Oekumenischer Rat der Kirchen

Vorbereitungsmaterialien der
Achte Vollversammlung & Fünfzigjähriges
Bestehen des ÖRK

HEARING ZU EINHEIT III:
GERECHTIGKEIT, FRIEDEN UND SCHÖPFUNG

Kommentierte Tagesordnung

Ziel des Hearings ist es, (1) wichtige Aspekte der Programmarbeit zu Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfung vorzustellen; (2) Bericht darüber zu erstatten, wie die Einheit mit dem Erbe der ökumenischen Sozialethik umgegangen ist, wie sie es im Hinblick auf die heutigen Realitäten umgestaltet und wie sie das ausgeprägte Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung fruchtbar gemacht hat, das 1983 auf der Vollversammlung in Vancouver ökumenisch spürbar wurde; (3) festzustellen, inwieweit das von der Vollversammlung in Canberra und auf der Kommissionstagung in Evian (1992) formulierte Mandat erfüllt ist. Das "Vermächtnis" der Kommission der Einheit III bietet zusätzliches Informations-material für dieses Hearing.

Sitzung I
1. Begrüssung und Vorstellung
2. Überblick über die Programmarbeit der Einheit, illustriert durch eine Diaserie mit Kommentar.

Sitzung II
Im Mittelpunkt dieser Sitzung steht das Feedback von Delegierten und anderen Teilnehmern/innen, die aus ihrem eigenen Kontext heraus Stellung nehmen und Probleme ansprechen. Zwei Animateure werden im Saal herumgehen und die Teilnehmer/innen um ihre Meinung bitten. Ein Korb mit einzeiligen Erklärungen oder Fragen aus dem Themenbereich Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfung wird herumgereicht, und die Anwesenden werden aufgefordert, sich unter besonderer Berücksichtigung ihres lokalen Kontextes zu diesen Fragen zu äussern. Auf diese Aussagen wiederum können andere Teilnehmer/innen reagieren. Dies soll nicht eine kontroverse Diskussion auslösen, sondern lediglich die grosse Vielfalt von Denkweisen und Erfahrungen illustrieren.

Zwischendurch werden mehrmals zuvor aufgenommene Telefongespräche mit Personen in allen Teilen der Welt abgespielt, die an Programmen der Einheit III mitgearbeitet haben oder für die die ÖRK-Aktivitäten im Bereich Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfung sehr wichtig gewesen sind.

Sitzung III
Mitglieder des Ausschusses für Programmrichtlinien (PGC) beschreiben, was sie in den vorangegangenen Sitzungen gehört haben. Sodann werden die Teilnehmer/innen um Stellungnahmen und Kommentare gebeten. Am Ende der Sitzung werden die Mitglieder des Ausschusses kurz erläutern, was sie in die nachfolgenden Sitzungen des PGC einbringen werden.

BERICHT ÜBER GERECHTIGKEIT, FRIEDEN UND SCHÖPFUNG

Mandat, Struktur and Zusammenfassung der Programme

Auf ihrer ersten Sitzung im Mai 1992 in Evian formulierte die Kommission der Einheit III das folgende Mandat:

Aufgabe der Einheit ist es,

  • den konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung (JPIC) zu fördern und die Kirchen damit anzuregen, ihr Engagement für die sichtbare Einheit deutlicher zum Ausdruck zu bringen und die Implikationen von JPIC für die ökumenische Vision herauszuarbeiten;

  • die theologischen, ethischen und gesellschaftspolitischen Implikationen von JPIC zu untersuchen und zu analysieren;

  • die Vernetzung von kirchennahen Aktionsgruppen zu fördern, sie bei ihrem Eintreten für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihre Vorstellungen von einer gerechteren und humaneren Gesellschaft zu entfalten;

  • Programme zu konzipieren und durchzuführen, die in integrativer Weise Anliegen in den Bereichen Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfung, Menschenrechte und Rassismus aufgreifen;

  • die Vorstellungen von Frauen und jungen Menschen in der gesamten Arbeit der Einheit zum Tragen zu bringen und ferner Frauen und junge Menschen in der ökumenischen Familie zu befähigen, diese Vorstellungen in das gesamte Leben des ÖRK einzubringen;

  • bei der Formulierung von Richtlinien für die Tätigkeit des ÖRK in internationalen Angelegenheiten beratend mitwirken, besonders wenn sie sich auf das Leben und Zeugnis der Kirchen auswirken.

Die Aktivitäten, die die Einheit auf dieser Grundlage entwickelte, lassen sich in drei Kategorien unterteilen:

1.Studium und Reflexion: grundlegende theologische Arbeit, ethische Reflexion und Entfaltung, sozio-ökonomische und politische Analyse, Dokumentation.

2. Vernetzung und Fürsprache: Förderung und Unterstützung von Gruppen, ökumenische Ausbildung, Förderung lokaler Initiativen, Verbesserung der Kommunikation.

3. Unterstützung der Aktivitäten von Partnern.
Die ganz ohne Zweifel schwierigste Aufgabe für die Einheit war die integrierte und koordinierte Zusammenarbeit aller Beteiligten: fünf relativ grosse frühere Untereinheiten, von denen jede ihre eigenen Entscheidungsinstanzen und ihren eigenen Haushalt hatte, sollten nun zu einer Einheit zusammenwachsen. Sowohl die Kommission als auch der Stab widmeten dieser Aufgabe sehr viel Zeit und Kraft, und bis zu einem gewissen Grad hatten sie auch Erfolg.

Der Integrationsprozess verlief in drei Phasen: (1) thematische Integration der Programme, (2) Integration der Haushalte, (3) Reorganisation der Verwaltung.

Ein wichtiger Schritt wurde im Mai 1995 vollzogen, als die Kommission sich auf fünf Themen einigte

  • Partizipation und Ordnungspolitik
  • Menschenrechte und Rechte der Völker
  • Gleichberechtigung der Rassen, Urvölker und Ethnizität
  • Frieden und Gerechtigkeit
  • Ökologie und Wirtschaft

Seit 1996 bilden diese Themen den Rahmen für die Programmarbeit der Einheit. Die Programmitarbeiter/innen wurden Arbeitsteams zu diesen Themen zugeordnet - manche zeitweise auch mehr als einem Team, je nachdem, ob für neu entwickelte Programme die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten dieser Mitarbeiter/innen gebraucht wurden.

Seit einigen Jahren steht die Beschäftigung mit der "Globalisierung" ganz oben auf der Tagesordnung der Einheit. Bei der Diskussion dieses Themas war zu erkennen, inwiefern der veränderte und sich weiterhin verändernde globale Kontext die Arbeit der Einheit im Hinblick auf Konzeption, Inhalt und Methoden beeinflusst. Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass praktisch alle Programmaktivitäten der Einheit in dieser oder jener Weise von der Globalisierung betroffen sind.

Der Begriff "Globalisierung" taucht im offiziellen Bericht der Vollversammlung von Canberra noch nicht auf. In der Zeit nach der Kommissionstagung in Evian (1992) setzte er sich jedoch nach und nach als beste Beschreibung der weltweiten ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen durch. In Einheit III wird dieser Terminus seit der zweiten Kommissionstagung 1993 in Larnaca immer häufiger verwendet. Auf der Genfer Kommissionstagung (1995) widmete der Direktor einen grossen Teil seines Berichts der Globalisierung als Herausforderung an die ökumenische Tagesordnung.

Da die Programmarbeit der Einheit zwischen 1991und 1996 in den Teams geleistet wurde, konzentriert sich der vorliegende Bericht auf die drei Programme der gesamten Einheit und auf die fünf Teams.

PROGRAMME DER GESAMTEN EINHEIT

Theologie des Lebens
Als Einheit III gebildet wurde, lag auf der Hand, dass die Integration dieser Einheit weit mehr darstellte als lediglich eine interne bürokratische Übung: sie musste auch die gesamte Mitgliedschaft der verschiedenen Teams mit einbeziehen. Innerhalb von zwei Jahren entwickelte die Einheit einen Prozess, der diese Aufgabe erfüllen sollte, nämlich ein Programm mit dem Titel Theologie des Lebens - Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfung. Der Vorschlag zu diesem Programm beruhte auf der Überzeugung, dass die in den Kämpfen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung entwickelten Theologien eng miteinander verbunden sind und ihr gemeinsames Anliegen das Leben ist. Es musste nun geklärt werden, wie mit den Unterschieden in multikulturellen Gesellschaften umzugehen war, in denen noch immer viele Menschen aufgrund ihrer Rassen-, Klassen- oder Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden.

Die zehn Grundüberzeugungen der JPIC-Weltversammlung in Seoul (1990) wurden als Aufhänger für mehr als 20 Fallstudien in aller Welt gewählt, im Schnitt zwei Studien zu jeder Grundüberzeugung. Bei dieser Methode ging man davon aus, dass theologische Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die in miteinander verbundenen Kämpfen auf Orts-, regionaler und Weltebene zur Sprache kommen, an jedem Ort und für alle Beteiligten zu einem besseren Verständnis der Probleme führen können. Die Fallstudien wurden durch eine Untersuchung zur Geschichte der ökumenischen Sozialethik im ÖRK ergänzt.

1994 nahmen die Fallstudiengruppen ihre Arbeit auf. Sie begannen mit der Reflexion über jeweils eine der zehn Grundüberzeugungen von Seoul und gingen dabei von den Erfahrungen der Menschen in ihrem Land aus. Sie ermutigten sich gegenseitig, der Sprache des Lebens zu vertrauen und der üblichen Trennung von Verstand und Gefühl, die ersteren auf Kosten des letzteren überbewertet, zu widerstehen. Dieser Ansatz wird von zahlreichen kontextuellen Theologen/innen in vielen Teilen der Welt bereits praktiziert, und so ging die Einheit noch einen Schritt weiter und wandte die wichtigsten Erkenntnisse der kontextuellen Theologien auch auf den Prozess des gegenseitigen Austauschs an, indem sie den Bezug zwischen dem Lokalen und dem Globalen herstellte. Die Frage war: "Können wir einen Weg finden, kontextuelle Theologie ökumenisch zu erarbeiten und die ökumenische Theologie auf eine neue Art zu kontextualisieren?"

Seinen Höhepunkt und Abschluss fand dieser Prozess bei der "Sokoni"- Konferenz in Nairobi im Januar 1997, der zu einem Wendepunkt im Leben der Einheit werden sollte. Sokoni ist das suahelische Wort für den traditionellen afrikanischen Marktplatz, auf dem nicht nur Waren umgesetzt werden, sondern auch Kommunikation stattfindet, die die Gemeinschaft erhält und festigt. Die Vertreter/innen der Einheit und die Koordinatoren/innen der Fallstudien trafen in Nairobi in einem Kreis offener afrikanischer Hüten mit 300 - 500 Teilnehmern/innen aus Kenia zusammen. In ihrer Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Programm Theologie des Lebens und aus anderen Programmbereichen unterstrichen die Kommissionsmitglieder der Einheit III, die Einheit habe einen neuen ökumenischen Arbeitsstil entwickelt:

Wenn ökumenische Arbeit so gestaltet ist, können Kirchen sowie Kirchen und Bewegungen voneinander lernen, und der ÖRK hat dabei die Funktion, ihren Austausch zu vertiefen und ihre neuen oder erneuten Initiativen zu fördern. Wenn das funktioniert, dann ermutigt dieser Prozess die ökumenischen Netzwerke zu neuen Ideen, genauerer Analyse und kreativerer Zusammenarbeit. Hierbei wird Inklusivität als sehr wichtig bewertet; für Analyse und Fürsprache werden vielfältige Ansatzpunkte genutzt; es wird die Art von Partizipation gefördert, die auf den Erfahrungen und Energien des Alltags aufbaut, die sich auf Traditionen bezieht und die Grenzen und Schranken überwindet. So wird ein freier Gedankenaustausch möglich, der die Reflexion bereichert. Vereinfacht gesagt handelt es sich im wesentlichen um einen Ansatz, der einen Raum und eine Methode bietet, die der Entstehung örtlicher und regionaler Kulturen des Lebens und der Formulierung dort gewachsener Theologien förderlich sind. Als Medien kommen Geschichtenerzählen, persönliche Erfahrungsberichte, Bibelarbeit und Gottesdienst, Analyse und Reflexion, Theater, Lieder, Musik, Tanz, Ausstellungen usw. in Frage. Die Gesamtleitung ist dezentralisiert, berücksichtigt aber auch globale Perspektiven; sie strebt eine Umverteilung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Macht nach unten an, und sie fördert einen höheren Status für alle Formen des Lebens in, mit und vor Gott.

Ekklesiologie und Ethik
Der Studienprozess zu Ekklesiologie und Ethik wurde gemeinsam von Glauben und Kirchenverfassung und Einheit III durchgeführt. Nachdem zunächst Stereotypen aus dem Weg geräumt worden waren, um die Gemeinsamkeiten freizulegen, befasste sich die Studie mit dem Spannungsverhältnis, das zwischen dem Streben nach der sichtbaren Einheit der Kirche und ihrer Berufung zu prophetischem Zeugnis und Dienst besteht. Sie untersuchte das Verhältnis zwischen dem, was die Kirche ist und dem, was sie tut. Ethische Fragen sind untrennbar verbunden mit dem Sein der Kirche. Die wesentlichen Merkmale der Kirche - Katholizität, Apostolizität, Einheit und Heiligkeit - sind in Frage gestellt, wann immer die Kirche Unrecht jeglicher Art rechtfertigt. Die Studie unterstrich den Imperativ ökumenischer ethischer Reflexion und ökumenischen ethischen Engagements und gelangte zu einigen wichtigen Erkenntnissen über die Vorstellungen vom "Haushalt des Lebens" und über die Kirchen als Gemeinschaften, in denen - durch ihr Lehren wie ihr Leben - Ausbildung von Moral und Ethos stattfindet.

Der Erlassjahrgedanke und der afrikanische Kairos
Das von Einheit III verantwortete Programm für den Wiederaufbau Afrikas wurde über einen Zeitraum von drei Jahren aufgebaut und durchlief dabei mehrere Phasen, so z.B. die Aufstellung eines Aktionsplans für den "Dialog der Kirche mit der afrikanischen Gesellschaft". Zwei Methoden wurden angewandt: Dialog durch ökumenische Studien und Reflexion sowie Dialog durch ökumenische Besuche innerhalb Afrikas und unter Afrikanern. Ein Teil der Ergebnisse dieser beiden Prozesse konnte der Konferenz über "Der Erlassjahrgedanke und der afrikanische Kairos" im Mai 1997 in Johannesburg vorgelegt werden. Die Konferenz empfahl die Fortsetzung von Studium, Analyse und Reflexion über die Themen Glaube und Politik, Glaube und Wirtschaft sowie Mission und Partnerschaft.

Eine Studie über Demokratie und die Ethik guter Regierungsführung bot einen dynamischen Rahmen für eine ausführliche Reflexion über Politik in Afrika und die Rolle der Religion heute. In mehreren afrikanischen Ländern engagieren sich die Kirchen aktiv für die Demokratisierung. In vielen Fällen sind sie durch die geschichtlichen Umstände zu dieser Rolle gekommen, weil die meisten anderen zivilgesellschaftlichen Institutionen durch mehr als zwei Jahrzehnte Diktatur systematisch handlungsunfähig gemacht worden sind. Im grossen und ganzen sind die Kirchen für diese Rolle allerdings nicht gut ausgerüstet.

Mit dem Studienprozess sollten ihnen Mittel an die Hand gegeben werden, um bei den Bemühungen um friedliche, gerechte und partizipatorische Gesellschaften in Afrika eine wirksame Rolle zu spielen. Die Studie kam u.a. zu dem Ergebnis, dass die Bemühungen um Demokratie in Afrika zwar schon seit langer Zeit anhalten, dass jedoch der gegenwärtige Demokratisierungsprozess nicht notwendigerweise zur Emanzipation der Menschen führt, sondern eher zur Legitimierung ihrer Unmündigkeit. In den meisten Ländern Afrikas wird um die Form und nicht um den Inhalt der Demokratie gerungen, und dies macht Demokratie zu einem strategischen Instrument, das lediglich den Aufstieg zur Macht erleichtert.

Im Verlauf des Dialogs wurden viele Probleme heraus gestellt, die noch weitere Reflexion und Aktion im Blick auf das theologische und biblische Verständnis, soziale Veränderungen sowie Methoden und Strategien erfordern.

RASSISMUS, URVÖLKER UND ETHNIZITÄT (PCR)

In den Jahren, in denen PCR alle seine Energie und Mittel auf das südliche Afrika konzentrierte, ging es darum, den institutionellen (oder, im Falle Südafrikas, den in der Verfassung verankerten) Rassismus, der durch individuelle Vorurteile und Diskriminierung noch verstärkt wird, möglichst genau zu beschreiben. Südafrika steht seit einigen Jahren nicht mehr im Mittelpunkt, und seitdem ist das Rassismusverständnis erheblich umfassender geworden.

Früher hingen die PCR-Programme weitgehend von den Analysen und Vorschlägen grosser internationaler Tagungen ab, an denen Vertreter/innen der Weltregionen, PCR-Kommissionsmitglieder und der Stab teilnahmen. Diese Methode trug entscheidend zur Abschaffung des in der Verfassung festgeschriebenen Apartheidrassismus bei, ermutigte die Kirchen aber kaum, in ihrem eigenen "Hinterhof" nach dem Rechten zu sehen. Menschen und Kirchen in vielen Teilen der Welt wurden Experten in Sachen Rassismus in Südafrika, dachten aber höchst selten daran, dass die gleiche Dynamik auch in ihren eigenen Ländern zum Tragen kam. Heute wird es also darum gehen, die Mitgliedskirchen zu motivieren, den Rassismus in ihrem Umfeld ebenso konsequent zu analysieren und sich ihm ebenso entschlossen entgegenzustellen wie sie es damals in bezug auf Südafrika getan haben.

Die Verbindungen zu Kirchen und Bewegungen in aller Welt ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des PCR. Besonders intensiv waren die Kontakte zu Antiapartheid-Bewegungen in allen Teilen der Welt. Einige dieser Bewegungen haben auf Anregung von PCR begonnen, sich auch mit dem Rassismus im eigenen Land auseinanderzusetzen. Diese Bindungen zwischen Kirchen und Bewegungen sollen aufrechterhalten werden. Zwar soll der Rassismus auch weiterhin "bekämpft" werden, aber Begriffe wie "Unterstützung" und "Initiativen" eignen sich besser zur Beschreibung der Tätigkeit.

Der ökumenische Studienprozess über Rassismus. Das Schwarz/Weiss-Paradigma ist für das Verständnis des Rassismus nach wie vor von entscheidender Bedeutung, doch daneben haben sich weitere Formen des Rassismus entwickelt. Zunehmende Aufmerksamkeit gilt den weltweiten Auswirkungen von Rassismus, der Dynamik von wirtschaftlichem und ökologischem Rassismus sowie Rassismus in Kirche und Theologie.

Der ÖRK-Zentralausschuss wies 1995 darauf hin, dass "institutioneller Rassismus und rassistische Ideologien in ihren schlimmsten Formen in der heutigen Gesellschaft genauso präsent (sind) wie vorher," und dass "auch die Kirchen nach wie vor in höchstem Masse davon betroffen (sind)". Gleichzeitig bringt die soziale, politische und wirtschafliche Entwicklung "neue Formen von Rassismus" hervor. Deshalb wurde ein ökumenischer Studienprozess über Rassismus eingeleitet, der die gegenwärtigen Tendenzen und Ausdrucksformen des Rassismus unter besonderer Berücksichtigung der regionalen Erkenntnisse und Erfahrungen untersuchen soll.

Beiträge zu dieser Studie sind u.a. die Reaktionen auf die Broschüre "What is Racism Today?" (Was ist Rassismus heute?), neue Analysen aus den Regionen sowie Materialien aus der ÖRK-Studie über Evangelium und Kulturen. Der Studienprozess, in dessen Rahmen sowohl globale als auch regionale Dokumente erarbeitet werden, soll einen umfangreichen Beitrag zur Diskussion auf der Achten Vollversammlung leisten; an ihm wird sich die künftige Antirassismusarbeit des ÖRK orientieren.

Die US-Kampagne: Rassismus als Verletzung der Menschenrechte. 1994 organisierten der ÖRK und der Nationalrat der Kirchen Christi (USA) eine einjährige Kampagne, die der Öffentlichkeit bewusst machen sollte, dass Rassismus eine Menschenrechtsverletzung ist. Die Kampagne umfasste Aufklärungsarbeit sowie Anhörungen im Beisein einer Gruppe bekannter Persönlichkeiten. Diese Gruppe besuchte sieben in den USA gelegene Orte, die ausgewählt worden waren, weil dort Verletzungen der Menschenrechte verschiedener ethnischer und rassischer Gruppen besonders deutlich waren. Themen der Anhörungen waren Einwanderung, Selbstbestimmung, Souveränität, Haftbedingungen, Verurteilungen, polizeiliche Übergriffe, Todesstrafe, politische Gefangene, Bildung, Gesundheit, Arbeitslosigkeit, Wohnen, Umweltrassismus und rassistische Gewalt.

Auf der Grundlage dieser Anhörungen kam die Gruppe bekannter Persönlichkeiten zu dem Schluss, dass "die gesamte US-amerikanische Gesellschaft nachweislich von massivem und systematischem Rassismus durchsetzt ist; ein Grossteil der rassistischen Gewaltakte, über die Zeugen hier berichtet haben, (...) stellt eindeutige Verletzungen der völkerrechtlich anerkannten grundlegenden Menschenrechte dar". Die Nacharbeit zur Kampagne umfasste Diskussionsbeiträge auf der Tagung der UN-Menschenrechtskommission 1995, eine Materialsammlung für Kirchen und Gruppen sowie einen Bericht des ÖRK über die Kampagne.

Frauen als Opfer des Rassismus (WUR) und das SISTERS-Netzwerk. Farbige Frauen, die aktiv in der ökumenischen Bewegung mitarbeiten, haben die Einrichtung eines Programms gefordert, das die dreifache Unterdrückung farbiger Frauen (nämlich durch Rassismus, Sexismus und Klassendiskriminierung) untersuchen sollte. Dieses seit 1980 bestehende Programm setzte sich in der Zeit zwischen Canberra und Harare folgende zwei Schwerpunkte: (1) Mobilisierung der Kirchen zu Engagement und konkretem Handeln in Solidarität mit farbigen Frauen; (2) Förderung der WUR-Netzwerkarbeit mit dem Ziel weltweiter Frauensolidarisierung im Widerstand gegen die dreifache Unterdrückung.

Workshops und Tagungen, Rundbriefe, Analysen und Reflexion führten hin zu einer weltweiten WUR-Tagung (1992), die einen wichtigen Beitrag zur Ökumenischen Dekade "Kirchen in Solidarität mit den Frauen" darstellte. Anlässlich dieser Tagung wurde das globale Netzwerk SISTERS (Sisters in Solidarity To Eliminate Racism and Sexism) gegründet, das einen systematischeren Erfahrungsaustausch sowie mehr Strategiegespräche und Bündnisse ermöglichen soll. Erfasst werden Europa, Lateinamerika, Nordamerika, der pazifische Raum und in geringerem Masse auch Asien und die Karibik.

Die Workshops befassten sich u.a. mit folgenden Themen: regionale Formen des Rassismus und ihre Auswirkungen auf das Leben der Frauen; Zusammenhänge zwischen Rassismus und Kolonialismus, Kastendenken, Sexismus, Wirtschaft und Migration; Landrechte und Lebensunterhalt von Völkern; Kulturen, Menschenrechte und Staatsbürgerschaft; Elemente einer Theologie aus der Sicht farbiger Frauen. In den letzten Jahren verstärkte WUR seine Zusammenarbeit mit ÖRK-Mitgliedskirchen und regionalen ökumenischen Organisationen.

Ethnizität. Die Entwicklung eines im ganzen Rat akzeptierten Verständnisses der Parameter dieser Problematik ist nur langsam vorangekommen. Dies liegt teilweise an der mangelnden kritischen Aufarbeitung der Rolle der Kirchen bei der Entstehung ethnozentrisch-nationalistischer Tendenzen.

Die Kommission der Einheit III bedauerte diese Langsamkeit und forderte begriffliche Klärungen und konkrete programmatische Vorschläge. Im Rahmen einer Konsultation des gesamten ÖRK-Stabs wurde später deutlich, dass zu diesem Thema und verwandten Fragen bereits umfangreiche Programmarbeit verschiedener Art geleistet worden war, und zwar in den Büros für interreligiöse Beziehungen, Kommunikation, Kirchlichen Dienst im städtischen und ländlichen Bereich, Bildung, Evangelium und Kultur, Flüchtlingsarbeit und Migration sowie Katastrophenhilfe. Einheit III behandelte das Thema im Arbeitsbereich internationale Angelegenheiten (im Rahmen von Vermittlung und Konsultationen in Konfliktsituationen), im PCR im Hinblick auf ethnische Minderheiten sowie in den Arbeitsbereichen Frauen und Jugend.

Angesichts der weltweit zunehmenden Zahl ethnischer Konflikte und Auseinandersetzungen ist dieses Thema akuter denn je. Doch die diesbezügliche Arbeit im ÖRK ist nicht genügend koordiniert. Eine 1994 gemeinsam mit dem LWB und dem RWB veranstaltete Konsultation legte eine Reihe von Fallstudien vor und formulierte eine "Herausforderung an die Kirchen".

Programm für Fragen der Urvölker (IPP). 1990 erhielt die Tätigkeit dieses Programms neue Impulse durch die ÖRK-Weltkonsultation in Darwin zum Thema "Land ist unser Leben". Die "Darwin-Deklaration" und die Erklärung der Vollversammlung in Canberra über "Urvölker und Landrechte: Über blosse Worte hinausgehen" forderten die Kirchen auf, konkret zu handeln, indem sie Ressourcen mit den Urvölkern teilen und dafür sorgen, dass Ureinwohner aktiver in kirchlichen Einrichtungen, Gemeinden und Foren der Vereinten Nationen mitwirken können.

Zu den Arbeitsmethoden des Urvölkerprogramms gehören Erfahrungsaustausch, gemeinsame Analyse der Probleme sowie Konsensentscheidungen. Örtliche, regionale und weltweite Workshops, Begegnungen, Konferenzen und Konsultationen sollen Brücken zwischen Ureinwohnerorganisationen und Kirchen sowie kirchlichen Einrichtungen schlagen.

Die Spiritualität der Urvölker wurde als ganzheitlicher Ausdruck des Lebens in einer Schöpfung behandelt, deren Bestand von den dominierenden Gesellschaften bedroht ist. Der ÖRK und das Urvölkerprogramm brachten führende Vertreter/innen der Urvölker zu Gesprächen zusammen, damit sie ihre Hoffnungen und ihre Vorstellungen von inklusiver Gemeinschaft neu entfalten können. Einen ständigen Dialog gibt es zum Thema christliche Theologien und die Weisheit der Urvölker, bei denen die Ältesten - Männer wie Frauen - die Garanten der geschichtlichen und kulturellen Identität sind. Die Urvölker haben festgestellt, dass die Bibel und das Evangelium von der westlichen Kultur vereinnahmt worden sind. Sie sind der Überzeugung, dass die wesentlichen Inhalte falsch interpretiert worden sind und ihnen diese Interpretation dann als die einzige richtige aufgezwungen worden ist, während alle anderen als falsch und böswillig abgetan wurden. Die Urvölker fordern die Christen auf, ihre Art der Begegnung mit der frohen Botschaft zu respektieren.

Land und Selbstbestimmung sind für die Existenz der Urvölker von entscheidender Bedeutung. Der ÖRK hat die Kirchen ersucht, das Gespräch mit den Ureinwohnern in ihrem Land aufzunehmen und dabei die Geschichte ihrer Beziehungen zu den Urvölkern kritisch zu überprüfen sowie den Erlassjahrgedanken aufzugreifen, "den Ureinwohnern ihr angestammtes Land, das sich gegenwärtig im Besitz der Kirchen befindet, zurückzugeben oder ihnen Wiedergutmachung anzubieten".

Das ÖRK-Praktikantenprogramm gab zwei jungen Erwachsenen Gelegenheit zu ökumenischer Weiterbildung: einer Maori aus Aotearoa/Neuseeland und einer Sami aus Norwegen. Ihre Mitarbeit im Rat war eine Bereicherung für das Urvölkerprogramm.

Die Mitwirkung der Urvölker in UN-Gremien wird ständig erweitert. Das Urvölkerprogramm stellt hierfür einige Mittel zur Verfügung und trägt dazu bei, dass in jedem Jahr Ureinwohnergruppen an folgenden UN-Tagungen teilnehmen können: Arbeitsgruppe für autochthone Bevölkerungsgruppen (Juli), Arbeitsgruppe zum Deklarationsentwurf (Oktober) und Menschenrechtskommission (März/April).

Solidarität mit den Dalits in Indien. Als die PCR-Kommission 1989 auf ihrer Tagung in Madras beschloss, Verbindung mit indischen Dalit-Gemeinschaften aufzunehmen, war kaum abzusehen, was aus diesem Vorhaben werden würde. Einheit III hat die Gründung eines Dalit-Solidaritätsprogramms in die Wege geleitet, in dem Dalits aus christlichen, buddhistischen, muslimischen, Sikh- und Hindu-Gemeinschaften solidarisch zusammenarbeiten - für Indien etwas vollkommen Neues. Der ÖRK sorgte hierbei vor allem für die Mittelbeschaffung und machte die Weltöffentlichkeit auf das Problem aufmerksam.

Die Dalit-Bewegung ist inzwischen zu einem Motor für die soziale, politische und ökonomische Besserstellung dieser fast 200 Millionen Inder geworden, die aufgrund ihrer Geburt ausserhalb des Kastensystems systematisch unterdrückt werden.

INTERNATIONALE ANGELEGENHEITEN (CCIA)

Die Bedeutung des ÖRK-Zeugnisses in internationalen Angelegenheiten ist in der gegenwärtigen weltgeschichtlichen Übergangsphase noch gewachsen. Die Globalisierung erfordert mehr analytische Arbeit in bezug auf weltweite und regionale Trends, mehr Aufwand bei Friedensinitiativen und der Beilegung von Konflikten sowie die Auseinandersetzung mit neuen Problemen in den Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaat.

Zur Tätigkeit des ÖRK im Bereich der internationalen Angelegenheiten gehören sowohl die den ganzen Rat betreffenden internationalen Angelegenheiten (öffentliche Erklärungen) als auch Programmarbeit im Rahmen der Einheit III.

In bezug auf Fragen von öffentlichem Interesse sind folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • ständige Beobachtung und Analyse globaler politischer Entwicklungen und einzelner Situationen;
  • Zusammenarbeit mit anderen ÖRK-Einheiten und -Büros im Hinblick auf die Aspekte ihrer Arbeit, die internationale Angelegenheiten berühren;
  • Beratung des Generalsekretärs in Fragen der Reaktion des Rates auf spezifische Vorgänge;
  • Zusammenstellung von Hintergrundinformationen und Vorschlägen zu Fragen von öffentlichem Interesse zwecks möglicher Beschlussfassung durch Leitungsorgane;
  • Organisation von Treffen von Kirchenvertretern/innen zu Gesprächen über ökumenische Stellungnahmen zu wichtigen Angelegenheiten.

Angesichts der Weltlage nach dem Ende des Kalten Krieges musste die CCIA zahlreiche Hintergrundinformationen erarbeiten, in denen sie versuchte, die neuen Herausforderungen an die Kirchen zu identifizieren. So hat sie einen wesentlichen Beitrag zur frühzeitigen Vorbereitung sorgfältig austarierter Vorschläge zu international relevanten Angelegenheiten geleistet.

Obwohl es hierbei häufig um kontroverse Fragen ging, sind die Erklärungen und anderen Stellungnahmen des ÖRK von den Kirchen in den betroffenen Ländern und Regionen in der Regel als hilfreicher Ausdruck der Solidarität aufgenommen worden. In mehreren besonders umstrittenen Gebieten (Osttimor, Sudan, China/Taiwan, ehemaliges Jugoslawien, Gebiet der Grossen Seen) gelang es bei Treffen mit Kirchenvertretern/innen, die Standpunkte der Beteiligten und ihre Einschätzung der Probleme wie auch ihre Vorstellungen von möglichen ökumenischen Reaktionen anzunähern. Das UN-Verbindungsbüro der CCIA in New York hat sehr oft entscheidende Materialien zur Verfügung gestellt und Kontakte zu dort tätigen Politikexperten geknüpft.

In der Programmarbeit galt die Aufmerksamkeit folgenden nach wie vor wichtigen Fragen:

  • Menschenrechte einschliesslich Straffreiheit und Religionsfreiheit;
  • Abrüstung und Waffenhandel;
  • Frieden und Beilegung von Konflikten einschliesslich Programm zur Überwindung von Gewalt;
  • Weltordnungspolitik einschliesslich Beziehungen zur UNO.

Charakteristisch für den Berichtszeitraum war die enge Verflechtung der Probleme im Zusammenhang mit Menschenrechten, Frieden, Beilegung von Konflikten, Rüstung und Weltordnungspolitik.

Menschenrechte. Zur Arbeit in diesem Bereich gehört die ständige Beobachtung und Analyse von Trends und einzelnen Situationen, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden oder bedroht sind. Dazu sind enge Beziehungen zu Kirchen, ökumenischen Gremien, kirchlichen und anderen für die Menschenrechte eintretenden Organisationen auf allen Ebenen sowie zu zwischenstaatlichen Gremien erforderlich. In manchen Fällen muss umgehend gehandelt werden, auch vermittels seelsorgerlicher Besuche und Untersuchungsmissionen. Ein weiterer Aspekt der Arbeit sind die Förderung und finanzielle Unterstützung neuer Menschenrechtsinitiativen und der Aufbau von Solidaritätsnetzwerken zwischen Kirchen in verschiedenen Regionen.

Der Teilnahme einer ökumenischen Delegation an der UN-Menschen-rechtskonferenz 1995 in Wien waren mehrere regionale Konsultationen voraus-gegangen. Diese globale Überprüfung der ökumenischen Menschenrechtspolitik und -praxis half der Einheit, Lehren aus der bisherigen Arbeit auf gegenwärtige Tätigkeiten anzuwenden und neue Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte festzustellen.

Eine dieser neuen Entwicklungen ist die Straffreiheit. Aus Fallstudien in Lateinamerika sowie Tagungen und Kontakten mit Gruppen in anderen Teilen der Welt ist deutlich geworden, dass Arbeit in diesem Bereich nicht nur für einen wirksamen Schutz der Menschenrechte, sondern auch für Frieden, Versöhnung und die Beilegung von Konflikten von ganz entscheidender Bedeutung ist. Aus Aktivitäten im Bereich der Religionsfreiheit geht hervor, dass an diesem Thema noch gearbeitet werden muss, und zwar insbesondere im Hinblick auf den Beitrag der Kirchen zur öffentlichen Diskussion über die Beziehungen zwischen Kirche und Staat, speziell in Übergangsgesellschaften. Ein weiterer neuer Bereich ist die interreligiöse Zusammenarbeit beim Schutz der Menschenrechte.

Abrüstung und Waffenhandel. Das atomare Wettrüsten, der Handel mit konventionellen Waffen und die Militarisierung - also Bereiche, in denen der ÖRK in der Vergangenheit Pionierarbeit geleistet hat - sind nach wie vor sehr wichtige Themen.

Zu Beginn des Berichtszeitraums wurde eine Konsultation über den Handel mit konventionellen Waffen organisiert, die Richtlinien für das Eintreten der Kirchen gegen diesen Waffenhandel ausarbeitete. Zu den schwierigsten Fragen in diesem Zusammenhang gehören die Ausfuhr konventioneller Waffen in Gebiete mit offenem oder latentem Konflikt und der massive Ankauf von Waffen durch Privatpersonen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Ausarbeitung praktischer Richtlinien für die Kirchen im Blick auf die Mikro-Abrüstung.

Frieden und Beilegung von Konflikten. Kein Bereich war in den Jahren nach Canberra so arbeitsintensiv wie dieser. Die Zunahme von Konflikten in der ehemaligen Sowjetunion und in Afrika erforderte nicht zuletzt deshalb sehr viel Aufmerksamkeit, weil viele Konflikte neue und komplexere Formen annehmen. Die in manchen Teilen der Welt wieder aufbrechenden ethnischen Konflikte betreffen die Kirchen in vielen Fällen unmittelbar. Neue Formen von engstirnigem Nationalismus haben sich entwickelt. Kirchen und Leitungsgremien erwarten immer häufiger, dass der ÖRK bei Konflikten als Vermittler auftritt.

Eine Studie über die Rolle von Wirtschaftssanktionen wurde durchgeführt, und 1995 verabschiedete der Zentralausschuss Richtlinien zur Verhängung solcher Sanktionen.

Viel Arbeit wurde in die Suche nach effektiver kirchlicher und ökumenischer Mitwirkung bei der Beilegung von Konflikten investiert, z.B. im ehemaligen Jugoslawien, in Armenien und Aserbaidschan, Osttimor, Sri Lanka und Zypern. In Afrika galt die Aufmerksamkeit insbesondere Angola, Mosambik, Sierra Leone, dem Horn von Afrika und Sudan sowie insbesondere dem Gebiet der Grossen Seen. Der ÖRK nahm an den Verhandlungen in Guatemala teil und ist ähnlich auch in Kolumbien und Haiti tätig geworden. Er organisierte ökumenische Teams für die Überwachung der Wahlen in Südafrika und beschäftigte sich mit der Frage des endgültigen Status von Jerusalem.

Programm zur Überwindung von Gewalt. Angesichts der weltweit zunehmenden Gewalt und der Sehnsucht nach Frieden in Gerechtigkeit hat der Zentralausschuss im Januar 1994 das Programm zur Überwindung von Gewalt (POV) eingerichtet. Sein Schwerpunkt liegt auf dem praktischen Aufbau einer Friedenskultur, die Gewalt auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen überwinden kann, sowie auf der Ermutigung der Kirchen, bei der Anwendung von kontextgemässen gewaltlosen Mitteln wie Vorbeugung, Vermittlung, Eingreifen und Aufklärung eine führende Rolle zu spielen. Das POV ist als ein breiter Rahmen zu verstehen, in dem die Bemühungen der Kirchen und anderer Gruppen ihren eigenen Platz finden können.

Zusammen mit Glauben und Kirchenverfassung hat POV einen Studienprozess eingeleitet, bei dem die theologischen und ekklesiologischen Dimensionen von Gewalt und Gewaltlosigkeit sowie die bedeutenden Ressourcen untersucht werden, die das Christentum für die Entwicklung von Friedenskulturen bietet.

Bei der vom ÖRK-Zentralausschuss im September 1996 ins Leben gerufenen zweijährigen Kampagne "Friede für die Stadt" handelt es sich um eine weltweite Initiative im Rahmen des POV, die auf der Achten Vollversammlung ihren Abschluss finden wird. Die Kampagne konzentriert sich auf sieben Städte in aller Welt, die sich durch neuartige Bemühungen um die Überwindung von Gewalt durch gemeinschaftsübergreifende Zusammenarbeit auszeichnen. Diese Beispiele für Friedensarbeit und versöhnte Gemeinschaft sollen im Rahmen der Kampagne vorgestellt werden, um

  • sie sichtbar zu machen;
  • den Wert ihrer Ansätze und Methoden anzuerkennen;
  • Schlussfolgerungen zu ziehen, um neue Erkenntnisse und theoretische Perspektiven zu entwickeln;
  • gemeinsames Arbeiten und Vernetzung anzuregen;
  • anderen Menschen Hoffnung zu geben und sie anzuregen, in ihrem eigenen Umfeld ähnlich aktiv zu werden.

Bei den sieben Städten handelt es sich um Belfast (Nordirland), Boston (USA), Colombo (Sri Lanka), Durban (Südafrika), Kingston (Jamaika), Rio de Janeiro (Brasilien) und Suva (Fidschi).

Die hier angewandten neuen Methoden der Partnerschaft und Kommunikation tragen entscheidend zum Erfolg der Kampagne bei. Die örtlichen Partner gehören verschiedenen christlichen, weltlichen und interreligiösen Organisationen an, die nicht alle mit der ökumenischen Bewegung verbunden sind. Um die Ziele und Fortschritte der Kampagne einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und das Netzwerk von Gruppen und Personen zu erweitern, die sich für Frieden und Gerechtigkeit engagieren, wurde im World Wide Web eine interaktive Seite eingerichtet, auf der regelmässig die neuesten Informationen und Materialien veröffentlicht werden; ausserdem bietet sie ein Forum für den Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Für die Öffentlichkeitsarbeit der Kampagne werden ferner ein E-Mail-Server sowie ein Mitteilungsblatt, Bücher und Videofilme eingesetzt.

Weltordnungspolitik. Die Debatte über Weltordnungspolitik orientierte sich im Berichtszeitraum an den treffenden Fragen, die die Vollversammlung in Canberra in ihrer Erklärung zum Golfkrieg zu der nach dem Ende des Kalten Krieges entstehenden "neuen Weltordnung" und ihren Auswirkungen auf die Institutionen der Vereinten Nationen gestellt hatte. Die 1994 vom Zentralausschuss in Johannesburg angenommene Erklärung "Herausforderungen an Afrika heute" ist die Grundlage für das Nachdenken über "Demokratie" in einer weltgeschichtlichen Übergangszeit, und zwar sowohl im Hinblick auf das Verhalten auf internationaler Ebene als auch bezüglich der Implikationen für die Regierungsführung auf regionaler, nationaler und lokaler Ebene.

Die Zusammenarbeit mit der UN-Menschenrechtskommission und der Unterkommission, an der mehrere Teams der Einheiten III und IV beteiligt waren, wurde fortgesetzt. Zu einer ganzen Reihe von Ländern wurden Wortbeiträge vorbereitet, und häufig wurden Personen aus den betreffenden Ländern eingeladen, das Wort zu ergreifen oder in den Delegationen mitzuarbeiten. Die Zusammenarbeit mit den Sonderberichterstattern zur Frage der Straffreiheit bei vergangenen Verbrechen gegen die Menschheit wurde ausgebaut.

Im Berichtszeitraum fand eine ungewöhnlich grosse Anzahl von UN-Weltkonferenzen statt. Der ÖRK beteiligte sich an sechs von ihnen: Rio de Janeiro (Umwelt und Entwicklung), Kairo (Bevölkerung und Entwicklung), Wien (Menschenrechte), Beijing (Frauen und Entwicklung), Kopenhagen (Sozialgipfel) und Rom (Welternährungskonferenz).

Nach fast zwei Jahrzehnten wurde erstmals 1995 wieder eine Übersicht über die Beziehungen des ÖRK zum UN-System zusammengestellt und eine gründliche Auswertung vorgenommen. Hierbei zeigte sich, wie wichtig das UN-Verbindungsbüro in New York ist. Mehrere ÖRK-Programme wurden bei ihren Arbeitskontakten mit der UNO unterstützt. Ferner gab es Bemühungen um eine Weiterentwicklung der Arbeitsbeziehungen zu den UN-Sekretariaten, die für humanitäre Angelegenheiten und Friedenssicherung zuständig sind. Die Vereinten Nationen anerkennen in zunehmendem Masse den wesentlichen Beitrag, den nichtstaatliche Organisationen - und insbesondere der Rat und seine Mitgliedskirchen - sowohl zu Grundsatzdiskussionen als auch zu den Aktivitäten vor Ort leisten können.

WIRTSCHAFT, ÖKOLOGIE UND
BESTANDFÄHIGE GESELLSCHAFT (ECOS)

Bei der Programmarbeit zu diesem Thema wurden verschiedene Methoden angewandt: Netzwerke (regionale und thematische); Austausch und Kommunikation; Kampagnen (z.B. Petition zum Klimawandel); Studium und Reflexion; Bildung, Ausbildung und Weiterbildung; Vergabe einzelner Studien an auswärtige Experten (z.B. Klimawandel, Zivilgesellschaft, Bretton-Woods-System); neuartige Methoden (z.B. kontextuelle biblische und theologische Reflexion).

Bei der Konzeption seiner Programme strebte das Team einen dezentralisierten Arbeitsstil an: ausgehend von lokalen Initiativen wurden Mitgliedskirchen, regionale ökumenische Organisationen, Netzwerkpartner und Hilfswerke einbezogen. Die Programmarbeit umfasste drei Bereiche: Leben in der Schöpfung, Leben in Gemeinschaft und Für eine Ökonomie des Lebens.

Leben in der Schöpfung
Dieser Arbeitsbereich konzentrierte sich auf eine ökumenische Stellungnahme zum UNCED-Prozess (Rio 1992), zur Erderwärmung und zum beschleunigten Klimawandel sowie auf die theologische Reflexion über JPIC im Rahmen einer Theologie des Lebens.

Eine grössere ökumenische Konferenz mit dem Titel "Auf der Suche nach dem neuen Himmel und der neuen Erde" wurde 1992 während des UN-Erdgipfels (UNCED) in Rio de Janeiro veranstaltet. Tagungsort war Baixada Fluminense, ein Vorort von Rio, in dem wirtschaftliche Probleme, Umweltzerstörung und Rassismus für die Mehrheit der Bevölkerung zum Alltag gehören. Diese Tagung gab den Teilnehmern/innen neuen Mut für die Arbeit in ihrer Heimat. Der Bezug zwischen der Situation am Ort - wo Menschen um ihr Überleben kämpfen - und der weltweiten Tagesordnung wurde zum übergreifenden Anliegen für die Arbeit am Thema Leben in der Schöpfung. In zunehmendem Masse kritisiert der ÖRK den Missbrauch des Begriffs "nachhaltige Entwicklung", mit dem gegenwärtig Wirtschaftsmodelle legitimiert werden sollen, die auf uneingeschränktes wirtschaftliches Wachstum und die anhaltende und unregulierte Ausweitung der Produktion und des Konsums der Reichen in aller Welt setzen. Bei der künftigen Arbeit muss auf den Konflikt zwischen dem Bemühen um sozial gerechte und bestandfähige Gesellschaften und der Expansion des Welthandels eingegangen werden.

Der von der JPIC-Weltversammlung 1990 in Seoul angenommene Bundessschluss zum Thema Erderwärmung und Umwelt forderte den ÖRK auf, sich eingehender mit dem Klimawechsel zu befassen. Dieses Programm hat mit Erfolg einen dezentralen Arbeitsstil entwickelt, der die Verbindungen zwischen dem ÖRK und regionalen Netzwerken stärkte. Mehrere Konsultationen trugen dazu bei, den Ansatz noch zu verbessern und die Idee einer gerechten und bestandfähigen Gemeinschaft weiterzuentwickeln. Zusammen mit den weltweiten christlichen Gemeinschaften und weiteren ökumenischen und Umweltorganisationen wurde eine Unterschriften-sammlung für die Reduzierung von Kohlendioxydemissionen organisiert.

Leben in Gemeinschaft
Seit Anfang der 90er Jahre haben sich drei wichtige Themen herauskristallisiert: eine Kritik des Entwicklungsmodells in der neuen globalen Situation; neue Herausforderungen für die internationale Zusammenarbeit; und schliesslich die Notwendigkeit, neue Möglichkeiten für die Stärkung der Eigenständigkeit ökumenischer Organisationen zu finden. "Gemeinsam den Weg finden" war eine Initiative von Geberorganisationen, in Zusammenarbeit mit dem ÖRK auf die neue Lage einzugehen. Die lateinamerikanischen Partner wählten mit einem neuartigen Forschungsprojekt über die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ökumenischer Organisationen einen anderen Ansatz.

Dieser Themenbereich hatte drei programmatische Achsen:

Netzwerke: Soziale Bewegungen, Globalisierung, Ausgrenzung. In den Jahren weltweiter Veränderungen und Umwälzungen, die dem Fall der Berliner Mauer folgten, regte der ÖRK neue Initiativen an, organisierte den Austausch und förderte Ausbildung und Forschung. Zwei regionale Netzwerke wurden stillgelegt und fünf neue aufgebaut. Der ÖRK betätigte sich zunehmend als Förderer, Befähiger und Katalysator von Netzwerken, und er hat sich dabei stets bemüht, eine angemessene Antwort auf die Frage zu finden, wie er auf die Tagesordnung der regionalen Netzwerke und Gruppen eingehen und zugleich engen Kontakt zu seinen eigenen Programmen halten kann.

Von Genf aus organisierte Tagungen erwiesen sich nicht als das geeignete Mittel hierfür. Das Programm musste einen dezentralen Ansatz entwickeln, um sinnvolle Prozesse in den Regionen zu ermöglichen und die Rolle sozialer Bewegungen im Leben der ökumenischen Bewegung zu bekräftigen. Die Netzwerke begrüssten die Bereitschaft des ÖRK, sich als internationale Organisation den Problemen der Globalisierung zu stellen und Freiräume für die Begegnung höchst unterschiedlicher Gruppierungen offenzuhalten.

Zivilgesellschaft und Leben in Gemeinschaft. Dieses Programm wurde eingerichtet, weil viele Partner in den Regionen auf der Suche nach neuen gesellschaftlichen Paradigmen sind. Die Arbeit wurde zusammen mit Partnern in Deutschland, Korea, den USA und Südafrika geleistet. Das wichtigste Arbeitsinstrument war bis 1995 die "korrespondierende Akademie", ein gemeinsames Projekt mit der Evangelischen Akademie Loccum (Deutschland) und der Vesper Society (USA). Schwerpunkt des Programms war die Förderung lokaler Initiativen in bezug auf Demokratisierung, Beilegung von Konflikten und ökonomische Alternativen. Besondere Aufmerksamkeit galt Südafrika, Mittel- und Osteuropa, Ostafrika und Kuba.

Biblische und theologische Reflexion an der Basis. Dieses Programm sollte die Gläubigen zu theologischer Arbeit und Bibellektüre im Alltag motivieren. In Lateinamerika wurde eine erfolgreiche Methode entwickelt, die auch in anderen Regionen angewandt werden könnte. Exegeten entwickelten eine neue Hermeneutik und bildeten rund 240 Bibelstudienleiter/innen für die Ortsebene aus. 1997 lief ein neues weltweites bibelpädagogisches Programm an. Das theologische Programm begann 1994 mit einer Tagung von Theologen/innen, die an den Studienprozessen "Kairos" und "Strasse nach Damaskus" mitgewirkt hatten. Damit sollte die theologische Reflexion auf der Ortsebene so weit wie möglich angeregt werden. Mehrere wichtige Aktivitäten wurden organisiert, darunter "Vom Kairos zum Erlassjahr" in den USA, die theologische Reflexion im Europa nach der Wende und eine Studie über Theologie und Kultur in der Karibik, Lateinamerika und Asien.

Für eine Ökonomie des Lebens
Das in neun Sprachen übersetzte Studiendokument Der christliche Glaube und die heutige Weltwirtschaft war die Grundlage für einen Grossteil der ÖRK-Arbeit zum Thema Wirtschaft in den 90er Jahren. Es wurde bei zahlreichen Treffen verwendet, um Reflexion und Aktion zum Thema christlicher Glaube und Wirtschaft anzuregen, die sich immer mehr zu einer entscheidenden Dimension der christlichen Reaktion auf die beschleunigte Globalisierung entwickelt haben.

Der ÖRK beschäftigt sich bereits seit Anfang der 80er Jahre in enger Zusammenarbeit mit Partnern im Süden und mit dem Center of Concern in Washington mit dem Schuldenproblem. Er hat sich bemüht, den Mitgliedskirchen Informationshilfen an die Hand zu geben, um die Ursachen der Schuldenkrise zu verstehen und nach Lösungen zu suchen; zur gleichen Zeit wurde - auch innerhalb der Kirchen selbst - heftige Kritik an den finanziellen Aktivitäten der Kirchen geübt. Neue Impulse für die diesbezügliche ökumenische Debatte kommen seit 1997 aus der Initiative Erlassjahr 2000.

Angesichts der Tatsache, dass das Schuldenproblem im Zusammenhang mit den Entwicklungen im Weltwirtschaftssystem insgesamt und dem Finanzsektor im besonderen anzugehen ist, unterstützte Einheit III ein ambitioniertes Programm des Washingtoner Center of Concern, das Alternativen zum sog. Bretton-Woods-System - der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds - untersuchte. 1994 wurden anlässlich der 50-Jahr-Feiern des Abkommens von Bretton Woods Aktionsgruppen und Forschungsinstitute zu einer Tagung nach Washington eingeladen, auf der sie Informationen austauschen, Analysen und Strategien vergleichen und über Möglichkeiten gemeinsamen Handelns sprechen konnten.

Bildungsarbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfung (JPIC)
Da die verschiedenen Programme der Einheit III jeweils Bildungsarbeit zu ihren eigenen Themen leisten, konzentrierte sich Bildungsarbeit für JPIC auf die Untersuchung methodischer Fragen und Implikationen, die sich aus der Arbeit der Einheit ergeben. Zu diesem Zweck arbeitete das Büro mit den Bildungsbüros anderer Einheiten zusammen und beteiligte sich an der interregionalen und regionalen Auswertung von Bildungsprozessen. Die Ergebnisse liessen eine gewisse Verlagerung der Perspektiven und Ansätze erkennen und unterstrichen die Notwendigkeit eines mehrdimensionalen Bildungsansatzes, vor allem in Umfeldern, in denen die Globalisierung unabsehbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen hat. Von besonderer Bedeutung ist die Herausforderung, die feministische Theorie und Praxis für die Form und den Inhalt von Bildung darstellt. Fragen von Sexualität, Macht, Identität, Kultur, Geschlecht, Alter, Rasse, ethnischer Herkunft und Umwelt waren daher die Hauptthemen, die in den miteinander verbundenen Aktivitäten des Bereichs Bildungsarbeit für JPIC zur Sprache kamen.

In diesem Rahmen sind verschiedene Materialien für Kirchen und Gruppen entstanden, in denen die Erkenntnisse von Frauen, jungen Menschen, Ureinwohnern/innen und Pädagogen/innen von der Ortsebene vorgestellt werden:

What Do We Mean When We Say Sacred? beschäftigt sich mit Kultur und Identität und fasst die Ergebnisse der Diskussion über die kulturelle Dimension der JPIC-Bildungsarbeit zusammen, wobei die Elemente aufgezeigt werden, die in verschiedenen Gemeinschaften zur Entwicklung einer Kultur des Lebens beitragen. Analyse und Reflexion konzentrieren sich auf Geschlechterrollen, Umwelt, Spiritualität und Volksbewegungen.

Five Loaves and Two Fishes behandelt das Thema Gottesdienst und JPIC und stellt neue und kreative Möglichkeiten vor, wie Lebenserfahrungen und Veränderungen in verschiedenen Kontexten im Gottesdienst zum Ausdruck gebracht werden können. Das Handbuch enthält Vorschläge zur Verwendung von Symbolen, Naturelementen, Gesten und Bewegungen, Theater und Geschichten im Gottesdienst.

Towards a Feminist Pedagogy beruht auf den Erfahrungen und Perspektiven von Frauen, die in der Bildungsarbeit tätig sind. Das Handbuch enthält Lebensgeschichten, Überlegungen zu Fragen der Macht und der Identität, zum Ursprung von Wissen und zu sozialen Bedingungen, die das Leben von Frauen prägen. Es beschäftigt sich auch mit den ethischen Implikationen des Geschichtenerzählens sowie mit Heilen und Spiritualität als integralem Bestandteil des Lernens, mit weiblichen Symbolen und den Werten und Grundsätzen, die einer von Frauen bestimmten Bildungsarbeit zugrunde liegen.

Caretakers of the Earth ging hervor aus der Debatte über den Klimawandel und befasst sich mit den ethischen Grundsätzen und den kulturellen Werten, die das Verhältnis des Menschen zur Umwelt prägen, um alternative Entwicklungsstrategien und ökologisch bestandfähige Lebensstile zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wurden Workshops und Austauschprojekte organisiert und Initiativen zur Entwicklung von Lehrmaterial zu Umwelfragen unterstützt.

SOLIDARITÄT MIT FRAUEN

Seit seiner Gründung setzt sich der ÖRK für die Interessen von Frauen ein, und seit über 40 Jahren gibt es Programmarbeit zum Thema Frauen in Kirche und Gesellschaft. Seit 1988 wird der grösste Teil dieser Arbeit im Rahmen der Ökumenischen Dekade "Kirchen in Solidarität mit Frauen" geleistet. Dem ÖRK ist bei der Durchführung der Dekade-Aktivitäten die Mitwirkung der wachsenden kirchlichen und weltlichen Frauenbewegungen in allen Teilen der Welt zugute gekommen. Das Zustandekommen der Dekade ist auf diese Bewegungen zurückzuführen, die Dynamik der Dekade ist der Energie der Frauen zu verdanken.

Ökumenische Dekade "Kirchen in Solidarität mit den Frauen"
1992, als sich die Dekade ihrer Mitte näherte, war deutlich geworden, dass das, was ursprünglich als Ausdruck des Engagements der Kirchen für Frauen gedacht war, zu einer Dekade der Frauensolidarität oder sogar der Solidarität der Frauen mit den Kirchen geworden war. Nun stellte sich die Frage, wie den Kirchen die Dekade zurückgegeben werden konnte und wie Frauen in den Regionen bei ihren Bemühungen unterstützt werden sollten. Bei einer Tagung in Genf schlugen Vertreterinnen der Regionen zwei Möglichkeiten vor.

Erstens formulierte die Gruppe vier Hauptprobleme, auf die sich die Dekade konzentrieren könnte; jede Mitgliedskirche sollte aufgefordert werden, je nach der eigenen Situation tätig zu werden:

  • anhaltende Einschränkung der Mitwirkung von Frauen im Leben der Kirchen: in Führungspositionen, Theologie, Diakonie, Spiritualität und Amt;
  • die schwerwiegenden Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise für das Leben von Frauen in aller Welt;
  • Gewalt gegen Frauen in Kirche und Gesellschaft und die zunehmende Erkenntnis, dass die Kirchen dieses Problem sehr ernst nehmen müssen;
  • die Auswirkungen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die unsere Gesellschaften spalten, auf Frauen.

Dem zweiten Vorschlag zufolge sollte der Rat ökumenische Teambesuche bei allen Mitgliedskirchen organisieren, um im Gespräch mit ihnen festzustellen, inwieweit sie ihre Verpflichtungen gegenüber Frauen erfüllt haben.

Im Rahmen eines umfangreichen Teambesuchsprogramms bei den Mitgliedskirchen besuchten zwischen 1994 und 1996 insgesamt 75 vierköpfige Teams (je zwei Männer und zwei Frauen aus verschiedenen Mitgliedskirchen) die Mitgliedskirchen und Christenräte sowie kirchliche und weltliche Frauen-organisationen. Zum Abschluss dieses Prozesses wurde auch der ÖRK besucht. Ziel der Besuche war es festzustellen, inwieweit die Zielsetzungen der Dekade in das kirchliche Leben integriert worden sind und wo noch immer Widerstände gegen Veränderungen bestehen, und die Kirchen aufzufordern, eindeutig Stellung zu beziehen, indem sie ihren den Frauen gegenüber eingegangenen Verpflichtungen nachkommen. Diese "lebendigen Briefe", wie die Teams genannt wurden, besuchten mehr als 330 Kirchen, 68 nationale Christenräte und 650 Frauengruppen und -organi-sationen in aller Welt. Die Besuche sollten jede Mitgliedskirche in ihrer konkreten Situation die weltweite und ökumenische Forderung nach uneingeschränkter und kreativer Mitwirkung von Frauen in Kirche und Gesellschaft bewusst machen. Die Teambesuche haben auch unterstützend gewirkt, und sie haben den Mut und die Loyalität von Frauen sichtbar gemacht, die sich seit Jahzehnten zur Arbeit auf Orts-, Landes- und regionaler Ebene zusammengeschlossen haben.

Die Dekade ist ein Erfolg gewesen, weil sie dazu beigetragen hat, dass Frauen sich in den Kirchen vernehmbarer äussern und weil sie den Frauen die Möglichkeit gegeben hat, sich zu organisieren und ihre Anliegen zu artikulieren. Darüber hinaus hat sie dem ÖRK Orientierungshilfen für seine Arbeit und Methoden für seine Beziehungen zu Kirchen und anderen Netzwerken erschlossen. Sie hat ausserdem deutlich gemacht, dass Erfahrungen auf der Ortsebene wichtig und aufschlussreich für das Verständnis der Rolle sind, die der ÖRK als internationale Organisation spielen kann.

Weitere Aktivitäten
Frauen und Entwicklung. In den vergangenen zehn Jahren hat sich dieses Programm im Kontext der Dekade darum bemüht, die Fähigkeiten von Frauen zur Selbstorganisation zu fördern, die zusammen mit Demokratisierung das Umfeld darstellt, in dem bestandfähige Entwicklung möglich ist. Das Programm arbeitet sowohl mit kurz- als auch mit langfristigen Strategien.

Das Programm "Frauen und ländliche Entwicklung" unterstützte auch weiterhin Fraueninitiativen mit Kleinkrediten nach dem Grundsatz, dass diese Kredite Ausdruck der Solidarität unter Frauen sein und ihre Selbstbestimmung fördern müssen. Zum Thema "Frauen und wirtschaftliche Gerechtigkeit", einem der vier Schwerpunkte der Dekade, fanden mehrere regionale Workshops statt. Die Teilnehmer/innen vertraten verschiedene Einrichtungen und Organisationen - Regierungen, nichtstaatliche Organisationen, kirchliche Gruppen und Bürgerinitiativen - die auf unterschiedliche Weise die negativen Auswirkungen von Globalisierung und wirtschaftlicher Liberalisierung auf ihre Gesellschaften im allgemeinen und auf Frauem im besonderen feststellen.

Frauen in Konfliktsituationen. Der ÖRK steht traditionell auf der Seite benachteiligter Gruppen, die mit jeglicher Form von Ungerechtigkeit konfrontiert sind, und das Frauenprogramm setzt diese Tradition fort. Es organisierte mehrere seelsorgerliche und Informationsbesuche von Frauen bei Frauen in verschiedenen Ländern - einschliesslich Südafrika, dem ehemaligen Jugoslawien, Ruanda und Burundi -, um Solidarität zu bekunden und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass Frieden mit Gerechtigkeit eine der Grundvoraussetzungen für eine Entwicklung und ein Wachstum ist, die sich am Menschen orientieren.

Gewalt gegen Frauen. Auf mehreren regionalen Konsultationen über Gewalt gegen Frauen (Bali, Indonesien, 1993; San José, Costa Rica, 1993; Nyeri, Kenia, 1994; Westsamoa, Pazifik, 1994; Ballycastle, GB, 1994; Ayia Napa, Zypern, 1995; Bolton, Kanada, 1996) forderten Frauen eine sichere und gewaltlose Gesellschaft und Welt und begannen mit der Vorbereitung eines globalen Aktionsplans für die Kirchen. Zur Sprache kamen die durch politische und militärische Gewalt bedingte Zunahme der Gewalt gegen Frauen, die durch das Schuldenproblem und die Politik der strukturellen Anpassung verursachten Wirtschaftskrisen sowie kulturelle und religiöse Traditionen und Praktiken. Es gibt viele Formen von Gewalt gegen Frauen, darunter Gewalt in der Familie, Prostitution und Pornographie, sexuelle Belästigung und sexueller Missbrauch - und zwar auch in der Kirche - sowie subtilere Formen wie psychische Gewalt. Es wurden Strategien für den Umgang mit Gewalt sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche entwickelt. Auf einer weltweiten Tagung wurden 1997 die Ergebnisse und Erfahrungsberichte der Frauen aus den Regionen zusammengestellt und ausgewertet.

Frauen in der ökumenischen Bewegung. Im September 1992 und im Januar 1995 fanden zwei Treffen von Frauen statt, die in der ökumenischen Bewegung aktiv waren bzw. sind. Die Teilnehmerinnen sprachen darüber, wie die ökumenische Bewegung mit zu ihrer Selbständigkeit beigetragen und wie sie ihnen zugleich manchmal das Leben schwer gemacht hatte. Diese beiden Tagungen leisteten einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung zukunftsorientierter Strategien für die Aufgaben, die sich aus der Dekade ergeben.

Tagungen orthodoxer christlicher Frauen. Während der Dekade wurden zwei Tagungen für Frauen aus den orthodoxen Kirchen organisiert (Damaskus, Oktober 1996 und Istanbul, Mai 1997). Mehr als 100 Frauen aus orthodoxen Kirchen in Asien, dem Nahen Osten, Afrika, Ost- und Westeuropa sowie Nord- und Lateinamerika befassten sich mit den Auswirkungen der Dekade auf die orthodoxen Kirchen und orthodoxe Frauen. Die Teilnehmenden formulierten die Einstellungen orthodoxer Frauen zu Lehrfragen und zum kirchlichen Dienst von Frauen, und sie hoben hervor, welche Gaben sie als Orthodoxe und Frauen in ihre Gemeinschaften, Familien und Kirchen einbringen.

Leitlinien für die Zukunft
Das Engagement des ÖRK für die Anliegen der Frauen wird auch weiterhin notwendig sein. Die Dekade hat zumindest bewirkt, dass Frauen mehr als zuvor Unterstützung und Nacharbeit von der ökumenischen Bewegung erwarten. Der Schwerpunkt muss auf "Gerechtigkeit in der Gemeinschaft" liegen, und zwar sowohl als kirchlicher Imperativ als auch als gesellschaftliche Realität. Auch Fürsprache ist nach wie vor erforderlich, um Frauen in den Kirchen bei ihren Bemühungen um Mitbestimmung in Entscheidungsinstanzen, in der Theologie und der theologischen Ausbildung, in der ökumenischen Bildungsarbeit in Gemeinden und Gemeinschaften wie auch in anderen Formen des Dienstes zu unterstützen.

Eine unübersehbare Herausforderung für die Zukunft, die durch die Dekade ans Licht gebracht wurde, ist die Tatsache, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bislang weder in den Kirchen noch in Frauenorganisationen genügend Beachtung geschenkt worden ist. Darüber hinaus haben die Bemühungen, Aufklärungsarbeit zum Thema Gewalt gegen Frauen zu leisten, deutlich gemacht, dass in dieser Frage eine klare und eindeutige Stellungnahme seitens des ÖRK erforderlich ist. Der ÖRK muss auch weiterhin eine kritische Rolle spielen; er muss eine ekklesiologische und ethische Antwort auf die Gewalt gegen Frauen herausarbeiten und auf Weltebene ein glaubwürdiges Programm aufstellen.

JUGEND

Die Zeit seit der Vollversammlung in Canberra ist in vieler Hinsicht ein Wendepunkt für die Jugendarbeit des ÖRK. Die Siebte Vollversammlung hatte nachdrücklich erklärt, der ÖRK müsse die Anliegen der Jugend ernst nehmen, und die Kommissions-tagung in Evian hatte 1992 diese Aussage bekräftigt. In den Jahren seit Canberra sah sich der ÖRK gefordert, diese Erklärung in die Praxis umzusetzen. Zwar wird immer wieder festgestellt, Jugendfragen seien nicht lediglich Sache einer Einheit oder eines Arbeitsteams, sondern des ganzen Rates, doch lassen die vergangenen Jahre erkennen, dass das Engagement der anderen Einheiten für die Jugend eindeutig zu wünschen übrig lässt.

Das Ökumenische Weltjugend- und Studententreffen (EGGYS) von 1993 sollte zu einer Intensivierung der ökumenischen Zusammenarbeit zwischen zehn Jugend- und Studentenorganisationen einschliesslich des ÖRK führen. Es bot in der Tat Gelegenheit für Netzwerkarbeit und leitete die Zusammenarbeit von nationalen, regionalen und internationalen Partnern zu gemeinsamen Problemen junger Menschen ein. Doch die Nacharbeit zu EGGYS ist - gemessen an den grossen personellen wie finanziellen Investionen auf allen Ebenen - recht enttäuschend. Dies um so mehr, als die vierjährigen Vorbereitungen in allen Teilen der Welt hohe Erwartungen geweckt und viel Energie mobilisiert hatten.

Das Programm für Weltjugendprojekte (WYP) war im Berichtszeitraum der Rahmen für einen Grossteil der Arbeit im ÖRK-Jugendreferat und in den regionalen ökumenischen Jugendnetzwerken. Das Programm gliedert sich in vier Bereiche:

  • Ökumenische Jugendaktionen (EYA). Mehr als 500 junge Menschen nehmen jährlich an diesen Aktionen teil, die gemeinsames praktisches Handeln gegen Armut, Ungerechtigkeit und Hunger ermöglichen. Jede Aktion bietet einer ökumenisch zusammengesetzten Gruppe von Jugendlichen aus dem In- und Ausland im Rahmen eines lokalen Arbeitscamps Raum für Reflexion und Aktion.

  • Regionale Jugendprogramme erleichtern die Arbeit der Jugendreferate ökumenischer Regionalorganisationen, die Netzwerke in Afrika, Asien, der Karibik, Europa, Lateinamerika, dem Nahen Osten und dem Pazifik unterstützen. Themen dieser Programme sind u.a. Jugend und Friedenskonsolidierung, Förderung junger Frauen, Führungskräfteausbildung, Globalisierung.

  • Plattform Solidarität organisiert Unterstützung für einmalige und kurzfristige Solidaritätsaktionen zu spezifischen Themen.

  • Interregionale Zusammenarbeit. Junge Menschen aus den Regionen treffen sich bei Konsultationen und Workshops. Prioritäten der interregionalen Arbeit im Berichtszeitraum waren der Aufbau eines Netzwerks junger Frauen, Jugend und HIV/AIDS, Jugend und Friedenskonsolidierung (Jugend in Konfliktsituationen), Evangelium und Kulturen, Jugend in der Mission, junge Ureinwohner/innen.

Das ÖRK-Praktikantenprogramm gibt jungen Menschen Gelegenheit, bis zu 12 Monaten im ÖRK (Genf und New York) zu arbeiten, und ist ein Weg, Führungskräfte für die ökumenische Jugendbewegung auszubilden. Die Praktikanten/innen - in der Regel drei bis fünf pro Jahr - bringen neue Ideen und Vorstellungen in den ÖRK ein. Eine Auswertung hat kürzlich gezeigt, dass das Praktikantenprogramm ein Musterbeispiel ökumenischer Jugendausbildung ist und sowohl im ÖRK als auch in den Regionen fortgesetzt werden sollte.

Das Programm Jugend und HIV/AIDS führte zu einem gemeinsam von den Jugendreferaten des Lutherischen Weltbundes und des ÖRK organisierten Workshop über HIV/AIDS (Namibia 1993). Aus diesem Workshop, an dem 27 junge Menschen aus allen Weltregionen teilnahmen, entstanden zwei Veröffentlichungen über HIV/AIDS, die für junge Menschen in den Mitgliedskirchen beider Organisationen bestimmt sind: die Broschüre "AIDS - Why We Care" und das Handbuch Making Connections, Facing AIDS. Beide haben dazu beigetragen, die Diskussion über dieses Thema zu fördern oder aber in zahlreichen Gruppen in verschiedenen Teilen der Welt erstmals ein Gespräch über AIDS zu beginnen.

Mit dem Programm "I Am Worthy - Young Women Demand a Violence Free World" (Ich besitze Würde - junge Frauen fordern eine gewaltfreie Welt) sollten junge Frauen auf ökumenische Führungspositionen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene vorbereitet werden. Das Programm umfasste jährliche weltweite Planungs - und Überprüfungstagungen, ein Weltfestival in Fidschi im November 1994 sowie die Teilnahme junger Frauen aus der ökumenischen Bewegung an der UN-Weltfrauenkonferenz in Beijing 1995. Der Titel des Programms verwies auf die Schwerpunktverlagerung von der Auseinandersetzung mit Gewalt gegen Frauen auf ein Plädoyer für die Würde junger Frauen als Trägerinnen des Wandels und als gleichberechtigte Mitglieder der ökumenischen Jugendbewegung. Dass das Programm ein Erfolg war, zeigt sich an der stärkeren Präsenz und den wirkungsvolleren Beiträgen junger Frauen in der ökumenischen Jugendarbeit aller Regionen.

Die Programme Jugend für Frieden und Gerechtigkeit und Jugend in Konfliktsituationen ermöglichten Begegnungen zwischen jungen Menschen, die in Konfliktsituationen leben. Bei diesen Treffen konnten Netzwerke für die Zusammenarbeit eingerichtet und Erfahrungen und Materialien ausgetauscht werden, die dabei halfen, das Gefühl der Isolierung und der Hoffnungslosigkeit zu überwinden. Die ökumenische Jugendbewegung könnte eine pro-aktive Rolle bei den Bemühungen spielen, die Erkenntnisse und die praktischen Erfahrungen junger Menschen mit der Friedensschaffung an Orten zu vermitteln, an denen latente Spannungen in einem offenen Konflikt auszubrechen drohen. Bei diesen Treffen ging es ferner darum, dass junge Menschen ihre Meinungen zu Krieg und Konflikt, zu Frieden und Gerechtigkeit artikulierten. Schwerpunkte des Programms Jugend in Konfliksituationen waren Afrika, der Nahe Osten und Europa.

Jugend, Evangelium, Kulturen und Identität bezog junge Menschen in die Vorbereitungen für die ÖRK-Weltmissionskonferenz 1996 ein. Thema war das Nachdenken über die eigene Kultur im Kontext neuer Missionsaktivitäten, die zunehmenden Bedrohungen durch religiösen Fundamentalismus sowie die Fremdenfeindlichkeit. Aus dieser Debatte entwickelte sich eine kritische Einschätzung der Zusammenhänge zwischen Evangelium und Kulturen sowie der Faktoren, die die Identität junger Menschen prägen.

Das ÖRK-Stewardprogramm, in dessen Rahmen seit 1948 über 1500 junge Menschen als Stewards an Vollversammlungen, Zentralausschusstagungen und anderen Konferenzen teilgenommen haben, wurde im Berichtszeitraum neu organisiert, um gezielt ökumenische Ausbildung für junge Menschen zu bieten. Inzwischen ist die obligatorische Teilnahme an einer drei- bis viertägigen Einführung integraler Bestandteil des Stewardprogramms.



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