April 2001
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für den Frieden zu arbeiten
"Seid Ihr bereit, für den Frieden zu arbeiten?", fragte zu Beginn einer der beiden Moderatoren. "Das solltet Ihr auch sein", ergänzte die andere, Diana Mavunduse, die Dekade-Kommunikationsreferentin des ÖRK, "Ihr legt Euch nämlich für zehn Jahre fest!" Die Feierlichkeiten schlossen mit einer Lichterprozession, die durch die Straßen von Berlin bis zum berühmten Brandenburger Tor führte, dem Symbol für Unterdrückung, aber auch für die deutsche Wiedervereinigung. Hier bildeten die Mitglieder des Zentralkomitees mit ihren Kerzen das Logo der Dekade. In den folgenden Monaten werden auf regionaler Ebene weitere Veranstaltungen zur Eröffnung der Dekade folgen. Das Dekade-Bulletin und die ÖRK-Webseiten informieren über Ort und Zeit der geplanten Veranstaltungen und geben nähere Informationen zur Dekade: http://wcc-coe.org/wcc/dov/index-g.html.
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Neue ÖRK-Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter
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Vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtsniskirche
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Intensive Gespräche im ÖRK-Zentralausschuss
Zum allerersten Mal hat der ÖRK-Zentralausschuss im wiedervereinigten Deutschland getagt. Die Tagung fand vom 28. Januar bis 6. Februar 2001 in Potsdam vor den Toren Berlins statt, der Stadt, die so lange die Teilung des Landes symbolisiert hat. Einer der Schwerpunkte der Tagung war die Frage der Versöhnung, gleichzeitig wurde offiziell die Dekade zur Überwindung von Gewalt eröffnet und über die unzähligen Formen nachgedacht, die Gewalt annehmen kann.
Der 158köpfige Zentralausschuss des ÖRK tagt alle zwölf bis 18 Monate, führt die von der Vollversammlung angenommenen Richtlinien aus, überwacht die Programme des ÖRK, nimmt Berichte entgegen und verabschiedet den Haushalt. Vorsitzender ist Aram I., Katholikos von Kilikien.
Auf der Tagung wurden viele wichtige Themen diskutiert. Die Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK legte einen Zwischenbericht vor, der den Mitgliedern des Zentralausschusses Gelegenheit bot, sich von den bereits erzielten Fortschritten zu überzeugen.
Eine angeregte Diskussion fand zum Thema "humanitäre Interventionen" statt. In diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen, diesen Ausdruck durch "Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen in Situationen bewaffneter Gewalt" zu ersetzen. Keine abschließende Antwort fand man auf die Frage, ob die Kirchen den Einsatz bewaffneter Gewalt befürworten können. Der Zentralausschuss sprach sich jedoch dafür aus, weiterhin über dieses Problem von großer Dringlichkeit nachzudenken und sandte an die ÖRK-Mitgliedskirchen einen Bericht "zur Kenntnisnahme, Reflexion und Weiterverwendung".
Des Weiteren hat der Zentralausschuss auf seiner Plenarsitzung zur Weltwirtschaft einmütig die Außenschulden der armen Länder als unmoralisch und ungerecht verurteilt und beschlossen, eine umfassende theologische Analyse zur Globalisierung und deren Auswirkungen zu erstellen. Er nahm ebenfalls zu verschiedenen Konflikten Stellung, unter anderem zum Nahostkonflikt, zum Konflikt im Sudan, in Kolumbien, auf Zypern und in Indonesien.
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Besuche zwischen Kirchen
In einer Welt des ständigen Wandels können die Kirchen ihre Glaubwürdigkeit, ihr Fortbestehen und auch ihre Identität nur gemeinsam bewahren. Auf der Tagung des Zentralausschusses wurde in zahlreichen Wortmeldungen und in Berichten über Zusammentreffen deutlich, wie wichtig Besuche zwischen den Kirchen sind.
Der Zentralausschussvorsitzende Aram I. drückte es so aus: "Auf Gemeindeebene zusammen beten, zusammen nachdenken und zusammen arbeiten ist sicherlich eine der besten Möglichkeiten, um in der Welt Zeugnis abzulegen." Generalsekretär Konrad Raiser wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Kirchen nicht warten sollten, bis der ÖRK ein umfassendes Besuchsprogramm aufstellt, sondern dass sie eigene Initiativen ergreifen sollten.
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Afrikanische Religiosität
Vom 8. bis 14. Januar fand in Enugu in Nigeria ein wichtiges Treffen von Vertretern und Vertreterinnen der katholischen Kirche, afrikanischen Theologen und Theologinnen sowie ÖRK-Mitarbeitern statt. Sie diskutierten über die Rolle Afrikas im Weltchristentum. Für Hans Ucko vom Team für interreligiöse Beziehungen, der das Treffen angeregt hatte, ist der Einfluss Afrikas im Laufe der gesamten Geschichte der Christenheit unbestritten - wenn auch lange verschwiegen - und für äußerst bereichernd, angefangen von den afrikanischen Kirchenvätern und -müttern bis zu den "Negrospirituals". Das Treffen in Enugu verfolgte das Ziel, einen Reflexionsprozess über stellenwart und Rolle Afrikas anzuregen.
Es gab zahlreiche Diskussionsthemen wie zum Beispiel afrikanische Religiosität. Außerdem wurde beschlossen, weiter darüber nachzudenken, das Netz der Kontakte zu festigen, den begonnenen Dialog fortzuführen sowie auf andere Religionen auszuweiten (Islam, traditionelle Religionen) und zu lokalen Beiträgen anzuregen.
Zwei weitere wichtige Konsultationen sind vorgesehen, eine im nächsten Jahr zum Thema frankophones Afrika und eine weitere im Jahr 2003 über die wichtige Rolle von Frauen für die afrikanische Religiosität.
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Gracanica Kloster, in der Nähe von Prestina |
ÖRK/KEK-Delegation besucht Jugoslawien
Zum ersten Mal nach der demokratischen Wende hat ein gemeinsames Besuchsteam des ÖRK und der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) die Bundesrepublik Jugoslawien besucht. Eine siebenköpfige Delegation unter der Leitung des ÖRK-Generalsekretärs Konrad Raiser und des KEK-Generalsekretärs Keith Clements traf vom 15. bis 19. Februar 2001 mit kirchlichen Vertretern des Landes zusammen.
In Belgrad fanden fruchtbare Begegnungen mit Vertretern der Serbischen Orthodoxen Kirche statt, so mit Patriarch Pavle und dem Heiligen Synod sowie mit Professoren und Studierenden der theologischen Fakultät.
Das Team bemühte sich in der Hauptsache um die Wiederherstellung einer angemessenen Kommunikation mit den verschiedenen religiösen Instanzen im Land, nach Jahren der Behinderungen und Beschränkungen sowie der Isolierung. Neue Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen den jugoslawischen Kirchen und dem ÖRK wurden erörtert wie zum Beispiel die Durchführung von ÖRK-Treffen in Serbien, die Entsendung von Studentinnen und Studenten ans Institut Bossey und die Rolle der Serbischen Orthodoxen Kirche innerhalb der Sonderkommission. Auch die Zusammenarbeit zwischen der orthodoxen und den protestantischen Kirchen wurde angesprochen.
Die Delegation sprach ebenfalls mit Präsident Vojislav Kostunica, insbesondere über die Beziehungen des Staates zu den Kirchen und über die schwierige Situation der 700 000 Flüchtlinge und Vertriebenen.
In Novi Sad traf sich die Gruppe mit Führern protestantischer Gemeinschaften.
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Erzbischof Anastasios von Albanien
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Personalien
Erzbischof Anastasios von Albanien, Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses, ist Träger des Athenagoras-Menschenrechts-Preises für 2001. Dieser Preis ist nach dem bedeutenden Streiter für den Frieden, Patriarch Athenagoras, benannt und wurde Erzbischof Anastasios am 17. Februar in New York für seinen Beitrag zum Wiedererstarken der Kirche in Albanien verliehen.
Bärbel Wartenberg-Potter, die mehrere Jahre lang das ÖRK-Frauenreferat geleitet hat, wird am 1. April ihr Amt als Bischöfin von Holstein-Lübeck in der nordelbischen Landeskirche antreten. Die 1980 ordinierte Pastorin unterrichtete nach ihrer Mitarbeit im ÖRK evangelische Theologie am theologischen Seminar von Kingston in Jamaika, bevor sie 1991 in Stuttgart eine Stelle als Pastorin antrat.
Der Zentralausschuss der Asiatischen Kirchen Konferenz der wählte Dr. Ahn Jae Woong zum neuen Generalsekretär. Dr. Woong ist Mitglied der Presbyterianischen Kirche in Korea und hat in den vergangenen 30 Jahren bei verschiedenen ökumenischen Organisationen Asiens, die im studentischen oder ländlichen Bereich tätig sind, verantwortliche Ämter bekleidet.
Im Erwartung der Veränderungen, die von der Sonderkommission zur Orthodoxen Mitarbeit im ÖRK empfohlen werden, hat der Zentralausschuss beschlossen, das Mandat von ÖRK-Generalsekretär, Konrad Raiser, um ein Jahr bis Dezember 2003 zu verlängern. Gleichzeitig hat der Zentralausschuss seine außerordentlich gute Leitung des ÖRK und auch der gesamten ökumenischen Bewegung gewürdigt. |
Mitgliedskirchen |
Der ÖRK wird grösser
Während der vergangenen Tagung des Zentralausschusses hat der ÖRK neun neue Mitgliedskirchen in seine Gemeinschaft aufgenommen: die Evangelische Mara-Kirche, Myanmar (als angeschlossenes Mitglied), die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia, den Bund der Philippinischen Baptistenkirchen, die Evangelisch-Lutherische Kirche von Ghana, die Afrikanische Inlandskirche (Sudan), die Vereinigung der baptistischen Kirchen in Ruanda, die Ekalesia Niue (Pazifik), die Vereinigte Reformierte Kirche (Schottland), die sich vereinigende Presbyterianische Kirche im südlichen Afrika; wobei die beiden letzteren aus Kirchen entstanden sind, die bereits Mitglieder im ÖRK waren. Somit gehören jetzt 342 Kirchen zum ÖRK.
Darüber hinaus sind der Französische Evangelische Kirchenbund, der Nationale Kirchenrat von Burundi, der Bund der evangelischen Kirchen und Missionen von Kamerun (FEMEC) sowie der Rat der Kirchen von Malawi als angeschlossene Räte aufgenommen worden.
Und schließlich sind der Ausschuss der Kirchen für Migranten in Europa sowie der Ökumenische Jugendrat in Europa als weitere internationale ökumenische Organisationen anerkannt worden, zu denen der ÖRK Arbeitsbeziehungen unterhält.
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Terminplan
Der ÖRK-Generalsekretär, Konrad Raiser, wird demnächst die Region Asien-Pazifik besuchen. Seine Reise wird ihn nacheinander an folgende Orte führen:
Vom 25. bis 27. Mai wird er im Libanon an den Feierlichkeiten anlässlich des 1700-jährigen Bestehens der Armenischen Apostolischen Kirche teilnehmen.
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Die Kleinste unserer Schwestern
Die Geschichte einer der Kirchen, die wir auf dem letzten Zentralausschuss in den Kreis der ÖRK-Mitglieder aufgenommen haben, die Ekalesia Niue, verdient besondere Erwähnung.
Die Insel, 2.400 Kilometer nordöstlich von Neuseeland gelegen, ist nur 260 Quadratkilometer groß und mit ihren 2000 Einwohnern der kleinste demokratische Staat der Welt. Im 16. Jahrhundert kamen erstmals zahlreiche Einwanderer aus Samoa und von anderen polynesischen Inseln nach Niue. 1774 legte der britische Kapitän James Cook hier an. 1901 wurde die Insel von Neuseeland annektiert. Nach einer ersten Verfassunggebenden Versammlung im Jahr 1969 wurde Niue 1974 in die Unabhängigkeit entlassen.
Das Christentum hielt Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Insel Einzug. Nach einem ersten erfolglosen Versuch kehrten Missionare der Londoner Missionsgesellschaft (LMS) 1846 auf die Insel zurück, diesmal in Begleitung eines Mannes, Peniamina, der ursprünglich von Niue stammte, in Samoa gelebt hatte und von der LMS ausgebildet worden war. Sein Zeugnis wurde schon bald von seinem Volk übernommen: 1854 war die Bevölkerung bis auf wenige Ausnahmen bekehrt.
Die Kirche, die sich damals Kirche der LMS auf Niue nannte, wurde 1970 unter dem Namen Ekalesia Niue autonom. Sie zählt 1500 Mitglieder in 13 Gemeinden, beschäftigt zehn Pastoren und umfasst 75 Prozent der Bevölkerung der Insel ! Sie betreut zugleich die Gemeinschaft der 4500 Migranten aus Niue, die in Aotearoa-Neuseeland leben. Jugendarbeit, christliche Bildungsarbeit, Kommunikation und die Ausbildung von Laien gehören zu den wichtigsten Arbeitsgebieten der Ekalesia Niue. Im Christlichen Frauenbund arbeiten auch Frauen anderer Denominationen mit. Die Ekalesia Niue hat sich schon früh für die Ökumene eingesetzt. Eines der Hauptprobleme der Kirche ist die Abwanderung der Inselbewohner nach Aotearoa-Neuseeland. Sie ist eine Folge der wachsenden Arbeitslosigkeit und der schwierigen wirtschaftlichen Situation auf Niue.
Die Ekalesia Niue ist ebenfalls Mitglied des Nationalen Kirchenrates von Niue, der Pazifischen Konferenz der Kirchen und des Reformierten Weltbundes.
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Anti-Rassismus-Demonstration |
Untersuchung über Initiativen zur Überwindung von Rassismus
Rassismus ist ein ständiges Anliegen des ÖRK, und daher ist eine umfassende Teilnahme des ÖRK auf der UN-Weltkonferenz über Rassismus im September in Durban/Südafrika geplant.
Darüber hinaus wollte das ÖRK-Team für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung herausfinden, was die Kirchen tun, um gegen Rassismus anzugehen. Es hat daher mit einer umfassenden Untersuchung über Initiativen zur Überwindung von Rassismus begonnen, die von den Kirchen in Europa - wo sich rassistische Übergriffe häufen - unternommen werden bzw. an denen sich diese beteiligen. Die Untersuchung befasste sich in einem ersten Schritt mit der Situation in Deutschland und in Österreich im Jahr 1999.
Die Bilanz ist überwiegend positiv: Initiativen werden ergriffen, es gibt Veranstaltungen gegen den Rassismus, und die Kirchen mobilisieren sich, aber das ist natürlich noch nicht genug. Die Verantwortlichen der Enquete sind der Auffassung, dass eine Vielzahl von wirksamen Aktionen und ein stärkeres Engagement der Kirchen im Blick auf Jugendgruppen nötig sind.
Zurzeit wird die Situation in Frankreich und in England untersucht.
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Höchste Alarmstufe für den Planeten Erde
Der Zentralausschuss unterstrich erneut, dass das Thema Umwelt weiterhin Anliegen des ÖRK bleiben müsse, und gab seiner Besorgnis über die Zerstörung der Umwelt zum Ausdruck, die vor allem der Lebensweise in den industrialisierten Ländern zuzuschreiben ist, die "die moralische Hauptverantwortung für den beschleunigten Klimawandel tragen”. Zudem brachte er seine Enttäuschung über das Scheitern der internationalen Klimakonferenz in Den Haag unter UN-Schirmherrschaft im vorgangenen November zum Ausdruck.
Doch das Problem der klimatischen Veränderungen sei bei weitem nicht der einzige Grund zur Besorgnis, so Martin Robra, ÖRK-Referent für Ökologie und theologische Ethik. Genmanipulationen und andere Versuche mit genetischem Material brächten äußerst ernste und oft unkalkulierbare Risiken mit sich. Robra verwies unter anderem auf die Berichte mehrerer Umweltschutzbewegungen und/oder Gruppen zur Verteidigung der Rechte autochthoner Bevölkerungsgruppen darüber, dass eine australische Gesellschaft ein Abkommen mit dem Gesundheitsministerium in Tonga unterzeichnet habe, das Forschungen über das Genom des Tongavolkes zum Gegenstand hat. Daher bereitet der ÖRK gemeinsam mit dem Nationalen Kirchenrat von Tonga aktiv eine Konferenz über "Bio-Piraterie" vor, die Mitte März in Tonga stattfinden soll.
Nachdem die Dekade zur Überwindung von Gewalt eröffnet worden ist, gelte es auch, die unerbittliche Gewalt gegen Bevölkerungsgruppen und gegen die Schöpfung zu überwinden. |
Neue Veröffentlichungen und Videos
Elisabeth Behr-Sigel und Mgr Kallistos Ware |