Okumenischer Rat der Kirchen

Ökumenischer Rat der Kirchen und Konferenz Europäischer Kirchen
in Zusammenarbeit mit dem
Lutherischen Weltbund
ÖRK Aktuelles Ökumenische Delegation besucht Albanien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. (17.5.99)

Besuch einer ökumenischen Delegation in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und in Albanien
18-25. mai 1999

Im April 1999 entsandten der Ökumenische Rat der Kirchen, die Konferenz Europäischer Kirchen und der Lutherische Weltbund eine Delegation nach Jugoslawien, um mit den dortigen Kirchen die Ursachen und Folgen des gegenwärtigen Balkankonflikts zu erörtern. Im Rahmen ihres fortgesetzten Engagements in der Kriegsregion stellten der ÖRK und die KEK in Zusammenarbeit mit dem LWB eine zweite Delegation zusammen, die vom 18. - 25. Mai die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sowie Albanien bereiste. Aufgabe dieser Delegation war es,


Die Mitglieder dieser Delegation hoffen, dass der vorliegende Bericht die Kirchen über einige der regionalen Folgen des gegenwärtigen Konflikts informieren und damit zu einem besseren Verständnis des Krieges und seiner langfristigen Auswirkungen im gesamten Südosten Europas beitragen kann.

Mitglieder der Delegation
Wilhelm Nausner, Evangelisch-Methodistische Kirche, Genfer Raum
Antonios Papantoniou, Kirche von Griechenland
Sylvia Raulo, Evangelische Kirche von Finnland
Elizabeth Ferris, Ökumenischer Rat der Kirchen
Alessandro Spanu, Bund der evangelischen Kirchen Italiens (nur Albanien)

Danksagung
Wir danken von ganzem Herzen den Mitarbeitern/innen des Mazedonischen Zentrums für internationale Zusammenarbeit in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Seiner Seligkeit Erzbischof Anastasios von Tirana, Durrës und ganz Albanien sowie den Mitarbeitern/innen von Diaconia Agapes in Albanien für die freundliche Aufnahme und die Aufmerksamkeit, die sie uns trotz ihrer Beanspruchung durch die Nothilfeprogramme widmeten. Unserer besonderer Dankt gilt Pastor Mihail Cekov und Dragi Vrgov, die sich eine ganze Woche frei nahmen, um uns begleiten zu können.


Einführung

Unser Besuch war nur kurz, und trotz der starken Eindrücke ist es kaum möglich, nach nur wenigen Tagen in jedem Land eine abschliessende Beurteilung vorzulegen. Nach ausführlichen Diskussionen haben wir beschlossen, keine spezifischen Empfehlungen an die Kirchen zu formulieren, sondern lediglich unsere Beobachtungen aufzuzeichnen und einige allgemeine Schlussfolgerungen hinsichtlich der Situation in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und in Albanien mitzuteilen.

1. Der gegenwärtige Konflikt auf dem Balkan ist kein Religionskrieg. Zwar sind die ethnischen Identitäten sehr ausgeprägt, doch Angehörige verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen haben jahrhundertelang in gegenseitigem Respekt und Toleranz zusammengelebt. Jeder Versuch, diesen Krieg als religiösen Konflikt darzustellen, ist äusserst gefährlich. In diesem extrem politisierten Kontext sollten sich weder Kirchen noch Religionsgemeinschaften von Regierungen oder politischen Gruppen für politische Zwecke missbrauchen lassen.

2. Die gegenwärtige Krise auf dem Balkan ist eine langfristige Krise. Die Folgen dieses Krieges werden noch jahrelang zu spüren sein - während die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wahrscheinlich nicht lange anhalten wird. Die Flüchtlinge aus dem Kosovo haben viele Bedürfnisse, die sowohl unmittelbare als auch langfristige Aufmerksamkeit erfordern. Zugleich sind wir zutiefst besorgt angesichts der Auswirkungen des Konflikts und der Anwesenheit der Flüchtlinge auf die Länder, die sie aufgenommen haben.Wenn eine neue weltweite Krise entsteht oder wenn humanitäre Organisationen im Kosovo selbst tätig werden können, dann könnte es sein, dass sich die Aufmerksamkeit von den anhaltenden Problemen der Flüchtlinge in Albanien und Mazedonien ab- und anderen Bereichen zuwendet. Und dies könnte angesichts der brisanten Lage beider Länder verheerende Folgen für diese Länder und die ganze Region haben.

3. Der Krieg lässt eine höchst gefährliche Situation für die Nachbarstaaten entstehen und verdient nachhaltigere Aufmerksamkeit seitens der internationalen Gemeinschaft. Mazedonien und Albanien sind nicht in der Lage, ohne konsequente Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft so zahlreiche Flüchtlinge zu versorgen. Ausserdem darf nicht vergessen werden, dass der Übergang von der kommunistischen Herrschaft zu demokratischen Institutionen in beiden Ländern sehr schwierig ist.

4. Die Menschen der gesamten Region fürchten die destabilisierenden Auswirkungen der Ankunft zahlreicher Menschen anderer ethnischer Herkunft und befürchten, der Konflikt könne auf ihre Länder übergreifen. Die Probleme der Region sind also miteinander verflochten, und deshalb muss ein umfassender Plan für die Region insgesamt aufgestellt werden. In einem Friedensabkommen müssten beispielsweise nicht nur die Rückkehr der Flüchtlinge aus Mazedonien und Albanien, sondern auch die Auswirkungen des Krieges auf Griechenland, Italien, Ungarn, Bulgarien und andere Länder der Region berücksichtigt werden.

5. Jugoslawien liegt im Zentrum des Balkans. Was in Jugoslawien geschieht, wirkt sich auf den Handel und auf wirtschaftliche Transaktionen, auf Infrastrukturen, Verkehr und politische Entwicklungen der ganzen Region aus. Solange Jugoslawien keine Demokratie ist, ist die gesamte Region gefährdet.

6. Die Kirchen der Region sind gefordert, pluralistische Gesellschaften mitaufzubauen und mitzutragen, in denen Menschen verschiedener ethnischer und religiöser Zugehörigkeit in Frieden und gegenseitiger Achtung miteinander leben. Zwar sind in den letzten Jahren weitreichende Konflikte aufgebrochen, doch sollten wir daran denken, dass es hier auch Friedenszeiten und gut funktionierende multikulturelle Gesellschaften gegeben hat. Daher sind die Vorschläge, Ländergrenzen neu zu ziehen, sehr gefährlich.

7. Wir sprachen mit vielen verschiedenen Menschen über die Lage der Flüchtlinge, und dabei haben wir festgestellt, dass gut informierte Leute sehr unterschiedliche Zukunftsprognosen stellen. Einige wenige glauben, bald werde ein Friedensabkommen unterzeichnet und die Flüchlinge könnten umgehend nach Hause zurückkehren. Sehr viel mehr sind der Meinung, die Rückkehr werde nur sehr langsam vonstatten gehen; "selbst wenn nächste Woche ein Friedensabkommen unterzeichnet wird," wurde uns gesagt, "werden die Flüchtlinge noch mindestens ein Jahr hier bleiben". Wieder andere sind der Auffassung, die meisten Flüchtlinge würden nie in den Kosovo zurückgehen. Diesen unterschiedlichen Einschätzungen entsprechen auch die Vorstellungen von einer Lösung des Flüchtlingsproblems: sie reichen von Vorschlägen, die Unterkünfte mit grossem Aufwand winterfest zu machen, bis hin zur Unterstützung humanitärer Evakuierung.


Auswirkungen des Krieges auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

Bis Anfang der 90er Jahre gehörte Mazedonien zu Jugoslawien. Seine Märkte, Infrastrukturen und Handelsströme waren voll und ganz in die jugoslawischen eingebunden. Der durch den Krieg bedingte Abbruch der Beziehungen zu Jugoslawien hat tiefgreifende Folgen für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist überdies eine junge Demokratie; ihre politischen Institutionen sind erst vor wenigen Jahren entstanden und ihre politischen Parteien befinden sich in der Konsolidierungsphase. Die durch die Ankunft von 300 000 Kosovo-Albanern bis Mitte Mai entstandenen Spannungen sind daher eine grosse Belastung für die noch nicht gefestigten demokratischen Strukturen. Vor der Ankunft der Flüchtlinge setzte sich die zwei Millionen Menschen zählende Bevölkerung des Landes zu 75% aus Mazedoniern und zu 25% aus ethnischen Albanern zusammen. Ferner gab es 45000 registrierte Roma (ihre tatsächliche Anzahl dürfte sich auf rund 90000 belaufen). Die Anwesenheit der Flüchtlinge (zur Zeit unseres Besuchs 12% der Landesbevölkerung) lässt die Mazedonier befürchten, das ethnische Gleichgewicht ihre Landes verlagere sich.

Die Wirtschaft der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist durch den Abbruch der Handelsbeziehungen schwer angeschlagen. Von jeher war ein grosser Teil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach Jugoslawien exportiert worden; ohne diesen Markt wissen die Bauern nicht, wo sie ihre Produkte absetzen sollen. Man erzählte uns z.B., dass in Strumica 20 kg Gurken heute für 1 US$ verkauft werden. Fabriken, die ihre Rohstoffe aus Jugoslawien bezogen und/oder ihre Erzeugnisse dorthin verkauften, müssen schliessen. Auch der Handel mit Deutschland, das zu den traditionellen Handelspartnern der ehemaligen Republik gehört, ist unterbrochen. Vor der Ankunft der Flüchtlinge hatte die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien eine Arbeitslosenrate von 40%; heute gibt es inoffiziellen Angaben zufolge mehr Arbeitslose als Beschäftigte. Ausländische Investoren ziehen sich zurück, der kommerzielle Flugverkehr ist um 80% gesunken und die gesamtwirtschaftliche Situation ist prekär.

Im Hinblick auf die politische Lage berichtete man uns, die Spaltung des Landes in ein Pro-NATO- und ein Anti-NATO-Lager vertiefe sich, und wegen der Auswirkungen der Bombenangriffe steige die Anzahl der NATO-Gegner. Die Mazedonier fürchten, in den Konflikt hineingezogen zu werden. Zwei Drittel der mazedonischen Bevölkerung leben nicht mehr als 20-25 km von der jugoslawischen Grenze entfernt, und gegenwärtig sind 16000 NATO-Soldaten im Land stationiert. Die Mazedonier fürchten sich auch vor einem unabhängigen Kosovo und der Möglichkeit eines Gross-Albanien. Einer unserer Gesprächspartner sagte: "Auf dem Balkan können keine Grenzen neu gezogen werden, ohne dass es ein Blutbad gibt." In diesem Zusammenhang werden die Kosovo-Albaner als destabilisierender Faktor betrachtet, und die Mazedonier scheinen sich einig darüber zu sein, dass sie ausserhalb des Landes wiederangesiedelt werden müssen. In den letzten Wochen sind 50000 Flüchtlinge in anderen Ländern aufgenommen worden, und dadurch hat sich die Lage offenbar etwas entspannt.

Flüchtlinge

Zum Zeitpunkt unseres Besuchs hielten sich schätzungsweise 229000 albanische Flüchtlinge in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien auf, davon 79000 in neun Lagern und 125000 bei Gastfamilien. Rund 50000 sind im vergangenen Monat in andere Länder gegangen. Die Albaner sind nicht als Flüchtlinge anerkannt, sondern als "humanitär unterstützte Personen". Neben den albanischen Flüchtlingen gibt es mehrere Tausend andere, darunter auch mazedonische Bürger (sowohl Mazedonier als auch ethnische Albaner), die bisher in Kosovo lebten, sowie serbische und Roma-Flüchtlinge aus anderen Teilen Jugoslawiens. Gegenwärtig weigert sich die Polizei, Nicht-Albaner als "humanitär unterstützte Personen" anzuerkennen, doch wir hörten verschiedentlich, dass ihnen von nichtstaatlichen Organisationen unauffällig geholfen wird. Ausserdem gibt es mehrere Tausend nicht registrierte Flüchtlinge.

Die in den Lagern lebenden Flüchtlinge machen sich die grössten Sorgen über den bevorstehenden heissen Sommer und die noch grösseren Probleme im Winter. Die Temperaturen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien können im Sommer 45 und im Winter -20 Grad erreichen. Es wird sehr teuer sein, die Lager winterfest zu machen. Ausserdem wären solche Arbeiten ein Zeichen dafür, dass die Flüchtlinge für einige Zeit im Land bleiben werden, und das könnte die Fremdenfeindlichkeit der einheimischen Bevölkerung verstärken. Die in Gastfamilien untergebrachten Flüchtlinge fürchten, dass die Gastfreundschaft im Laufe der Monate ermüdet, insbesondere bei den vielen Gastfamilien, die sehr arm sind. Viele Flüchtlinge sind immer mehr an der humanitären Evakuierung in westliche Länder interessiert.

Uns wurde auch berichtet, dass in der mazedonischen Bevölkerung der Groll über die besseren Lebensbedingungen in den Lagern wächst, während sich die wirtschaftliche Lage im Land verschlechtert. Ein Mazedonier sagte: "Die Flüchtlinge bekommen offenbar Bananen, während wir uns schon seit langem keine Bananen mehr leisten können." Besorgt sind wir auch über die Folgen der Ankunft zahlreicher nichtstaatlicher Organisationen (NGOs) aus dem Ausland. Die Preise in Skopje steigen, und viele Mazedonier haben keine Arbeit mehr.

Berichten zufolge besteht die Möglichkeit, dass Zehntausende binnenvertriebener Kosovaren nach der Schneeschmelze in den Bergen in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien kommen werden. Da die Infrastrukturen im Kosovo zerstört sind, werden künftig wahrscheinlich mehr Flüchtlinge vor dem Hunger hierher fliehen.

Wir besuchten zwei Flüchtlingslager. Radusa ist ein relativ kleines Lager, das vom MCIC verwaltet wird. Es bietet 1500 Menschen Platz, doch z.Zt. leben hier nur 700 Flüchtlinge. Insgesamt ist das Dienstleistungsangebot ausgezeichnet. Eine bulgarische Organisation stellt medizinische Versorgung (13 Ärzte mit der erforderlichen Ausrüstung) sowie zwei warme Mahlzeiten pro Tag zur Verfügung. Es gibt ausreichend Wasser, warme Duschen, sanitäre Anlagen und für die Flüchtlinge kostenlose Benutzung eines Satellitentelefons. Der Bau von Gemeinschaftsräumen ist geplant, die den Flüchtlingen für Versammlungen dienen und von ihnen selbst verwaltet werden sollen.

Das Lager Cegrane ist mit 40000 Flüchtlingen gegenwärtig das grösste des Landes. Als unerwartete Flüchtlingstrecks ankamen, musste es überstürzt erweitert werden. Es wurde vor drei Wochen eröffnet und ist noch immer nicht fertiggestellt. Einige der Lagerstrassen z.B. sind noch nicht mit Schotter aufgeschüttet (werden bei Regen also zu Schlammlöchern) und es gibt bei weitem nicht genug Latrinen. Das MCIC baut z.Zt. 50 zusätzliche Latrinen. Es gibt keine warmen Mahlzeiten (wie es in Radusa der Fall war); die Familien kochen ihre Mahlzeiten auf offenen Feuern auf engstem Raum zwischen den Zelten. Dieses Lager soll ein Dauerlager werden, aus dem nur eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen in andere Länder geht. Wir sind besorgt angesichts der drohenden ökologischen Schäden: Die Flüchtlinge müssen sich ihr Brennholz in der Umgebung beschaffen und Abwässer in den nahen Fluss schütten. Einige erzählten uns, die Gesundheitsversorgung sei unzureichend.

In beiden Lagern scheinen die Flüchtlinge relative Bewegungsfreiheit zu geniessen und sind häufig in den Dörfern der Umgebung zu sehen. Die Beziehungen zwischen den in diesem Lager tätigen NGOs sind eher punktuell, obgleich täglich Koordinierungssitzungen stattfinden. Die Grundbedürfnisse der Flüchtlinge werden zwar erfüllt, doch die sozialen Aspekte des Lagerlebens sind besorgniserregend. Die Flüchtlinge sind deprimiert, und es gibt kaum Aktivitäten, die ihre Zeit ausfüllen könnten. Meist sitzen sie in ihren Zelten und warten, dass Entscheidungen über ihre Zukunft getroffen werden. Der Mangel an sinnvoller Tätigkeit wird die depressive Stimmung mit Sicherheit noch verschlimmern und andere soziale Probleme schaffen. In Radusa besuchen einige der jüngeren Kinder die Schulen der umliegenden Dörfer, doch (bislang) gibt es für Jugendliche und junge Menschen noch keine Aktivitäten; im grösseren Lager Cegrane gibt es auch für Kinder keinen Unterricht.

Das mazedonische Zentrum für internationale Zusammenarbeit (MCIC)
Das MCIC wurde 1993 gegründet, um Entwicklungsprojekte zu organisieren, und hat im Laufe der Jahre in den Bereichen Dorfentwicklung, sanitäre Anlagen und Ausbau der Kapazitäten örtlicher NGOs beachtliches geleistet. Seit April dieses Jahres leistet das Zentrum Nothilfearbeit und hat seine regulären Programme deshalb aussetzen müssen. Mit Unterstützung von "Kirchen helfen gemeinsam" (ACT) organisiert das Zentrum gegenwärtig folgende Aktivitäten: 1) Bereitstellung von Nothilfe (verantwortlich für die sanitären Anlagen mehrerer Lager, Gesamtmanagement des Lagers von Radusa und Verteilung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln an Gastfamilien); 2) Bewusstseinsbildung einschliesslich Bildungsarbeit für Flüchtlinge, Aufklärung für Meinungsmacher und eine Kampagne, durch die die Toleranz der Bevölkerung erhöht werden soll; 3) ein Informationszentrum, das aktuelle Informationen über die Entwicklung in Mazedonien in gedruckter Form bzw. über eine Website weitergibt. Das Zentrum will seine regulären Programme im Juni zumindest teilweise wieder anlaufen lassen.

In den Leitungsgremien des MCIC sind Religionsgemeinschaften (Mazedonische Orthodoxe Kirche, Evangelisch-Methodistische Kirche und Islamische religiöse Gemeinschaft) sowie Vertreter/innen der Zivilgesellschaft (z.B. Roma und Frauenorganisationen) und Fachleute aus verschiedenen Bereichen vertreten. Es wurde insbesondere seitens der Mazedonischen Orthodoxen Kirche das Anliegen geäussert, das MCIC solle sich mehr für die Förderung der Arbeit der Kirchen einsetzen.

Insgesamt waren wir beeindruckt von der Arbeit des Zentrums und der Vielfalt seines Leitungsgremiums. Das Zentrum kauft die Nahrungsmittel, die an die Gastfamilien verteilt werden, am Ort und geht damit auf die Bedürfnisse sowohl der Einheimischen als auch der Flüchtlinge ein. Beeindruckt waren wir auch von den Bemühungen des Zentrums, bedürftigen Einheimischen ebenso zu helfen wie Flüchtlingen. So plant es beispielsweise an beiden von uns besuchten Orten, die Infrastruktur (Strom, Wasser, sanitäre Anlagen) sowohl in den Dörfern als auch in den Lagern zu verbessern. Angesichts der erklärlichen Ressentiments der Einheimischen gegenüber den Flüchtlingen und den Mitteln, die letzteren zur Verfügung gestellt werden, sind solche Initiativen zu begrüssen und sollten unterstützt werden.

Ein Problem sehen wir in den Auswirkungen der Nothilfeprogramme auf das MCIC. Angesichts der Krise in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hat das Zentrum ausgezeichnete Arbeit geleistet - allerdings auf Kosten seiner regulären Entwicklungsprogramme, die wichtig und auch langfristig notwendig sind. Sollte die unmittelbare Krise anhalten, wird dafür gesorgt werden müssen, dass die Flüchtlinge von Nothilfefachleuten versorgt werden und dass gleichzeitig auch die Entwicklungsarbeit des MCIC wieder anläuft.

Wir besuchten auch Mesechina (oder "Mond"), eine humanitäre Organisation der Roma, die ebenfalls ihre regulären Bildungsprogramme für Roma sowie den Ausbau der Kapazitäten von Roma-NGOs vorläufig eingestellt hat, um ausschliesslich in der Nothilfe tätig zu sein. Gegenwärtig verteilt Mesechina monatlich 2600 Pakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln an Familien, die Flüchtlinge aufgenommen haben, und monatlich 1000 solcher Pakete an arme Mazedonier in Gostivar. Wir hörten, dass z.Zt. rund 3000 Roma-Flüchtlinge aus Kosovo bei Gastfamilien in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien leben.


Kirchen

Wir stellten einen auffallenden Mangel an ökumenischem "Geist" oder ökumenischer Traditionen in den mazedonischen Kirchen fest und waren erstaunt über die Isolierung der Mazedonischen Orthodoxen Kirche. Es gibt zwar in manchen Fällen gute zwischenkirchliche Zusammenarbeit, doch scheint uns dies eher das Ergebnis persönlicher Kontakte als eines ökumenischen Engagements auf institutioneller Ebene zu sein. Bei unserem Treffen mit Caritas-Mazedonien beispielsweise sahen wir, dass es vor Ort gute ökumenischen Zusammenarbeit gibt. Innerhalb der katholischen Kirche gibt es im übrigen Spaltungen zwischen den Uniaten und der römisch-katholischen Kirche.

Gegenwärtig gehören 1,5 der insgesamt 2 Millionen Einwohner Mazedoniens der Mazedonischen Orthodoxen Kirche an (hinzu kommen 1 Million Gläubige, die ausserhalb der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien leben). 1967 erklärte die Mazedonische Orthodoxe Kirche ihre Unabhängigkeit von der Serbischen Orthodoxen Kirche; diese Trennung wird von anderen orthodoxen Kirchen nicht anerkannt. Die Mazedonische Orthodoxe Kirche beantragte im gleichen Jahr die Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen, der Antrag wurde jedoch nicht angenommen. Die Delegation traf mit dem Metropoliten der Mazedonischen Orthodoxen Kirche, Kiril, zusammen, um der Solidarität mit der grössten Kirche eines Landes Ausdruck zu geben, das aufgrund des Krieges im benachbarten Kosovo gravierende Probleme hat. Sie machte den Metropoliten jedoch darauf aufmerksam, dass sie sich über die humanitären und politischen Probleme des Landes informieren, nicht jedoch mit Fragen befassen wolle, die die Position der Kirche innerhalb der orthodoxen Gemeinschaft oder ihren Wunsch nach Mitgliedschaft im ÖRK und in der KEK betreffen. Die Delegation unterstrich, diesbezügliche Entscheidungen seien Sache anderer in der ökumenischen Familie.

Metropolit Kiril bereitete der Delegation einen herzlichen Empfang und bat um Verständnis für die Abwesenheit von Erzbischof Mihail, der nach einer Herzoperation noch im Krankenhaus lag. In seiner Begrüssungsansprache erklärte der Metropolit, erstmals seit mehr als 30 Jahren sei nun eine Delegation des ÖRK bzw. der KEK zu einem Besuch in seine Kirche gekommen, und dies werde zutiefst gewürdigt. Man erinnere sich noch immer sehr lebhaft an die Hilfe des ÖRK und der KEK nach dem verheerenden Erdbeben von 1963. Die damals von der internationalen ökumenischen Gemeinschaft praktizierte Solidarität sei "überwältigend" und unvergesslich gewesen. Er sprach des weiteren von dem aufrichtigen Wunsch der Kirche, Mitglied des ÖRK und der KEK zu werden, von dem Schmerz über die Spaltung der Kirchen am Ende dieses Jahrtausends und von seiner Hoffnung, der Mazedonischen Orthodoxen Kirche möge es in naher Zukunft erlaubt sein, sich von neuem der weltweiten ökumenischen Gemeinschaft anzuschliessen.

Metropolit Kiril sprach über mehrere dringende Anliegen der Mazedonischen Orthodoxen Kirche. Die Kirche leidet noch immer unter den Auswirkungen der fünf Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft, während denen Kirchenbesitz beschlagnahmt und die Basis der Kirche geschwächt wurde. Gegenwärtig müssen 2500 Kirchen und Klöster erhalten werden, und die Kirche verfügt nicht über genügend Mittel. Die mazedonische Jugend geht interessiert auf die Kirche zu, doch diese hat zu wenig Geld, um Material in mazedonischer Sprache herauszugeben (die erste mazedonische Bibelübersetzung erschien erst 1991) und die theologische Ausbildung leidet gleichfalls unter Geldmangel. Der Metropolit äusserte ferner Besorgnis angesichts der Ausbreitung des Islam in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und angesichts der finanziellen Mittel, die die Muslime aus dem Ausland erhielten; besonders beunruhige ihn der gegenwärtige Zustrom von Flüchtlingen. Er berichtete, jugoslawische Flüchtlinge serbischer Herkunft klopften an die Türen seiner Kirche, doch die Kirche habe nicht die Mittel, ihnen zu helfen; gleichzeitig jedoch erhielten Flüchtlinge albanischer Herkunft umfangreiche Mittel von humanitären Organisationen aus dem Ausland. Die Kirchen würden alles in ihren Kräften Stehende für die Bedürftigen tun (einschliesslich Suppenküchen), doch sie hätten kaum Mittel.

Während unseres Besuchs in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien führten wir lange Gespräche mit Pastor Cekov von der Evangelisch-Methodistischen Kirche in Strumica und konnten vier methodistische Kirchengebäude im Struma-Tal besichtigen. In Strumica erfuhren wir von der zunehmenden ökumenischen Zusammenarbeit mit den Katholischen Schwestern der Eucharistie; wir besuchten die Schwestern und besichtigten ihre Klinik. Die Methodistische Kirche in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist relativ klein (12 Gemeinden, 4500 Gläubige), scheint jedoch, was ökumenische Führungskräfte - insbesondere im MCIC - anbetrifft, eine unverhältnismässig grosse Rolle zu spielen.

Wir trafen auch mit Zejnula Fazliu zusammen, dem Sekretär der Islamischen religiösen Gemeinschaft, der uns darauf hinwies, dass es in Mazedonien 500 Moscheen (und dazugehörige Gebäude) gibt, und dass alle islamischen Gemeinschaften des Landes seiner Organisation angehören. Die islamische Gemeinschaft habe sehr unter der kommunistischen Herrschaft und der Beschlagnahme von Grundbesitz und Gebäuden gelitten. Als humanitärer Arm der Islamischen religiösen Gemeinschaft sei El Hillal relativ gut auf den Notstand vorbereitet gewesen. Das MCIC sei zu Anfang die einzige Organisation gewesen, die El Hillal unterstützt habe, und nun arbeiteten sie aktiv im MCIC-Vorstand mit. Fazliu meinte, "die Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften sind besser als die zwischen unseren Politikern".

Albanien

Albanien hat gegenwärtig zwei Millionen Einwohner - vor einem Jahrzehnt waren es noch drei Millionen. Mehrere Krisen im Land haben rund eine Million Menschen dazu gebracht, ihr Land zu verlassen, um zu überleben und sich anderswo eine Existenz aufzubauen. Heute sind 70% der Albaner arbeitslos und viele - vielleicht sogar die meisten - albanischen Familien überleben nur dank der Überweisungen ihrer im Ausland arbeitenden Verwandten. Der grösste Teil der Nahrungsmittel muss importiert werden, exportiert wird sehr wenig. Rund 80% der Bevölkerung verloren durch den Bankrott der Pyramidengesellschaften 1997 alle ihre Ersparnisse, und die Menschen haben sich von diesem Schock noch immer nicht erholt. Uns wurde erzählt, dass viele verzweifelt sind und es den politischen und wirtschaftlichen Institutionen nicht mehr zutrauen, die Bevölkerung ausreichend zu versorgen; die Auswanderung wird als einzige Chance gesehen.

Die Bevölkerung Albaniens ist heute zu 67% muslimisch, zu 23% orthodox und zu 10-11% katholisch. Damit stellt die Albanische Orthodoxe Kirche eine Mehrheit der Gläubigen innerhalb der christlichen Minderheit. Die Albanische Orthodoxe Kirche umfasst verschiedene ethnische Gruppen - Albaner, Griechen und Vlachen - sie ist also eine multi-ethnische Kirche in einem multi-ethnischen Land. Derzeit ist sie im Begriff, ihre Strukturen und Gebäude wiederaufzubauen und aufzuerstehen. Es gibt auch kleinere protestantische Kirchen und Organisationen, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind. Die Beziehungen zwischen der Albanischen Orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche scheinen sehr gut zu sein.

Die Verfolgungen, der die Gläubigen Albaniens in den Jahren 1967 - 1990 ausgesetzt waren, sind ihrer Art und ihrem Umfang nach weltweit einmalig. 23 Jahre lang war jegliche religiös geprägte Äusserung in der öffentlichen wie in der Privatsphäre verboten. Kirchen und Klöster wurden zerstört, Priester wurden verfolgt und durften ihren Beruf nicht ausüben, in der Schule wie im alltäglichen Leben wurde der Atheismus offiziell und mit allem Nachdruck durchgesetzt. Mit dem Regierungswechsel (1990) und der Öffnung des Landes erhielt die Orthodoxe Autokephale Kirche von Albanien die Möglichkeit zum Wiederaufbau. Als Erzbischof Anastasios 1991 sein Amt antrat, waren noch 15 alte Priester im ganzen Land zu finden (vor den Verfolgungen waren es 350 gewesen), und orthodoxe Kirchen gab es so gut wie keine mehr. Die Kirche richtete ein theologisches Seminar ein und hat seitdem 104 Priester ordiniert und wieder einen Synod eingesetzt. 250 Kirchen wurden wiederaufgebaut, repariert oder restauriert, und heute ist die Kirche in 400 Gemeinschaften angesiedelt. Da in Albanien der Trend zur Auswanderung sehr ausgeprägt ist, ermutigt die Kirche ihre Theologiestudenten ausdrücklich dazu, im Land zu bleiben.

Zur gleichen Zeit, als die Kirche ihre Leitungsstrukturen wiederaufbaute und die Gebäude reparierte, nahm sie auch den diakonischen Dienst wieder auf: Diaconia Agapes versorgt Bedürftige mit Nahrungsmitteln, Kleidung und Medikamenten. Im Laufe der Jahre wurde die diakonische Arbeit auf ganz Albanien ausgeweitet, und heute unterhält Diaconia Agapes in allen Teilen des Landes Kindergärten, Landwirtschafts- und Bewässerungsprojekte, Gesundheitsprojekte und andere Dienste. Während unseres Besuchs besichtigten wir eine kirchliche Kindertagesstätte in Tirana, den kirchlichen Rundfunksender "Auferstehung" und das Diagnosezentrum "Verkündigung", das in Kürze eröffnet werden soll. Das in einem hochmodernen Gebäude untergebrachte Diagnosezentrum ist mit neuester Technik ausgestattet und wird einen wichtigen Beitrag zur Qualität der Gesundheitsversorgung in Albanien leisten. Wir sind zutiefst beeindruckt von der diakonischen Arbeit der Orthodoxen Kirche von Albanien und von der Wiederauferstehung einer Kirche, die unter der kommunistischen Herrschaft nahezu zerstört worden war. Wir empfinden grössten Respekt vor dem Weitblick und dem Engagement, die Erzbischof Anastasios beim Wiederaufbau der Kirche in all ihren Dimensionen bewiesen hat.

Die Flüchtlinge

In dieser Situation hat Albanien in den vergangenen 45 Tagen 450000 Flüchtlinge aufgenommen. Damit ist in einer Zeit, in der die Regierung nicht in der Lage ist, die Einheimischen zu versorgen, die Bevölkerung des Landes um 25% gestiegen. Während die internationale Gemeinschaft die grosszügige Aufnahme der Flüchtlinge begrüsst, machen sich viele Albaner Sorgen über die langfristigen Auswirkungen dieses Bevölkerungszuwachses, insbesondere für den Fall, dass die Flüchtlinge nicht so bald heimkehren können. Die Flüchtlinge kommen in ein Land, dessen Lebensstandard weitaus niedriger ist als der des Vorkriegs-Kosovo, und die Menschen hier haben noch weniger als sie selbst. Manche Flüchtlinge haben wenigstens etwas Geld (oder ein Auto oder einen Traktor) mitnehmen können. Da die internationale Gemeinschaft den Flüchtlingen in den Lagern Nahrungsmittel, Unterkunft, Wasser und medizinische Versorgung zur Verfügung stellt, wird befürchtet, die Albaner könnten deshalb Ressentiments entwickeln.

Der Zustrom von Kosovo-Albanern hat tiefgreifende Auswirkungen auf Albanien. Die Albanische Orthodoxe Kirche hilft den Flüchtlingen nicht nur aus humanitären, sondern auch aus theologischen Gründen. Erzbischof Anastasios erklärte, angesichts dieser humanitären Katastrophe "hätten wir sagen können, wir seien eine arme Kirche und könnten nichts für sie tun"; stattdessen habe die Kirche beschlossen, das Gebot des Evangeliums, den Leidenden zur Seite zu stehen, zu befolgen und ein umfangreiches Nothilfeprogramm für die Flüchtlinge aufzustellen. Gegenwärtig mobilisiert die Orthodoxe Kirche von Albanien durch ACT von protestantischen und orthodoxen Kirchen in aller Welt Unterstützung für ihren Dienst an muslimischen Flüchtlingen. Dieses Zeugnis könnte ein Vorbild für den gesamten Balkan sein. Anders als das MCIC in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien konnte Diaconia Agapes seine reguläre Entwicklungsarbeit im ganzen Land fortsetzen und für die Flüchtlingsnothilfe zusätzliches Personal einstellen.

Viele der Flüchtlinge leben in den über 300 Lagern im ganzen Land, andere sind in Gastfamilien oder gemischten Unterkünften untergebracht. Es wird zwar - ebenso wie in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien - viel darüber diskutiert, wie die Flüchtlinge im Winter untergebracht werden sollen, doch macht man sich auch über ihre Situation in diesem Sommer Gedanken. In den letzten Jahren gab es hier in den Sommermonaten ernsthaften Wassermangel und Stromausfälle. Normalerweise ist turnusmässig ein Viertel der Bevölkerung von Tirana ohne Strom. Penny Deligiannis, Leiterin des ACT/Diaconia Agapes-Nothilfeprogramms, stellte die Frage: "Was wird erst werden, wenn zusätzliche 450000 Menschen mit Wasser und zumindest zeitweise mit Strom versorgt werden müssen?"

Wir besuchten ein Flüchtlingslager in Ndroq, das Diaconia Agapes und ACT eingerichtet haben und verwalten. Gegenwärtig leben hier 1250 Menschen, insgesamt ist Platz für 2000. Wie in den von uns besuchten Lagern in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien leben die meisten Flüchtlinge hier in Zelten. Bäume und Grünflachen machen das Lager freundlicher und lassen den Familien auch mehr Privatsphäre als in den anderen Flüchtlingslagern, die wir sahen. Obwohl das Lager erst seit 10 Tagen eröffnet ist, funktionieren die meisten Einrichtungen, und das Personal geht nicht nur auf die materiellen, sondern auch die psychosozialen Bedürfnisse der traumatisierten Flüchtlinge ein. Die medizinische Versorgung und eine Feuerwehr wurden von der polnischen Regierung zur Verfügung gestellt. Drei weitere Gelände sind für die Einrichtung zusätzlicher Flüchtlingslager ausgesucht worden, die ACT/Diaconia Agapes innerhalb des kommenden Monats eröffnen will.

Wie in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hörten wir, manche Einheimische gönnten den Flüchtlingen die Versorgung nicht. Die meisten Albanier sind sehr arm und die Infrastrukturen des Landes sind in einem äusserst schlechten Zustand. Daher denken Diaconia Agapes/ACT über Möglichkeiten nach, auch die Wasserversorgung des nahegelegenen Dorfes Ndroq zu verbessern. Die Frage des Geländes für Flüchtlingslager ist heikel. In manchen Fällen fanden die Organisationen erst nach langer Suche Land, dessen Besitzverhältnisse geklärt waren. Die Kirche ist sich auch der Notwendigkeit bewusst, die Flüchtlinge an Orten unterzubringen, wo weniger mit negativen Reaktionen der eingesessenen Bevölkerung gerechnet werden muss.

Wie in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien leben auch in Albanien Tausende von Flüchtlingen in Gastfamilien. In manchen Fällen handelt es sich um Verwandtschaft, doch wir hörten auch von Einheimischen, die Flüchtlinge auf der Strasse sahen und sie mit zu sich nach Hause nahmen. Allerdings leben die meisten albanischen Familien sehr beengt und am Rande des Existenzminimums. Während sich die ausländischen Medien auf die grossen Flüchtlingslager konzentrieren, verschlechtern sich die Lebensbedingungen in den Gastfamilien, von denen viele schon im dritten Monat Flüchtlinge beherbergen. Eine wichtige Aufgabe des ACT/Diaconia-Nothilfeprogramms ist daher die regelmässige Verteilung von Paketen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln an Gastfamilien.

Beim Besuch der Theologischen Akademie der Auferstehung Christi in St. Vlash/Durrës erfuhren wir, dass die Studierenden sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Einmal wöchentlich fahren sie nach Ndroq, um Flüchtlinge zu besuchen - um mit ihnen zu sprechen, mit den Kindern zu spielen und überhaupt Kontakte anzuknüpfen. In Durrës helfen die Seminaristen und Seminaristinnen bei der Verteilung von Lebensmittelpaketen für 500 kosovo-albanische Flüchtlinge, die in der Stadt bei 120 albanischen Familien untergebracht sind. Mehrere berichteten, dass sie vor ihrem ersten Zusammentreffen mit den Flüchtlingen Bedenken hatten und nervös waren, weil sie nicht wussten, wie die Flüchtlinge auf orthodoxe Seminaristen reagieren würden. Sie waren überrascht und erfreut, als die Flüchtlinge sie so freundlich empfingen und sich positiv über die Aktivitäten der Kirchen äusserten. Ihren ersten Besuch nutzten sie dazu, herauszufinden, was die Flüchtlinge brauchen. Sie stellten u.a. fest, dass viele auf dem nackten Betonfussboden schliefen und dass es an Babynahrung fehlte. Bei ihren nächsten Besuchen wollen sie daher Matratzen und Babynahrung verteilen.

Reiseroute
19.Mai: Saloniki-Strumica, Besuch der methodistischen Kirchen in Strumica, Murtino, Kolesino und Monospitovo, dann Weiterfahrt nach Skopje, Mazedonien

20. Mai: Skopje, Gespräche mit dem Mazedonischen Zentrum für internationale Zusammenarbeit (MCIC), der Mazedonischen Orthodoxen Kirche, der Islamischen religiösen Gemeinschaft, Sasko Klekovski, MCIC-Direktor, Abendessen mit dem MCIC-Vorstand

21. Mai: Besuch der Flüchtlingslager Radusa und Cegrane und der humanitären Roma-Organisation "Mond" in Gostivar

22. Mai: Skopje-Tirana, kurzes Gespräch mit dem Erzbischof von Tirana, Durrës und ganz Albanien Anastasios

23. Mai:Tirana: Gottesdienst in der orthodoxen Verkündigungskathedrale, Besuch des ACT/Diaconia Agapes - Flüchtlingslagers in Ndroq, Treffen mit Erzbischof Anastasios und Penny Deligiannis, Leiterin des ACT/DA-Nothilfeprogramms in Albanien

24. Mai: Tirana: Besuch einer Kindertagesstätte, des Diagnosezentrums "Verkündigung" und des Rundfunksenders "Ngjallja". Durrës: Besuch des Klosters St. Vlash und des Orthodoxen Theologischen Seminars "Auferstehung". Abendessen mit Erzbischof Anastasios und Penny Deligiannis.

25. Mai: Tirana-Saloniki

Gesprächspartner/innen
Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
Mihail und Cristina Cekov, Methodistische Kirche in Strumica
Gonce Jakovleska, Mazedonisches Zentrum für internationale Zusammenarbeit (MCIC)
Metropolit Kiril, Mazedonische Orthodoxe Kirche
Priester Dragi Kostadinovski, Mazedonische Orthodoxe Kirche
Fejnula Fazliu, Islamische religiöse Gemeinschaft
Msgr. Antun Cirimetic, Direktor von Caritas-Mazedonien
Mirko Spirovsla, Medizinprofessor und Vorsitzender des MCIC-Vorstands
Teuta Cuckova-Krasnica, MCIC-Vorstand
Nurije Kadriu, MCIC-Vorstand (Albanischer Frauenbund)
Edwin Bjastad, Kirchliche Hilfe Norwegen, Lager Radusa
Skendevi Samet, humanitäre Roma-Organisation "Mond"
Muhamed Toci, humanitäre Roma-Organisation "Mond"

Albanien
Erzbischof Anastasios von Tirana, Durrës und ganz Albanien
Penny Deligiannis, Leiterin des ACT/DA-Nothilfeprogramms
Paul Zanes, ACT/DA
John Damerel, ACT/DA
Juhani Kokko, ACT/DA
Martti Penttinen, ACT/DA
Pater Luke A. Veronis, Theologische Akademie der Auferstehung Christi, St Vlash-Durrës


Zuruck zur ÖRK-Erklärungen und Aktionen im Zumsammenhang mit der Situation im Kosovo

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