darauf verzichten, ihre Souveränität so zu interpretieren, dass jeder in seiner eigenen Sache selbst Richter sein will.

Teilnehmer der Oxforder Konferenz äusserten die Befürchtung, die Christen und ihre Kirchen seien der Welt mit ihrer Neigung zu Unrecht und Krieg allzu sehr ähnlich geworden und deshalb müsse die Kirche "in allen ihren Gliedern und als ganze Busse tun". Zu jeder Zeit, so fuhren sie fort, habe die Kirche die Pflicht, Kirche zu sein, und sie müsse ihr Kirche-Sein beständig neu erringen. In seiner Ansprache vor der Konferenz sagte der grosse französische Ökumeniker Pierre Maury:
... die Welt versucht beständig, die Kirche zu einem Verzicht auf ihre Unabhängigkeit - also ihre alleinige Abhängigkeit vom Herrn - zu bewegen. Sie versucht, das Leben der Kirche dem gewöhnlicher Einrichtungen gleich zu machen und sie so in das Leben der Welt zu integrieren, und der Kirche dafür Anerkennung, gewisse Rechte und in manchen Fällen erhebliche Privilegien zu gewähren. Sie will die Kirche benutzen und sie als Anwalt der grossen Anliegen der Menschheit einsetzen - sei es auf der Rechten oder auf der Linken. Die Kirche ist derartigen Versuchungen immer wieder erlegen. Wir müssen deshalb sehr wachsam sein, um zu gewährleisten, dass die Kirche nicht die Kirche der Demokratie oder einer Klasse oder des Volkes ist, sondern vor allem und ausschliesslich die Kirche Jesu Christi.

Besonders empfänglich für solche Versuchungen seien Kirchen in ihrem lokalen Umfeld, wenn sie auf sich allein gestellt seien, hiess es in Oxford. Die ökumenische Bewegung biete Schutz davor, denn die Kirche "ist nicht Kirche einer örtlichen Gemeinschaft und darf es nie werden. Die Kirche an jedem Ort ist Teil einer weltweiten Gemeinschaft und als solche bekannt". Die weltweite Kirche "ist nicht von Menschen zuwegegebracht worden, so wie etwa eine Reihe von kleineren Staaten sich zu einem Bundesstaat zusammenschliessen". Sie ist nicht "international", sondern "ökumenisch", nicht die Summe ihrer Teile, sondern ein Leib, der durch die in Christus gegebene geschichtliche Einheit, die er wiederzuerlangen versucht, alle Grenzen überschreitet. Die Bande ökumenischer Gemeinschaft verbinden daher Glieder eines einzigen Leibes, dessen Einheit "ausschliesslich begründet ist im freien gnädigen Wirken Jesu Christi, der (...) seinen Leib durch seine Liebe, durch seinen Leben schaffenden Geist erhält und regiert und den Willen der Menschen sich untertan macht".

Die Kirche ist also eine übernationale Gemeinschaft.

Sie gewinnt Menschen aus allen Völkern und ihren Gliedern und ist des Glaubens, dass sie untereinander mehr gemeinsam haben als mit ihren nichtchristlichen Volksgenossen, sofern Christus und das christliche Erbe von größerem Werte sind als irgendeine nationale Erbschaft, die mit ihm nichts zu tun hat. Sie stellt den Gehorsam gegen Gott über den Gehorsam gegen den Staat und die Treue zur christlichen Gemeinschaft über die Treue zum Volk. Sie kann nicht zugeben, dass nationale über Menschheits-Interessen gestellt werden; sie kann sich nicht damit einverstanden erklären, dass irgendein Volk sich einbildet, es könne sein nationales Leben ohne Rücksicht auf alle anderen Völker entfalten.

Oxford betrachtete die Kirche auch als eine rassen- und klassenübergreifende ewige Gemeinschaft, für die die Menschen nicht nur einige Jahre lang Bürger einer irdischen Gemeinschaft und eines Staates sind, sondern auch "berufen, Bürger des unvergänglichen Gottesreiches zu sein". Damit die Kirche also Kirche sein kann, muss sie das Ziel der Einheit nicht nur um ihrer selbst, sondern auch um der Welt willen verfolgen. Der Mangel an kirchlicher Einheit beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Zeugnisses für die Gesellschaft.

Diesen Grundsatz haben wir im vergangenen Jahrzehnt, in dem sich Kirchen in vielen Teilen der Welt ihrer Gemeinschaft, ihren nationalen Traditionen, ihrer ethnischen Identität, ihrer Kultur oder ihrem Staat mehr verpflichtet fühlten als Christus und einander, immer wieder bekräftigen müssen. In einer Zeit, in der die Religion von politischen Kräften erneut zum Anheizen von Konflikten benutzt wird, sei darauf hingewiesen, dass dies keineswegs neu ist. Die frühe ökumenische Bewegung zeichnete sich aus durch einen expliziten Rückgriff auf theologische Argumente sowie die zentrale Bedeutung von Gottesdienst und Spiritualität und einen biblisch fundierten Blick auf die Wirklichkeiten der Welt, und all dies droht verloren zu gehen in der heutigen Diskussion, in der sehr viel weltlicher formuliert wird. Darüber sollten wir uns Gedanken machen.

Auf dem Weg zu einer Kommission für internationale Angelegenheiten

Eine der wichtigsten Sektionen der Oxforder Konferenz befasste sich mit dem Thema "Die Kirche Christi und die Welt der Nationen". Ihre Arbeit fand grosses Echo in den Kirchen Westeuropas und der Vereinigten Staaten: Dort wurden von ökumenischen Räten Ausschüsse eingesetzt, die in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg und auch während des Krieges die Auswirkungen dieser Debatte auf das Leben, die ökumenischen Beziehungen und das Zeugnis der Kirchen untersuchten. In den USA beispielsweise setzte der Kirchenrat eine Kommission für gerechten und dauerhaften Frieden ein, die von John Foster Dulles geleitet wurde, einem christlichen Laien, der auch in Oxford gewesen war. Diese Kommission organisierte eine Reihe wichtiger ökumenischer Tagungen zur Frage der Weltordnung, von denen sich rückblickend sagen lässt, dass sie die öffentliche Meinung der USA auf eine uneingeschränkte Mitwirkung in den neu gegründeten Vereinten Nationen vorbereitet haben. Sie verfassten die Erklärung "Sechs Säulen des Friedens", der wichtige Korrekturen an dem in Dumbarton Oaks vorgelegten Entwurf der UN-Charta zu verdanken sind, und beeinflussten die Konferenz von San Francisco (1945).

In Grossbritannien entstand die Gruppe "Friedensziele", und in Frankreich, den Niederlanden und Skandinavien wurden ähnliche Komitees gebildet, die sich u.a. sehr entschlossen darum bemühten, während des Krieges die Kontakte zur Bekennenden Kirche in Deutschland aufrechtzuerhalten und sie zu unterstützen. Miteinander unterhielten diese Komitees während der Kriegsjahre lockere Kontakte über den Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen. In Genf eröffnete der Vorläufige Ausschuss für den Ökumenischen Rat der Kirchen ein Büro, und von hier aus betrieb Generalsekretär Willem Visser ’t Hooft mit einigen engen Kollegen ein geheimes Informationsnetz, das den christlichen Widerstand in Deutschland mit Kirchen und Regierungen der Alliierten verband.

Der US-amerikanische Kirchenrat schlug dem Vorläufigen Ausschuss vor, eine kleine internationale Konferenz einzuberufen, um "zu prüfen, was Kirchen und Einzelchristen unternehmen können, um den Drang zum Krieg einzudämmen und uns der Errichtung einer wirksamen internationalen Ordnung näher zu bringen". Dreissig führende Laien und Kirchenführer tagten im Juli 1939 in Genf und verfassten das Dokument "Die Kirchen und die internationale Krise", das den Kirchen zugesandt wurde und in den folgenden Jahren als Grundlage der ökumenischen Diskussion über Friedensziele und die internationale Ordnung dienen sollte.Visser ’t Hooft bezeichnete es als bemerkenswert, dass bereits damals eine internationale Konferenz von der "Verantwortung der ganzen Menschheit für die ganze Erde" gesprochen und dann erklärt habe, dass "es ein Anliegen für alle Völker ist, die Ressourcen der einzelnen Länder klug zu nutzen und für künftige Generationen im voraus zu planen". In dem Dokument wurde auch der Überzeugung Ausdruck gegeben, das "gemeinsame Streben aller müsse in gleichem Masse dazu dienen, den notwendigen Wandel im Sinne der Gerechtigkeit herbeizuführen, wie es dazu dient, den Schutz der Völker vor Gewalt sicherzustellen". So hatten die Kirchen bereits vor der Wende des Krieges zu einem Sieg der Alliierten begonnen, über die Gestaltung einer Nachkriegsordnung und der für ihre Erhaltung notwendigen Institutionen nachzudenken. Diese ökumenische Arbeit musste in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine Struktur erhalten. Das Protokoll des Vorläufigen Ausschusses für den Ökumenischen Rat der Kirchen, der im Februar 1946 zusammentrat, nannte dies als "eine seiner ersten Aufgaben". Der Ausschuss regte eine Tagung an, die untersuchen solle, "welche Verantwortung die Kirchen angesichts der zunehmenden weltpolitischen Krise zukommt". Nach Auffassung des Ausschusses war es "an der Zeit, die Verantwortung des Ökumenischen Rates im Hinblick auf einen ständigen Dienst im Bereich der internationalen Angelegenheiten ins Auge zu fassen und zu prüfen, mit welchen Methoden ein solcher Dienst am besten geleistet werden kann". Er beschloss, "eine Kommission für internationale Angelegenheiten einzusetzen. Die Wichtigkeit einer solchen Kommission ergibt sich aus der dringenden Notwendigkeit, dass die Kirchen ihr Zeugnis von der Bedeutung des christlichen Glaubens für das Leben der Völker so geeint wie möglich ablegen in einer Zeit, in der die politische Welt ein Chaos ist, weil sie den Lehren unseres Herrn nicht folgt". Eine der ersten Aufgaben der Kommission sollte es sein herauszufinden, "wie am besten mit dem Internationalen Missionsrat zusammenzuarbeiten sei, um gemeinsam in Bezug auf die Religionsfreiheit und andere gemeinsame Anliegen tätig zu werden, ... (sowie) die Frage der Beziehungen zum Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen durch die Kirchen und andere Einrichtungen zu erörtern". The Commission was "requested to arrange for an Die Kommission wurde "ersucht, eine internationale Konferenz von Kirchenführern und Laien einzuberufen, die ... prüfen soll, wie das Zeugnis und die Arbeit der Kirchen im Bereich der internationalen Angelegenheiten in dieser entscheidenden Phase wirksam gestaltet werden kann". Der Bischof von Chichester, George Bell, wurde gebeten, den Vorsitz der neuen Kommission zu übernehmen, doch er musste wegen Arbeitsüberlastung ablehnen. Auf seinen Vorschlag hin wurde beschlossen, "die Amerikanische Kommission für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu ersuchen, im Namen des Vorläufigen Ausschusses im Sommer 1946 eine internationale Konferenz von Kirchenführern zum Thema Frieden und Krieg zu organisieren". Wieder war es John Foster Dulles, der den Vorsitz der nach Cambridge einberufenen Konferenz innehatte. Die Schriftführung übernahmen Visser’t Hooft und Walter van Kirk, Sekretär der Amerikanischen Kommission. In seiner Autobiographie notiert Visser’t Hooft: "Bemerkenswert ist, dass Dulles damals ... Positionen vertrat, die sich von denen späterer Jahre recht deutlich unterscheiden. So war er nicht nur überzeugt davon, die Ost-West-Spannungen könnten verringert werden, sondern er sagte auch den erstaunlichen Satz: 'Kein politisches System ist unvereinbar mit dem Christentum’." Dulles, den man heute vor allem als einen der Vordenker der Ideologie des Kalten Krieges kennt, änderte seinen Kurs schon bald danach. Deutlich wurde dies 1948 auf der Ersten ÖRK-Vollversammlung in Amsterdam bei der berühmten Debatte mit dem tschechischen Theologen Josef Hromadka, in der Dulles den Kommunismus pauschal als Antithese zum Christentum verurteilte. (Die Erklärung der Vollversammlung zu diesem Thema war differenzierter: "Die christlichen Kirchen sollten die Ideologien beider verwerfen, des Kommunismus und des Laisser-faire-Kapitalismus, und danach trachten, die Menschen von der falschen Vorstellung zu befreien, diese beiden Extreme stellten die einzige Alternative dar.")

Die in Cambridge von der Kommission skizzierten und 1948 auf einer Tagung in Woudschoten (Niederlande) noch vor der Ersten Vollversammlung ausformulierten Ziele sind später nur geringfügig abgeändert worden und noch heute in der Satzung der Kommission enthalten.

Bald nach der Konferenz von Cambridge erklärte der Internationale Missionsrat seine Zustimmung, und nun konnte die Kommission offiziell gegründet werden. Den Vorsitz übernahm der britische Laie Kenneth Grubb, Direktor wurde Dr. O. Frederick Nolde, ein lutherischer Theologe aus den USA. Dass die Form einer Kommission anstatt einer Abteilung des ÖRK gewählt wurde, war kein Zufall. Es sollte ein Instrument geschaffen werden, das der Mitgliedschaft der beiden Trägerorganisationen als "Anregung und Informationsquelle für ihren Umgang mit internationalen Problemen dienen konnte, als Mittel zu gemeinsamer Reflexion und Aktion, und als ein Gremium, das christliche Perspektiven zu internationalen Fragen formulieren und dafür sorgen soll, dass diese bei der Behandlung dieser Fragen effektiv zum Tragen kommen". Auch sollte die Kommission genügend Freiraum haben, um besonders heikle politische Probleme anzusprechen, ohne die Trägerorganisationen damit unmittelbar zu binden. Obgleich die CCIA später eine Abteilung des ÖRK wurde, ist dieser Freiraum in der ÖRK-Verfassung verankert worden, und in etwas geringerem Masse wird er auch heute noch in der ÖRK-Satzung der Satzung der CCIA respektiert und ist - wenn auch seltener als in den Anfängen - nach wie vor von Nutzen.

Die frühen Jahre
Sitz der CCIA war zunächst New York mit einer Nebenstelle in London und ab 1952 auch in Genf. Dies macht die zur damaligen Zeit bestehenden Grenzen sowohl der CCIA als auch der ökumenischen Bewegung insgesamt deutlich. An allen der bisher genannten grossen ökumenischen Konferenzen hatten - wie auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts - sehr wenige Personen aus Ländern ausserhalb des nordatlantischen Raums und nur selten Vertreter von orthodoxen Kirchen teilgenommen. Evangelische Kirchen waren damals in weiten Teilen der Welt aus westlichen Missionen entstanden, und diese traten weitgehend als Sprecher für die Christen der später als Dritte Welt bezeichneten Regionen auf. Im übrigen nahmen kaum Frauen teil; allerdings wurden angesichts der von Anfang an umfangreichen christlichen Studentenbewegungen des öfteren einige junge Menschen eingeladen.

In den Unterlagen des Vorläufigen Ausschusses findet sich bereits 1946 ein Hinweis darauf, dass man bestrebt war, die Zielsetzung der CCIA nicht allzu sehr einzuschränken: "Die Frage des Hauptsitzes der Kommission ist sorgfältig zu prüfen ... Eine endgültige Entscheidung über den Ort sollte zurückgestellt werden, bis abzusehen ist, wo er den engstmöglichen Kontakt zu den Zentren internationaler Politik unterhalten kann."

Richard Fagley, ein amerikanischer Theologe, der gleich zu Anfang zum Exekutivsekretär der CCIA ernannt worden war, kommentierte diesen Standpunkt in seiner 1966 erschienenen Broschüre The First Twenty Years mit bemerkenswerter Offenheit: "Die für ein solches Vorhaben umgehend verfügbaren Mittel befanden sich bei Kriegsende vorwiegend in den Kirchen der angelsächsischen Länder und insbesondere der Vereinigten Staaten ... Die Zusammensetzung der Konferenz von Cambridge mit ihren etwa 60 Teilnehmern mutet heute befremdlich an. Die Hälfte kam aus angelsächsischen Ländern (allein ein Drittel aus den USA), und der Vorsitzende der Konferenz, der Vorsitzende des Redaktionsausschusses sowie einer der beiden Schriftführer waren Amerikaner ... Alles war spürbar geprägt vom Ethos der westlichen Christenheit ... Die Zusammensetzung und Orientierung der Konferenz von Cambridge spiegelte eine Situation und eine Sicht der Dinge, die die ersten zwei Jahrzehnte der CCIA entscheidend und dauerhaft beeinflussen sollte. Die Muttersprache von neunzehn der damals vierzig Kommissionsmitglieder war Englisch, und das Englische blieb die Verkehrssprache der CCIA. In den ersten zwei Jahrzehnten waren drei der vier Amtsträger und sieben der acht Stabsmitglieder englischer Muttersprache".

Dies hatte mit Sicherheit Einfluss auf die Ausrichtung der Arbeit und auf die von der CCIA vertretenen politischen Positionen (die mit der Verhärtung der Fronten des Kalten Krieges in der Öffentlichkeit immer deutlicher wahrgenommen wurden), bedeutete aber nicht, dass die Anliegen oder Stellungnahmen der Kommission verengt gewesen wären. Bereits früh wurden beratende Beziehungen zu den Vereinten Nationen und ihren wichtigsten Einrichtungen aufgenommen, und so konnte die CCIA den zunehmend weltweiten Perspektiven der ökumenischen Bewegung Ausdruck geben, als die internationalen Organisationen ihre eigenen Aufgaben definierten.

Grösste Priorität hatte die Arbeit an den Menschenrechten und insbesondere der Religionsfreiheit. Unmittelbar danach rangierten die politischen, militärischen und Abrüstungsfragen, die auf der Ersten ÖRK-Vollversammlung 1948 in Amsterdam im Mittelpunkt der Diskussion gestanden hatten. 1949 organisierte die CCIA eine Konsultation zum Thema "Der ideologische Konflikt und die damit verbundenen internationalen Spannungen", und 1951 veröffentlichte sie die Erklärung "Christen stehen für den Frieden ein", die den Unterschied zwischen dem Ansatz der CCIA und dem nichtkirchlicher Stellen, welche ganz eindeutige ideologische Zwecke verfolgten, deutlich machen sollte.

Besondere Aufmerksamkeit galt auch einzelnen Konflikten. 1949 wurden die Streitigkeiten zwischen den Niederlanden und Indonesien erörtert. Nach dem Ausbruch des Koreakriegs 1950 empfahl die CCIA-Exekutivgruppe dem Zentralausschuss, den UN-Beschluss zu unterstützen, mit dem das militärische Eingreifen unter Führung der USA abgesegnet wurde. Dies löste eine heftige Kontroverse aus. In den folgenden Monaten war die CCIA um eine gemäßigtere Position bemüht, setzte sich aktiv für eine Entschärfung des Konflikts ein und schlug die Einsetzung einer Beobachtungskommission für den Frieden vor. 1956 befasste sich die CCIA eingehend mit dem Suez-Konflikt und mit der sowjetischen Invasion in Ungarn, wobei sie die Einhaltung der Bestimmungen der UN-Charta bezüglich einer Aggression gegen einen souveränen Staat forderte. In den 40er und 50er Jahren engagierte sich die CCIA intensiv für die Ächtung von Atomtests und für eine langfristige Strategie zur Kontrolle der Weiterverbreitung von Atomwaffen durch die Einstellung sowohl der Tests als auch der Herstellung solcher Waffen. Ausserdem regte sie die Einrichtung eines wirksamen Frühwarnsystems an. 1951 wurde Elfan Rees, ein ehemaliger Militärseelsorger aus Wales, als Experte für Flüchtlingsfragen nach Genf geholt und 1952 zum CCIA-Vertreter für Europa ernannt. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass mehr finanzielle Mittel für die UN-Flüchtlingsarbeit zur Verfügung gestellt und die internationalen Schutznormen verbessert wurden. 1949 hatte die CCIA der UN-Generalversammlung vorgeschlagen, eine umfassende, nicht nur auf Europa beschränkte Definition des Flüchtlingsproblems auszuarbeiten. Vor allem die Lage der palästinensischen Flüchtlinge weckte Besorgnis, und die Kommission empfahl dem ÖRK-Zentralausschuss, für die internationale Gemeinschaft einen umfassenden Aktionsplan auszuarbeiten, der nicht nur staatenlose Flüchtlinge, sondern auch diejenigen betraf, die zwar nicht staatenlos, aber heimatlos waren. Nach der Gründung des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) 1951 arbeitete die CCIA eng mit der Abteilung für zwischenkirchliche Hilfe und dem Lutherischen Weltdienst zusammen, die ihre humanitäre Arbeit erweitern wollten. Zum UNHCR wurden enge Beziehungen unterhalten und es wurde versucht, sein Mandat über Europa hinaus insbesondere auf Afrika auszudehnen.

Entkolonisierung und der Weg abhängiger Völker zu Selbstbestimmung und Unabhängigkeit waren weitere wichtige Themen, die allerdings oft sehr zögerlich und übervorsichtig behandelt wurden, was die Einstellung vieler derjenigen Länder widerspiegelt, deren Kirchen damals im ÖRK vertreten waren. Grosse Aufmerksamkeit galt auch der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Zusammenarbeit mit dem zuständigen UN-Ausschuss, ferner Bevölkerungsfragen und schliesslich seit 1965 auch dem Handel: in diesem Jahr wurden mit der kurz zuvor gegründeten UN-Handelsorganisation UNCTAD offizielle beratende Beziehungen und Zusammenarbeit aufgenommen. Weitere Themen waren das Völkerrecht, internationale Institutionen und die Notwendigkeit, ein internationales Ethos zu entwickeln, das die internationale Rechtsstaatlichkeit achtet.

Ökumenische Zeitenwende
In den 60er Jahren begann für die ökumenische Bewegung eine neue Ära. Die grosse Mehrheit der östlichen- und der orientalischen-orthodoxen Kirchen wurden Vollmitglieder des ÖRK und brachten ganz neue Perspektiven und Anliegen ein. Die Unabhängigkeit zahlreicher ehemaliger Kolonien in Asien und Afrika gab der Stimme der Kirchen aus der Dritten Welt, von denen nun viele selbst ÖRK-Mitglieder wurden, ganz neues Gewicht. Auf der ÖRK-Konferenz für Kirche und Gesellschaft (1966) spielten Beiträge aus diesen Kirchen erstmals eine wichtige Rolle. Einige Monate zuvor, im Februar 1966, war Willem Visser ’t Hooft, der seit den Aufbaujahren Generalsekretär des ÖRK gewesen war, in den Ruhestand gegangen. Ihm folgte der US-amerikanische Pastor Dr. Eugene Carson Blake, ein führender und weltweit angesehener Ökumeniker, der sich in den Anfängen der Bürgerrechtsbewegung in den USA unerschrocken für soziale Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung der Rassen eingesetzt hatte. Blake war entschlossen, den ÖRK zu einem wirklich repräsentativen weltweiten Gremium zu machen, in dem die Orthodoxen und die Drittweltkirchen uneingeschränktes Mitspracherecht haben sollten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der 1966er Konferenz für Kirche und Gesellschaft sowie in Vorbereitung der Vierten ÖRK-Vollversammlung in Uppsala berief Blake 1968 eine grössere Konsultation ein, deren Aufgabe es war, die CCIA zu überprüfen und entsprechend den neuen Erfordernissen in der ökumenischen Bewegung und in der Welt umzugestalten.

Im folgenden Jahr holte er einen kritischen Teilnehmer der Haager Überprüfungskonferenz als Nachfolger des CCIA-Direktors Frederick Nolde nach Genf. Der argentinische Jurist Dr. Leopoldo J. Niilus war zuletzt Generalsekretär der Bewegung für Kirche und Gesellschaft in Lateinamerika (ISAL) gewesen und leitete nun eine Reihe tiefgreifender Veränderungen ein. Der Sitz der CCIA wurde zwecks größerer Nähe zum neugestalteten ÖRK von New York nach Genf verlegt. Eine neue und erstmals für alle Regionen repräsentative Kommission wurde gebildet. Richard Fagley blieb als Exekutivsekretär in New York, wo er für die Beziehungen zur UNO zuständig war, und Elfan Rees war noch einige Jahre lang in Genf tätig. Als Fagley und Rees in den Ruhestand gingen, fand im Mitarbeiterstab nicht nur ein Generationswechsel statt, sondern auch eine radikale Veränderung der politischen Orientierung und der geographischen Repräsentanz.

Die Themen der CCIA veränderten sich nicht, wohl aber der Umgang mit ihnen. Nach einer drei Jahre anhaltenden Überprüfung der Leitlinien für die Menschenrechtsarbeit wurde eine Schwerpunktverlagerung eingeleitet: vom westlich geprägten Ansatz, bei dem individuelle bürgerliche und politische Rechte im Vordergrund standen, hin zu einem umfassenderen Ansatz, der die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte sowie auch die Rechte von Völkern einbezog. Hierdurch wurden sich die Kirchen der zentralen Bedeutung der Menschenrechte bewusst, und nun begannen zwei Jahrzehnte eines kämpferischen Eintretens für Kirchen, die in Militärdiktaturen der Dritten Welt lebten.

Die Ergebnisse der St. Pöltener Konsultation über "Menschenrechte und christliche Verantwortung" standen im Mittelpunkt der Fünften Vollversammlung des ÖRK in Nairobi (1975). Der neue Ansatz wurde auch in die UN-Menschenrechtskommission eingebracht, in der die CCIA zusammen mit dem Büro für Menschenrechtsfragen in Lateinamerika (HRROLA) entscheidend dazu beitrug, dass Themen wie Folter, das bis dahin unbekannte gewaltsame Verschwindenlassen von Personen und außergerichtliche Hinrichtungen auf die UN-Tagesordnung kamen und für diese Bereiche neue internationale Normen formuliert wurden. In Zusammenarbeit mit anderen in der internationalen Menschenrechtsarbeit tätigen Nichtregierungsorganisationen wurde der Kommission auch das Thema Todesstrafe unterbreitet. Die CCIA setzte sich aktiv für die Entwicklung neuer Normen für die "dritte Generation" der Menschenrechte ein, zum Beispiel das Recht auf Entwicklung und Frieden. Das Gleiche galt für die UN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen religiöser Intoleranz. Einige der von der CCIA verfassten Erklärungen dienten UN-Gremien als Arbeitsgrundlage, und in einigen Fällen war die Vorarbeit der CCIA an den Definitionen - wenn die UNO etwa von Militarismus und Militarisierung sprach - von entscheidender Bedeutung.

Erleichtert wurde diese Arbeit durch die Tatsache, dass der damalige Vorsitzende der CCIA Dr. Theo van Boven war, ehemaliger Direktor der UN-Menschenrechtsabteilung und anerkannter Fachmann auf diesem Gebiet. Auch wurde eine Beratungsgruppe für Menschenrechtsfragen eingesetzt, um der CCIA Orientierungshilfen für diese Arbeit zu geben, und diese Gruppe bot das Fachwissen, das sowohl für die Formulierung von Leitsätzen als auch für die Menschenrechtsarbeit in aller Welt erforderlich ist.

Die Arbeit am Thema Abrüstung mit Schwerpunkt atomare Abrüstung wurde fortgesetzt, doch die Kirchen wurden auch auf die zunehmende Bedrohung durch den florierenden Handel mit konventionellen Waffen und die rasante Militarisierung der Weltpolitik aufmerksam gemacht. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre standen erneut die Atomwaffen im Mittelpunkt, weil ihre Verbreitung rapide anstieg und die Gefahr eines Atomkriegs zunahm. Es fanden wichtige Konsultationen über Abrüstung und Militarisierung statt. In dieser Zeit war die CCIA auch Mitveranstalterin eines internationalen öffentlichen Hearings über Atomwaffen und Abrüstung in Amsterdam, auf dem Berater der nationalen Sicherheitsbehörden der Sowjetunion und der USA sowie zahlreiche Atomwaffenexperten aus aller Welt aussagten. Hier wurde die Vorarbeit für eines der zentralen Themen der Sechsten Vollversammlung des ÖRK in Vancouver (1983) geleistet, die eine historische Erklärung über Frieden und Gerechtigkeit verabschiedete. Auch zu diesem Thema gab es intensive Öffentlichkeitsarbeit, und kirchliche Friedens- und Anti-Atom-Bewegungen in aller Welt wurden durch die ÖRK-Positionen ermutigt und stützten sich sehr weitgehend auf sie.

In den kritischen Jahren des Kalten Krieges wurde den Ost-West-Beziehungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt, doch zugleich wurde auch die Arbeit in der Dritten Welt intensiviert. Bei dem Friedensabkommen zwischen Nord- und Südsudan 1972 spielte die CCIA eine entscheidende Rolle, und in den 80er Jahren leitete sie einen öffentlichen Dialog zwischen Nord- und Süd-Korea ein, bei dem zum ersten Mal seit 40 Jahren Christen beider Seiten zu Gesprächen über die Frage einer Wiedervereinigung zusammentrafen. Eine aktive Rolle spielte sie auch im Nahostkonflikt, indem sie Kontakt zur Palästinensischen Befreiungsorganisation aufnahm und sich für einen umfassenden Verhandlungsfrieden für die Region einsetzte. Aktive Unterstützung galt auch Kirchen in Asien und Lateinamerika bei ihrem Widerstand gegen Militärdiktaturen sowie Kirchen in Afrika bei ihrem Kampf um Befreiung von der Kolonialherrschaft und vom Joch der Apartheid in Südafrika.

1979, also etwa nach der Hälfte des seit der Gründung zurückgelegten Weges, folgte Ninan Koshy, ein indischer Laie, dem damaligen Direktor Leopoldo Niilus in seinem Amt. Er leitete die CCIA bis 1991. In diesem Jahr wurde der Rat umstrukturiert und das Büro für Menschenrechtsfragen in Lateinamerika eingegliedert. Der in Brasilien geborene US-Amerikaner Charles Harper, der das Büro seit 1973 geleitet hatte, wurde Interimsdirektor der CCIA. 1993 kam Dwain Epps als CCIA-Koordinator zurück zum Genfer Stab.

Der Beginn einer neuen Ära
Weltgeschichtliche Entwicklungen und die Erweiterung und Neuorientierung der ökumenischen Bewegung haben zwar die Vision erheblich verändert, doch der Arbeitsansatz bei internationalen Angelegenheiten ist der gleiche geblieben, und infolgedessen weist die Geschichte der CCIA eine weitgehende Kontinuität auf. Die Motivation, aus der heraus die CCIA vor 54 Jahren gegründet wurde, ist nach wie vor aktuell, und das Gleiche gilt im Großen und Ganzen für das theologische Denken, das dieser Motivation zugrunde lag. Das Engagement der CCIA besteht nach wie vor darin, den Kirchen in ihrem Zeugnis für Frieden und Gerechtigkeit entschlossen und unbeirrt zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen, wenn sie sich für internationale Institutionen stark machen, die den Willen der Völker dieser Welt respektieren, und wenn sie weltweiter Solidarität Ausdruck geben.

Doch wie wir gesehen haben, ist mehrmals im Laufe dieser Jahre eine radikale Neuorientierung im Arbeitsstil und Ansatz notwendig geworden. Das Dokument "Die heutige Rolle der Kirche in internationalen Angelegenheiten", das den Kirchen vom Zentralausschuss 1996 zum Studium und zur Aktion empfohlen wurde (und im Anhang der Broschüre Die Rolle des ÖRK in internationalen Angelegenheiten erschien), zeigt einige der neuen Trends und Herausforderungen auf. Die weltweiten Umwälzungen seit 1991 haben internationale Angelegenheiten ins Epizentrum ökumenischer Anliegen und Massnahmen gestellt. Zugleich jedoch sind in immer mehr Kirchen und nationalen wie regionalen ökumenischen Gremien die Referate für internationale Angelegenheiten personell unterbesetzt. Infolgedessen gehen theologische Reflexion, politische Analyse und konkretes Handeln in vielen Bereichen zurück. Das ist ein gefährlicher Zustand in einer Zeit, in der der Faktor Religion in den internationalen Beziehungen eine zunehmend wichtige Rolle spielt und in der immer mehr Menschen von den Kirchen eine fundierte ethische, moralische und theologische Wegweisung erwarten.

Auch die Kirchen in aller Welt erwarten vom ÖRK immer mehr Begleitung und Unterstützung in Fällen von Spannungen zwischen Kirche und Staat, bei ethnischen, religiösen und anderen internen Konflikten sowie bei ihren Bemühungen um die Beendigung von Kriegen. Wir müssten viel mehr tun, doch wir sind nicht dafür ausgerüstet, alle Erwartungen zu erfüllen.

At the same time international institutions we have helped shape, and have accompanied, prodded and encouraged over half a century, also look to the WCC for leadership. Once again, our lack of resources and sometimes our lack of well-grounded proposals for more effective work push us away from important centers where our impact could be greater. The WCC is not alone in this. Like-minded secular non-governmental bodies also find themselves under similar constraints. Both they and we have had to narrow our focus and draw back for reasons of institutional survival from relationships, which strengthened our common advocacy work in the past.

Gleichzeitig erwarten auch die internationalen Institutionen, zu deren Gestaltung wir beigetragen haben und die wir seit mehr als einem halben Jahrhundert lang begleiten, anregen und ermutigen, Orientierungshilfen vom ÖRK. Auch hier müssen wir uns von wichtigen Zentren, wo wir mehr Einfluss ausüben könnten, nur deshalb fernhalten, weil wir nicht genügend Mittel haben und in manchen Fällen keine fundierten Vorschläge für effektivere Arbeit anbieten können. Der ÖRK steht damit nicht allein - auch ähnlich gesinnte weltliche Nichtregierungsgremien müssen mit solchen Einschränkungen leben. Ebenso wie sie mussten wir um des Überlebens der Institution willen unsere Arbeit einschneidend reduzieren und Beziehungen aufgeben, die unsere gemeinsame Anwaltschaft früher gestärkt haben.

Durch die ganze Geschichte der CCIA hindurch waren die Kommissionsmitglieder ein zentrales Element ihrer Arbeit. In der jüngeren Vergangenheit hat der Beschluss, den Umfang der damals so genannten "Kuratorien" auf fünfzehn Mitglieder zu reduzieren und sie lediglich drei Mal im Verlauf von sieben Jahre tagen zu lassen, zu einer schweren Beeinträchtigung unserer Möglichkeiten geführt, die Kirchen weltweit in einen kritischen Dialog über wichtige Fragen einzubinden. Dennoch setzen wir unsere Arbeit fort. Der Zentralausschuss hat sich in den Jahren zwischen den Vollversammlungen in Canberra und Harare wohl eingehender als je zuvor in der Geschichte des ÖRK mit internationalen Angelegenheiten befasst.

In einer ähnlichen Situation schrieb J.H. Oldham, der ökumenische Pionier, der den Vorbereitungsausschuss für die Oxforder Konferenz (1937) leitete:

Die Vorbereitungsarbeiten für die Konferenz von Oxford haben gezeigt, wie verhältnismässig dürftig die Quellen fliessen, aus denen die Kirche gegenwärtig schöpfen kann, wenn sie Fragen behandelt, die an der Grenze zwischen Lehre und Leben liegen, und zu deren Verständnis und Lösung es einer Verbindung von theologischer Erkenntnis und Erfahrung in praktischen Dingen bedarf. Die Hauptbedeutung der Konferenz von Oxford liegt deshalb wohl auch nicht so sehr in dem Wert der erreichten Ergebnisse, wie in der Tatsache, dass sie dazu beigetragen hat, der Kirche die Bedeutung und Dringlichkeit der von ihr behandelten Fragen zu Gemüte zu führen, und dass sie versucht hat, für ihr weiteres Studium in den kommenden Jahren den Grund zu legen.

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