EMPFEHLUNGEN
ZUM PROGRAMM
ZUR ÜBERWINDUNG VON GEWALT
Auf seiner Tagung in Johannesburg
(Südafrika) im Januar 1994 beschloss der Zentralausschuss des ÖRK:
a) Der ÖRK richtet ein Programm
zur Überwindung von Gewalt ein, das die weltweit verbreitete Kultur
der Gewalt in Frage stellen und dazu beitragen soll, eine Kultur des gerechten
Friedens zu schaffen. Vor der Zentralausschusstagung 1995 sollten auf
einer ersten Konsultation die Gestaltung dieses Programms erörtert
und Vorschläge für seine Finanzierung gemacht werden.
b) Die zwei bereits angelaufenen
Initiativen - (1) die für Juni 1994 geplante Konsultation in Corrymeela
(Irland) zum Thema "Eine Kultur des Friedens schaffen - der Beitrag
der Kirchen" und (2) die Datenbank kirchlicher Friedensgruppen -
sind erste Schritte auf dem Weg zu diesem Programm.
c) Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen
Diskussion über Koinonia sollen die Einheiten I und III gemeinsam
untersuchen, was es für die Kirchen bedeutet, sich für die Verwirklichung
einer Kultur der Gewaltlosigkeit und des gerechten Friedens zu engagieren,
um die ekklesiologischen und verfassungsmässigen Fragen zu erörtern,
die die zweite Empfehlung des Zentralausschusses des ÖRK von 1992
aufwirft.
d) Es wird eine Studie eingeleitet,
in deren Rahmen die Rolle, die Wirksamkeit und die Anwendungsbedingungen
von Sanktionen als Mittel zur friedlichen Beilegung und Umwandlung von
Konflikten geprüft werden. Die Ergebnisse sind dem Zentralausschuss
1995 zu unterbreiten.
e) Angesichts der Notwendigkeit,
"dem Geist, der Logik und der Praxis des Krieges" entgegenzutreten
und sie zu überwinden und neue theologische Ansätze zu entwickeln,
die den Lehren Christi entsprechen - welche nicht vom Krieg ausgehen,
um zum Frieden zu gelangen, sondern bei der Notwendigkeit von Gerechtigkeit
ansetzen - mag es in der Tat an der Zeit sein, dass die Kirchen gemeinsam
die Herausforderung annehmen, auf jede theologische oder sonstige Rechtfertigung
des Einsatzes militärischer Gewalt zu verzichten und eine Koinonia
zu werden, die sich für einen gerechten Frieden einsetzt.
f) Der Zentralausschuss bittet die
Mitgliedskirchen, dem ÖRK in Zusammenarbeit mit Nichtmitgliedskirchen
und nichtstaatlichen Organisationen mitzuteilen, wie sie zur Frage des
gerechten Friedens, zur Entwicklung einer Friedenskultur als Alternative
zu einer Kultur, die von Geist, Logik und Praxis der Gewalt geprägt
ist, sowie zur Friedensarbeit stehen.
g) Das Mitarbeiterteam für Internationale
Angelegenheiten (Einheit III) erarbeitet für den Zentralausschuss
eine erste Auswertung der eingegangenen Antworten, und zwar möglichst
zur Vorlage auf dessen nächster Tagung.
Auf seiner Tagung
in Genf, im September 1995 beschloss der Zentralausschuss des ÖRK:
a) Schwerpunkt des Programms
zur Überwindung von Gewalt sollte die Schaffung einer Friedenskultur
mit Hilfe von konkreten Schritten zur Überwindung von Gewalt auf
den verschiedenen Ebenen der Gesellschaft sein; die Kirchen sollten ermutigt
werden, in ihrem jeweiligen Umfeld unter Einsatz gewaltloser Mittel wie
Prävention, Mediation, Intervention und Bildungsarbeit bei der Überwindung
von Gewalt eine führende Rolle einzunehmen.
b) Im Rahmen des Programms sollen
Geschichten über die Erfahrungen der Kirchen mit der Überwindung
von Gewalt aus den verschiedenen Regionen gesammelt werden.
c) Im Rahmen dieses Programms sollten
die Ursachen von Gewalt untersucht werden, wobei besondere Beachtung
solchen Situationen gewidmet werden soll, in denen Kirchen oder religiöse
Gruppen zu diesen Ursachen beitragen. Dabei sollte auf bereits vorhandene
Materialien und Erfah-rungen zurückgegriffen werden (beispielsweise
auf Friedensforschungs-institute).
d) Das Programm sollte dazu ermutigen,
der theologischen und ekklesio-logischen Dimension von Gewalt weiterhin
Beachtung zu schenken. (Siehe Protokoll des Zentralausschusses 1994,
S. 113 c - englischer Fassung). Dabei sollte an die Studien des ÖRK
zu Anfang der 70er Jahre und an bereits vorhandene theologische Untersuchungen
in verschiedenen Regionen angeknüpft werden.
e) Überwindung von Gewalt
sollte in allen Einheiten einen deutlichen Arbeitsschwerpunkt bilden;
das Programm zur Überwindung von Gewalt aber soll in Einheit III
angesiedelt sein. Es muss mit genügend Personal und Ressourcen
ausgestattet werden, damit es seinen Auftrag erfüllen kann.
f) Anfang 1996 sollte eine kleine
Konsultation stattfinden, bei der über die weitere Ausgestaltung
des Programms auf der Grundlage des unter Punkt a) formulierten Schwerpunkts
und unter Berücksichtigung früherer Diskussionen zu diesem
Thema beraten werden soll.
g) Das Programm wird nur dann erfolgreich
sein, wenn die Mitgliedskirchen ihm in ihrer Arbeit Priorität einräumen.
Auf seiner Tagung
im September 1996 in Genf nahm der Zentralaus-schuss des ÖRK die
folgenden Empfehlungen an und rief die Kampagne "Friede für
die Stadt" ins Leben:
a) Wie der Zentralausschuss
1995 feststellte, sollte im Mittelpunkt des Programms zur Überwindung
von Gewalt die Entwicklung einer Friedenskultur stehen. Das Programm sollte
sich darauf konzentrieren, praktische Schritte zur Überwindung von
Gewalt auf allen Ebenen der Gesellschaft aufzuzeigen und die Kirchen zu
ermutigen, beispielhaft voranzugehen beim Einsatz gewaltloser und dem
jeweiligen Umfeld entsprechender Methoden wie Prävention, Vermittlung,
Intervention und Aufklärung. Daneben müssen wir uns auch weiterhin
mit den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ursachen
der Gewalt ein-schliesslich den Problemen der strukturellen Gewalt auseinandersetzen.
b) Das Programm sollte das Studienmaterial
nutzen, das Einrichtungen, die sich mit Frieden, Gerechtigkeit und ökologischer
Bestandfähigkeit befassen, sowie theologische Bildungsstätten
und ökumenische Regionalorganisationen ausgearbeitet haben, und
es sollte auch Untersuchungen über die Ursachen von Gewalt einbeziehen.
Besondere Aufmerksamkeit soll Fällen gelten, in denen Kirchen oder
religiöse Gruppen mitverantwortlich sind für Gewalt.
c) Der Rat sollte dem Ersuchen
des Zentralausschusses von 1994 und 1995 entsprechen und unverzüglich
mit der Reflexion über die theologischen und ekklesiologischen
Dimensionen von Gewalt beginnen sowie auch über das reiche Potential,
das der christliche Glaube für die Entwicklung einer Friedenskultur
bietet. Als Beispiele seien hier genannt die Bibel, Geschichten von
Kirchen und christlichen Gruppen, die in ihrem Umfeld eine Friedenskultur
in Gerechtigkeit zu entwickeln suchen, die Arbeit von Theolog/inn/en,
die sich unmittelbar in diesem Bereich engagieren (z.B. Theologinnen,
die Gewalt gegen Frauen untersuchen, historische Friedenskirchen, Evangelikale
und Pfingstgemeinden, die in armen und von Gewalt geprägten Stadtvierteln
das Evangelium verkündigen).
d) Der ÖRK sollte einen Fasten-
und Gebetstag für den Frieden ausrufen.
e) Wie der Zentralausschuss 1994
und 1995 festgestellt hatte, sollen alle Einheiten dieses Programm als
einen ihrer Schwerpunkte betrachten, während in Einheit III ein
spezifisches Programm eingerichtet wird. Die Fragestellungen und Anregungen
des Programms sollten überall dort in die laufende Arbeit des Generalsekretariats
und der Einheiten I, II und IV eingebracht werden, wo Projekte und Studien
zu Gewalt und Mitteln zu ihrer Überwindung in Arbeit sind; hierbei
ist auch der ländliche Bereich einzubeziehen. Darüber hinaus
sollte das Programm die laufende Arbeit in Einheit III zusammenfassen,
bestätigen und fördern, da dort viele Programme und alle dazugehörigen
Programmgruppen (ECOS, CCIA, PCR, Frauen, Jugend und Theologie des Lebens)
wichtige Untersuchungen und Aktionen erarbeitet haben und über
Netzwerke von Personen v
f) Um die Aufmerksamkeit in besonderem
Masse auf das Programm zur Überwindung von Gewalt (POV) zu lenken
und die damit verbundene Arbeit des Rates zu ergänzen, sollte der
ÖRK in der Zeit bis zur Achten Vollversammlung
Friede
für die Stadt
Eine weltweite Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen
Programm zur Überwindung von Gewalt
ins Leben rufen.
Diese Initiative kann ein Zeichen setzen
und alle Kirchen ermutigen, an jedem Ort
I. Es sollen höchstens
sieben Grossstädte ausgewählt werden, in denen sowohl die zerstörerische
Macht der Gewalt als auch sinnvolle Initiativen zur Schaffung von Frieden
und Gerechtigkeit deutlich zu erkennen sind. Kirchen und Gruppen in Städten
unterschiedlicher Regionen der Welt, die sich an gezielten Aktionen für
Frieden und die Schaffung von auf Gerechtigkeit gründenden Gemeinschaften
beteiligen, können sich um die Mitwirkung an dieser Initiative bewerben.
Kirchen und/oder ökumenische Partner in höchstens sieben Grossstädten
sollten möglichst umgehend gebeten werden, sich mit diesem Gedanken
zu beschäftigen und sich zur Teilnahme an der Initiative bereit zu
erklären. Dabei sind die vom Kuratorium für Internationale Angelegenheiten
erarbeiteten Kriterien zu berücksichtigen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer
an der POV-Konsultation haben eine erste Liste möglicher Städte
in acht Regionen zusammengestellt, die auf höchstens sieben Städte
reduziert werden soll.
II. Jede dieser Städte soll
von Teams besucht werden, denen sieben Per-sonen angehören - darunter
mindestens drei aus anderen beteiligten Städten -, die mit den
örtlichen Gegebenheiten vertraut sind und über Erfahrungen
mit Privatmedien und Funk und Fernsehen sowie über analytische
Fähigkeiten verfügen. Die Teambesuche sollten vor der Vollversammlung
im Jahre 1998 stattfinden, um die Bemühungen zur Überwindung
von Gewalt sichtbar werden zu lassen; die Teams sollen Erfahrungen sammeln,
Sachkunde erwerben und Hoffnung und eine Spiritualität des Leben
miteinander teilen.
III. Es sollten Videofilme über
diese Besuche hergestellt werden, um Gruppen und Kirchen in aller Welt
dafür zu gewinnen, sich an diesem Prozess zu beteiligen.
IV. Es sollten Netzwerke angeregt
und aufgebaut werden, mit deren Hilfe diejenigen, die sich in den Städten
für die Überwindung von Gewalt einsetzen, ihre Erfahrungen
austauschen können; dabei sollten Methoden angewandt werden, die
in Teil 4 (Arbeitsgrundsätze) des Berichts der Konsultation von
Rio de Janeiro ausführlicher erörtert werden.
V. Die Vollversammlung von 1998
könnte denen, die diese Arbeit in den sieben (oder weniger) Grossstädten
vertreten, die Möglichkeit bieten, sich zu treffen und zusammen
mit anderen Vollversammlungsteilnehmern öffentlich einen Aktionsplan,
eine Verpflichtung oder einen Vertrag zu unterzeichnen, in dem sie versprechen,
diese und andere Anstrengungen für Frieden in Gerechtigkeit fortzusetzen
und zu verstärken.
VI. Die Vollversammlung könnte
den Mitgliedskirchen die Möglichkeit bieten, darüber nachzudenken,
wie der Ökumenische Rat der Kirchen die Arbeit zur Überwindung
von Gewalt in der Zeit nach der Vollversammlung fördern kann.
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