Bericht des Weisungsausschusses für Grundsatzfragen II
- wie von der Achten Vollversammlung angenommen -
Wie bereits in der Broschüre Von Canberra nach Harare berichtetet wurde, brachte die Dekade "Gruppen innerhalb einer Kirche, die noch nie zuvor an einem Tisch gesessen hatten, zusammen, um gemeinsam über die Anliegen der Dekade nachzudenken". Anliegen oder Schwerpunkte waren:
Stimmen aus der Plenarsitzung zur Dekade
Ihr habt die Klage der Myrrheträger in Freude verwandelt (orthodoxes Lied).
Nach der Präsentation der Dekade im Plenum wurden indessen unterschiedliche und sogar gegensätzliche Stimmen der Vollversammlung laut. Manche sagten, "nie und nimmer", wo es um Fragen wie Ordination, sexuelle Orientierung, Reproduktionsrechte und inklusive Sprache ging. Eine Stimme drückte das mit der Bemerkung aus, "es hat manchmal den Anschein, als wären wir auf einer anderen Apostelreise."
Andere Stimmen warnten die Vollversammlung, zu lange mit der Beseitigung der Stolpersteine zu warten, die Frauen daran hindern, in alle Bereiche des Lebens in Kirche und Gesellschaft voll einbezogen zu werden. Sie mahnten, es sei an der Zeit, von der Solidarität zur Rechenschaftspflicht überzugehen. Sie meinen, es gebe auf dem Weg des Glaubens, den die Dekade gewiesen habe, kein Zurück. Dies ist Gottes Zeit, Gottes Kairos für eine Wende.
In dem Brief an den ÖRK heisst es, wir seien nunmehr zur "Rechenschaftspflicht" aufgerufen. Der ÖRK hat die Aufforderung zur Rechenschaft über seine Verpflichtung auf die Ziele der Dekade in allen seinen Aktivitäten und Berichten vernommen. Auch wir fühlen die Verpflichtung, die Solidarität der Kirchen mit den Frauen zu verstärken.
Wenn die Solidarität der Kirchen mit den Frauen gestärkt werden soll, müssen der ÖRK und die Kirchen sich auf eine Grundsatzdebatte, auf Umkehr, Gebet und aktives Handeln im Blick auf die in dem Dokument Von der Solidarität zur Rechenschaftspflicht und in der Plenarsitzung zur Dekade aufgeworfenen Probleme einlassen. Wir bemühen uns als Kirche darum, nach der biblischen Aussage, dass wir nach dem Ebenbild Gottes als Männer und Frauen geschaffen sind (1. Mose 1,27), und nach der Vorstellung der Taufe zu leben, dass hier nicht Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann noch Frau ist, denn ihr seid allesamt eins in Christus Jesus (Gal. 3,28). Darum empfehlen wir:
Empfehlungen (Angenommen)
2. Die Kirchen sollten Gelegenheiten und Foren schaffen, bei denen Frauen sich zu Fragen von Gewalt und Missbrauch äussern, wo Opfer und Täter die Macht der Vergebung und Versöhnung erfahren können. Es steht fest, wo Frauen die uneingeschränkte Mitwirkung vorenthalten wurde und wo Frauen Opfer der Gewalt wurden, muss Busse getan werden für das was getan und was unterlassen worden ist.
3. Die Vollversammlung sollte die anhaltenden Bemühungen des ÖRK bekräftigen, dem Krieg jede Rechtfertigung zu entziehen, und würdigt die Erklärung des Zentralausschusses (1995) zur Überwindung von Gewalt und andere Erklärungen des ÖRK, insbesondere diejenigen, die sich auf Frauen und Kinder beziehen, die unschuldig Opfer von Krieg, Konflikt und Gewalt in der Familie sind.
4. Die Vollversammlung sollte zur Verwendung von Sprache und Verfahrensweisen ermutigen, die Menschen in allen Bereichen des kirchlichen Lebens - und sofern dies im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis steht - Führungspositionen verschaffen, ungeachtet des Geschlechts, der Altersgruppe, der Rasse und des kulturellen Hintergrundes und ihrer körperlichen Verfassung.
5. Der ÖRK sollte für einen Schulderlass und dafür eintreten, dass die dadurch eingesparten Ressourcen für die Verbesserung der Lebensqualität vor allem von Frauen, jungen Menschen und Kindern verwendet werden.
6. Der ÖRK sollte die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern verurteilen, beispielsweise sexuelle Versklavung, Prostitution, Pornographie sowie Frauen- und Kinderhandel in jeder Form.
7. Der ÖRK sollte die Schaffung gerechter Wirtschaftsordnungen und -strukturen in Kirche und Gesellschaft unterstützen, die sicherstellen, dass Menschen, ungeachtet von Geschlecht, Altersgruppe, Rasse, von kulturellem Hintergrund oder körperlicher Verfassung in den Genuss von Gerechtigkeit, gleichem Lohn für gleiche Arbeit, existenzerhaltenden und ausreichenden Löhnen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen kommen.
8. Die Vollversammlung möge den Mitgliedskirchen die UN-Knvention über die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen, die UN-Aktionsplattform von Peking und die UN-Dekade zur vollständigen Beseitigung der Armut (1997-2007) empfehlen.
9. Die Vollversammlung möge die Mitgliedskirchen auffordern, sich nach Kräften für die Ziele dieser Dekade einzusetzen.
Zur Kenntnisnahme: Die folgenden Empfehlungen wurden dem Ausschuss für Programmrichtlinien zur Beratung vorgelegt:
1. Der ÖRK sollte Programme, Möglichkeiten und Curricula für theologische Ausbildung bereitstellen und/oder unterstützen, in denen die Stimmen Perspektiven und Erfahrungen von Frauen zur Geltung kommen. (Zur Prüfung an den Zentralausschuss weitergeleitet.)
2. Der ÖRK sollte eine Studie über menschliche Sexualität in ihrer ganzen Vielfalt durchführen und deren Ergebnisse den Mitgliedskirchen zugänglich machen. Ausserdem sollte der ÖRK die Mitgliedskirchen ermutigen, die Debatte und das Gespräch zum Thema menschlicher Sexualität zu eröffnen. (In den Bericht des Ausschusses für Programmrichtlinien aufgenommen.)
3. Die Vollversammlung sollte die Schwerpunktsetzung der Dekade in bezug auf die Bekämpfung des Rassismus und die Belange der ausländischen Arbeitskräfte befürworten und darum bitten, sie in den verschiedenen Programmen des ÖRK zu verankern. (In den Bericht des Ausschusses für Programmrichtlinien aufgenommen.)
4. Der ÖRK sollte gebeten werden, im Zusammenwirken mit den Kirchen die Fortschritte auf diesem Gebiet zu beobachten, zur Halbzeit eine Konsultation einzuberufen und der Neunten Vollversammlung einen entsprechenden Bericht vorzulegen. (Zur Prüfung an den Zentralausschuss weitergeleitet.)
In Solidarität und zum Lob der Ökumenischen Dekade gab es fröhliche Stimmen. Viele Steine, Stolpersteine, wurden während der Dekade aus dem Weg geräumt. Die Stimmen der Vortragenden in der Plenarsitzung zur Dekade haben einmütig die Fortschritte der Dekade hervorgehoben. Manche bekräftigten die inständige Forderung nach Menschen- und sozialen Rechten für die Frauen. Andere beklagten die vielfältigen Formen von Gewalt, denen Frauen ausgesetzt sind. Und manche verpflichteten sich, den Kampf fortzusetzen, um ein wahrhaft neues Jahrtausend vor allem für Frauen herbeizuführen.
1. Der Rat sollte Richtlinien für das Miteinander von Männern und Frauen ausarbeiten, die den Grundsatz einschliessen, dass jede Form von Gewalt gegen Frauen Sünde ist.
Bericht des Weisungsausschusses für Grundsatzfragen II
8. Vollversammlung und 50. Geburtstag