Ausgabe Nr. 2, juni 2004

Liebe Brüder und Schwestern in Christus.
Friede sei mit euch!

Ich freue mich sehr, Ihnen in dieser Ausgabe die Berichte und Reflexionen zu zwei Veranstaltungen vorzustellen, an denen ich teilgenommen habe und die mit den Aktivitäten des Ökumenischen Rates der Kirchen im Bereich Mission und Evangelisation in enger Beziehung stehen.

Die erste Veranstaltung war die Konferenz „Mission im 21. Jahrhundert. Das Spannungsverhältnis von Mission als Evangelisation und Mission als Entwicklung“, die vom 25. März bis 1. April dieses Jahres in Livingstone, Sambia, stattgefunden hat und vom United Theological College of Zambia (UTCZ) organisiert wurde.

Anschließend an die Konferenz hatte ich die Gelegenheit, vom 2.-5. April, Kirchen in Johannesburg, Südafrika zu besuchen. Dieser Besuch wurde vom Südafrikanischen Rat der Kirchen (SACC) organisiert. Es war eine sehr vielfältige Erfahrung und gab mir die Gelegenheit, mit den Brüdern und Schwestern vor Ort anregende Gespräche zu führen, insbesondere zum Thema der Versöhnung anlässlich des 10. Jahrestages des Wechsels zur Demokratie in diesem Land.

Der zweite Bericht erzählt von meiner Reise nach Argentinien und Uruguay, 27. Mai - 2. Juni, organisiert durch den Lateinamerikanischen Rat der Kirchen (CLAI). Für die Kirchen in Lateinamerika sind Mission und Evangelisation prioritäre Themen. Der große Zulauf dieser Kirchen (vor allem evangelikale und Pfingstkirchen), ihre im öffentlichen Bereich zunehmende Sichtbarkeit sowie das wachsende Angebot ihrer Dienste bestätigen dies. Der Hauptzweck meiner Reise war, mit Pastoren/Pastorinnen und kirchlichen Verantwortlichen in den beiden Ländern Gespräche über unsere Missionsbestrebungen zu führen, um unser gegenseitiges Engagement zu bekräftigen und unsere gemeinsame Mission der ökumenischen Verkündung des Evangeliums zu stärken.

Es ist unmöglich, durch schriftliche Berichte die Vielfähltigkeit meiner Erfahrungen wiederzugeben, doch ich hoffe, dass Ihnen diese zwei Berichte helfen werden, eine Vorstellung von der evangelistischen Mission zu bekommen, die von Brüdern und Schwestern in den verschiedenen Teilen der Welt in treuem Gehorsam gegenüber dem Evangelium ausgeführt wird.

Mit brüderlichen Grüßen aus Genf,

Carlos Emilio Ham
ÖRK-Programmreferent für Evangelisation


Ausgabe Nr. 2, juni 2004

Die Missionskonferenz in Sambia – März/April, 2004

Einführung (zitiert aus den Vorbereitungsdokumenten).
Welches sind zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts die Bedürfnisse der Kirche, über die wir als Volk Gottes nachdenken müssen, und welches sind die Bedürfnisse der Welt, auf die zu reagieren wir als Kirche berufen sind? Worin besteht unsere Rolle als Christen und Christinnen in einer Welt, die immer ungleicher wird, immer rücksichtsloser und gewalttätiger, immer egozentrischer und liebloser, die sich nicht um die Ungerechtigkeit um uns herum schert, einer Welt, die durch die unglaublichen Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen, wie versteinert ist?

In einigen Teilen der Welt erhält die Kirche Zulauf, in anderen kämpft sie ums Überleben. In einigen Teilen der Welt nimmt die Kirche teil am politischen Leben und am Befreiungskampf des Volkes, in anderen ist die Kirche wie eine Insel und wird nicht als besonders bedeutsam für das Leben des Volkes betrachtet. Die Welt wächst weiter, und zwar so, dass die Reichen immer reicher werden und es immer weniger davon gibt, während die Armen immer ärmer werden und ihre Zahl ständig ansteigt. Die Kirche stellt sich in allen Teilen der Welt immer wieder die gleiche Frage: „Welches ist die geeignetste Rolle für die Kirche in dieser Welt?”

Viele Jahre lang hat die Kirche Mission mit Evangelisation [Menschen für Christus gewinnen oder bekehren] gleichgesetzt. Heute gibt es eher eine Vielzahl von Missionsverständnissen. Was tragen diese verschiedenen Vorstellungen zur Breite und zur Tiefe unseres Missionsverständnisses bei und welche Missionsvorstellungen brauchen wir heute in der Kirche? Was können wir voneinander lernen, wenn wir aus unseren verschiedenen Kulturen, mit unseren unterschiedlichen Lebenserfahrungen und mit unserem unterschiedlichen Verständnis von Mission zusammenkommen?

Zweck, Ziele, Zielsetzungen und Unterthemen

Vor diesem Hintergrund war der Zweck der Konferenz, die Gemeinsamkeiten und Spannungen zwischen Mission als Evangelisation und Mission als Entwicklung, so wie sie in vielen der ehemals politisch und jetzt wirtschaftlich kolonisierten Länder des Südens wahrgenommen wurden und werden, zu erforschen und zu untersuchen.

Bei der Erforschung der Gründe, weshalb einige Kirchen Zulauf erhalten während bei anderen die Mitgliederzahlen schwinden, bestimmten wir folgende Ziele:

  • Die Spannungen zwischen Mission als Evangelisation und Mission als Entwicklung zu erforschen.
  • Die Auswirkungen für unsere jeweiligen Kontexte wie auch den internationeln Kontext zu untersuchen.
  • Herauszufordern und voneinander herausgefordert zu werden bei dem Bestreben, die Rolle und Praxis der Mission im und für das 21. Jahrhundert zu bestimmen.
  • Die Rolle des interreligiösen Dialogs und seine Beziehung zur Mission zu untersuchen.
  • Die Rolle der christlichen Kirche in der heutigen Welt zu untersuchen.
  • Die Realität des Umfeldes in Sambia zu erleben, in dem die Mission heute stattfindet.
  • Herauszufinden, was es bedeutet, unsere Mission in der heutigen Welt zu leben.

Zielsetzungen:

  • Die Gabe der Mission als Evangelisation und die Gabe der Mission als Entwicklung in unterschiedlichen Kontexten zu verstehen und zu schätzen.
  • Die Themen, die uns als eine weltweite Kirche betreffen, zu benennen, anfangen, sie zu verstehen und sich mit ihrer Komplexität auseinanderzusetzen.
  • Zuzuhören, was die Vertreter und Vertreterinnen aller Kontinente zu berichten haben, und anzufangen, ihren Blickwinkel von Mission als Evangelisation zu verstehen, während wir die Bedeutung dieses Verständnisses für unsere eigene Arbeit bestimmen.
  • Sich mit vielen unterschiedlichen Menschen und Verständnisformen von Mission als Evangelisation auszutauschen.

Unterthemen:

  • Die Welt in der wir leben und arbeiten
  • Biblische und historische Wurzeln
  • Mission auf fünf Kontinenten
  • Mission und HIV/AIDS
Bei dem Treffen wurde auch Vorbereitungsarbeit für die Weltmissionskonferenz im Jahr 2005 geleistet. Um dies tun zu können, wurden den Teilnehmenden in Vorträgen und durch eine Podiumsdiskussion mit drei Gästen, die die früheren Konferenzen und insbesondere die nächste Konferenz zum Thema hatte, Informationen vermittelt. Einer der Konferenzteilnehmer, Prof. Michael Kinnamon, verfasste als Beitrag zum Vorbereitungsprozess ein zusammenfassendes Papier über die Vorträge, mit besonderem Schwerpunkt auf Versöhnung und Heilung, dem thematischen Schwerpunkt der Konferenz. Alle Dokumente werden zudem in einem Buch veröffentlicht werden.

Auf dem Programm standen:

  • Zwei thematische Präsentationen pro Tag mit zwei oder drei Erwiderungen pro Präsentation. Obwohl geplant gewesen war, Gelegenheiten für kleine Gruppendiskussionen und zum Nachdenken zu geben, wurde davon nur selten Gebrauch gemacht.
  • Zwei Ortsbesuche, um Mission im ländlichen Sambia zu erleben.
  • Gelegenheit für informelle Präsentationen und für Zusammenkünfte von Themengruppen, die zur Erörterung spezifischer Anliegen von Teilnehmenden gebildet werden konnten.
  • Morgen- und Abendandachten, die von Personen aus verschiedenen Kontexten und Konfessionen geleitet wurden.

Teilnehmende
Ungefähr 200 Personen von allen fünf Kontinenten nahmen an der Konferenz teil, darunter zahlreiche weltweit bekannte Theologen und Theologinnen. Die thematischen Präsentationen kamen daher aus vielen unterschiedlichen Umfeldern sowie theologischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven und repräsentierten alle Partnerkirchen und –organisationen; die großen Kirchen aller Kontinente waren ebenso vertreten wie bestimmte evangelikale und Befreiungskirchen sowie auch theologische Hochschulen aus verschiedenen Teilen der Welt.

Ungefähr 100 Studierende des UTCZ, die in formellen und informellen Treffen über ihre Erfahrungen berichteten, brachten durch ihre Teilnahme viel Frische und Vielfalt in die Konferenz. Dies war für uns ein wichtiges Zeichen von Hoffnung, auch von Freude und Feiern, denn der Studentenchor sang und tanzte mehrmals bei Gottesdiensten und anderen Aktivitäten.

Folgende, in chronologischer Reihenfolge aufgeführten Sprecher und Sprecherinnen waren eingeladen (die Leiter/innen der Morgen- und Abendandachten ausgeschlossen): Elizabeth Joy vom Rat für Weltmission (CWM), Abraham Berinyuu vom Ökumenischen Aktionsbündnis von und für Menschen mit Behinderungen (EDAN), Charles Wanamaker aus Südafrika, Elsa Tamez aus Costa Rica (schickte ihre Rede), Carlos Ham aus Kuba vom ÖRK, Peter Henriot, Jesuit aus Sambia, Israel Selvanayagam aus Indien (arbeitet in Cambridge), Aruna Gnanadason aus Indien vom ÖRK, Charles Thomas aus Mindolo, Michael Kinnamon aus den USA, Maake Masango aus Südafrika, Esther Mombo aus Kenia, Edwin Zulo aus Südafrika, Lucy Kasanga aus Sambia, Ivone Gebara aus Brasilien, Adolfo Ham aus Kuba, Jacques Thomson aus Schottland, Ernst Conradie aus Südafrika, Stephen Plant aus England, Ken Ross aus Schottland, John Kafwanka aus Sambia, Caroline Wickens aus England (arbeitet in Kenia), Marilyn Legge aus Kanada, Chris Ferguson aus Kanada, Musonda Bwalya aus Sambia, Muimui Sinyama aus Sambia, Tobias Brankner aus der Schweiz (arbeitet in Hongkong), M Mahlangu-Ngeobo aus Südafrika (arbeitet in den USA), Garth Mundle aus Kanada, Isabel Phiri aus Malawi (arbeitet in Südafrika) und Japhet Nhlovu aus Sambia. Gastgeber/Gastgeberinnen waren: Betty Marlin aus Kanada, UTCZ; Teddy Kalongo, Präsident des UTCZ und Patrice Siyemeto, leitender Bischof der Vereinigten Kirche von Sambia (UCZ).

Obwohl Vertreter und Vertreterinnen aller fünf Kontinente anwesend waren, fehlten Teilnehmende aus Osteuropa, Ostasien und dem Pazifik. Wir erhielten keine Beiträge aus der orthodoxen Tradition und nur sehr wenig aus den evangelikalen und pfingstkirchlichen Traditionen. Unsere Konferenz hätte durch solche Mitarbeit reicher und vielfältiger werden können. Hingegen nahm ein römisch-katholischer Priester teil.


Besuch bei Kirchen in Argentinien und Uruguay – Mai/Juni 2004

Vom 27. Mai bis 2. Juni 2004 besuchte ich Argentinien und Uruguay, wo ich von Pfr. Juan (Hansy) Gattinoni, dem Regionalsekretär des Lateinamerikanischen Rates der Kirchen (CLAI) für die Region „Rio de la Plata“ (die Argentinien, Uruguay und Paraguay umfasst) betreut wurde. Wir hatten ein umfangreiches und intensives Programm, bei dem wir pro Tag eine Stadt besuchten (Buenos Aires, Rosario, Córdoba, Mar del Plata in Argentinien und Montevideo in Uruguay).

Zweck des Besuchs
Mission und Evangelisation hat für den CLAI große Priorität und war auch das Thema der Missionskonsultation in Barranquilla, Kolumbien, die im Vorfeld der Vollversammlung des CLAI (2001) stattgefunden und diese bereichert hatte. Mission und Evangelisation kommt zugute, dass die Kirchen des Kontinents, vor allem evangelikale und Pfingstkirchen (ob Mitglieder des CLAI oder nicht), großen Zulauf haben und ihre Missionstätigkeit im öffentlichen Bereich immer sichtbarer wird. Im Rahmen dieses Prozesses hat sich das ÖRK-Programm für Mission und Evangelisation in einem dreijährigen Projekt engagiert, das diese Tätigkeit unterstützen und den Schwerpunkt in Richtung Evangelisation lenken soll.

Wir diskutierten mit kirchlichen Verantwortlichen und Pastoren/Pastorinnen über den evangelistischen Aspekt der Mission. Insbesondere besprachen wir Fragen rund um das Thema der Konferenz für Weltmission und Evangelisation (CWME) im Jahr 2005, „Komm Heiliger Geist, heile und versöhne. In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein“.

Wir hatten vorgehabt, auch über das Thema der ÖRK-Vollversammlung im Jahr 2006, „In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt“ nachzudenken, das auf einen Vorschlag der lateinamerikanischen Kirchen zurückgeht. Dabei wollten wir uns speziell mit dem Konzept der Gnade auseinandersetzen. Doch wir konzentrierten uns schließlich umfassend auf die Frage des missiologischen Ansatzes der Gemeinden und Kirchen als heilende und versöhnende Gemeinschaften.

Äußerst ermutigend an dieser Erfahrung war für mich, dass wir nicht nur mit den nationalen Leitern/Leiterinnen der Kirchen in den zwei Hauptstädten (Buenos Aires und Montevideo) zusammentrafen, sondern auch die Gelegenheit erhielten, Pastoren/innen und kirchliche Verwantwortliche in verschiedenen anderen Städten Argentiniens zu treffen. In diesem Bericht wird versucht, die Inhalte der Gespräche wiederzugeben, die äußerst reichhaltig waren und deshalb einen hilfreichen Beitrag zur gesamten Diskussion des Themas leisten können.

Buenos Aires
Das Programm begann mit einem Treffen am 27. Mai im Büro des CLAI, mit Bischöfen, Präsidenten/Präsidentinnen, Vorsitzenden und Generalsekretären/Generalsekretärinnen der wichtigsten protestantischen Kirchen des Landes. Folgende Kirchen (Mitglieder und Nichtmitglieder des ÖRK und des CLAI) schickten mindestens einen Vertreter oder eine Vertreterin: Kirche der Jünger Christi, Evangelische Kirche am La Plata, Anglikanische Kirche, Kirche Christi, Christlich-Biblische Kirche, Lutherische Kirche, Evangelisch-Kongregationalistische Kirche, Presbyterianische Kirche. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch Personen, die eng mit dem ÖRK zusammenarbeiten, wie Pfr. German Zijlstra, Mitglied der Kommission für Bildung und Ökumenische Ausbildung und Exekutivsekretär von AIPRAL (Vereinigung Presbyterianischer und Reformierter Kirchen in Lateinamerika), sowie Pfr. Hector Petrecca, Mitglied der Kommission für Weltmission und Evangelisation.

U.a. wurden folgende Themen besprochen:

  • Ökumenische Theologie und Praxis der ganzheitlichen Mission als Evangelisation.
    Detaillierte Informationen über die Weltmissionskonferenz (Programm, Thema, Teilnehmende, Konferenzstil, spirituelles/geistliches Leben, Konferenzort, etc.).
  • Die Beziehungen des ÖRK zur orthodoxen Kirche, insbesondere im Blick auf den Tagungsort der Weltmissionskonferenz. Handelte es sich hier um eine politische Entscheidung?
  • Ortsgemeinden als Vermittler von Versöhnung und Heilung in einer verwundeten Welt, die durch Gewalt, Ausgrenzung und Marginalisierung gespalten ist.
  • Heilung und Versöhnung als Basis für die christliche Einheit. Wir können nicht evangelisieren wenn wir nicht geheilt sind. Die Gesellschaft braucht eine gesunde Kirche, damit diese Heilung bringen kann.
  • Diskussion der Rechtsstellung der protestantischen Kirchen gegenüber der römisch-katholischen Kirche; dieser Status könnte ein einender Faktor sein.
  • Interreligiöser Dialog.
  • Das Thema der Versöhnung des Landes nach der Militärdiktatur wurde durch die römisch-katholische Kirche erneut in die öffentliche Diskussion eingebracht, wobei aber Wahrheit und Gerechtigkeit als Bestandteile dieser Diskussion berücksichtigt werden müssen.
  • Ein Mitglied des Aktionsbündnisses von und für Menschen mit Behinderungen wies darauf hin, dass das Thema Behinderungen in der Diskussion der Kirchen nicht behandelt wird. Wenn wir über Versöhnung und Heilung sprechen, müssen wir uns auch mit diesem Thema beschäftigen.
  • Der Besuch Sam Kobias in Argentinien (14.-16. November). Die Kirchen vor Ort haben einen Ausschuss eingesetzt, der diesen Besuch vorbereitet.
  • Die Teilnahme der argentinischen Mitgliedskirchen an der Weltmissions-konferenz.
  • Die Teilnehmenden drückten ihre Freude darüber aus, dass lateinamerikanische Kirchen Gelegenheit haben, die nächste ÖRK-Vollversammlung in Porto Alegre auszurichten. Dies ist für sie sowohl eine Ehre als auch eine Verantwortung.
    Die Bezahlung der ÖRK-Mitgliederbeiträge.

Besuch an der Evangelischen Hochschule für theologische Studien (ISEDET)
Am Nachmittag trafen wir Dr. Rene Krueger, Präsident der Evangelischen Hochschule für theologische Studien (ISEDET), die in der Region einen guten Ruf genießt. Viele Bischöfe, kirchliche Verantwortliche und Pastoren/Pastorinnen haben an dieser Hochschule studiert. Wir hatten auch Gelegenheit, Dr. Mercedes Garcia, die Dekanin, kennen zu lernen.

Neben den traditionellen Studienfächern werden neue Fächer eingeführt, wie z. B. alternative Konfliktlösung, Versöhnung, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, pastorale Ausbildung für Ureinwohner (mit Schwerpunkt Bibel und Land) und für Menschen mit Behinderungen. Ein Fach zum Thema HIV/AIDS ist ebenfalls geplant. Nach dem Besuch sandten wir ihnen die CD von EHAIA (Ökumenische HIV/AIDS-Initiative in Afrika) über die Arbeit, die der ÖRK in diesem Bereich leistet.

Treffen im FAIE
Für den Abend hatte uns Pfr. Emilio Monti, Präsident des Bundes evangelischer Kirchen in Argentinien (FAIE), in sein Büro eingeladen. Er bestätigte, dass das Thema der Versöhnung in der Gesellschaft wieder an Bedeutung gewinnt. Die rechtliche Registrierung der protestantischen und evangelikalen Kirchen; der „geistliche Krieg“; die Wohlstandstheologie; die Rolle der Massenmedien für die Evangelisation; die Weltmissionskonferenz in Athen; die Beziehungen zwischen Protestanten und Katholiken; all dies waren Themen, über die wir diskutiert haben.

Rosario
Einer der schönsten Momente des Besuches war natürlich, als wir die Gelegenheit hatten, Bischof Federico Pagura (und seine Frau Rita) zu besuchen. Bischof Pagura ist einer der ÖRK-Präsidenten und ein langjähriger Freund – einer unserer lateinamerikanischen Propheten und Patriarchen. Bei einem äußerst interessanten Gespräch bei ihm zu Hause, behandelten wir folgende Themen: Herausforderungen für die ökumenische Bewegung; Menschenrechtsanliegen; die Rolle der US-amerikanischen Bevölkerung heute (Opfer oder Komplize der Doktrin der „nationalen Sicherheit“ des Empire?). Danach trafen wir Mitglieder der Catédra Ecuménica „Mundo Nuevo“ (Ökumenischer Lehrstuhl „Neue Welt“), der nicht nur von protestantischen, sondern auch von orthodoxen und römisch-katholischen Kirchen getragen wird.

In der Diskussion besprachen wir folgende Themen: Die Notwendigkeit, das soziale Geflecht wieder neu aufzubauen; die Authoritätskrise; Banden; Drogenhandel; die Rolle der Kirchen im heutigen Kontext; die Realität der Urvölker; Verschlechterung der Situation für Kinder und junge Menschen; die Rolle der Catédra Ecuménica, die es den Kirchen ermöglicht, soziale Themen anzusprechen, wie z. B. die Menschenrechte aus Sicht einer verantwortlichen theologischen und biblischen Reflexion. Es wurden unter anderem folgende Personen eingeladen, einen Vortrag zu halten: Leonardo Boff, Julio de Santa Ana, Fr. Casaldáliga, etc.

Der Weltmissionskonferenz im Jahr 2005 und der Vollversammlung in Porto Alegre wurde ebenfalls Zeit gewidmet. Wir hoffen, dass die Catédra Ecuménica im Partnerschaftsprogramm vertreten sein wird.

Ein weiteres unvergessliches Erlebnis für mich war der Besuch des Geburtshauses von Ernesto „Che“ Guevara und des Denkmals für die argentinische Flagge.

Córdoba
Hier kamen wir im Ökumenischen Zentrum zusammen. Ich war sehr beeindruckt von dem ausgeprägten ökumenischen Geist und Engagement der Kirchen in dieser Stadt, wie sie sich an der lebhaften Beteiligung an unserer Tagung zeigte. Wir hatten 20 Teilnehmende aus folgenden Kirchen und Werken: Evangelische Kirche am La Plata, Familienentwicklung, Trostarbeit, Baptistische Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Anglikanische Kirche, Methodistische Kirche, Unabhängige Evangelikale Kirche, Kongregationalistische Kirche, Missionskirche des göttlichen Wortes, Freie Brüder, Lutherische Kirche, Christlich-Reformierte Kirche sowie Bibelgesellschaft.

Nachdem Hansy und ich Informationen im Zusammenhang mit der nächsten Weltmissionskonferenz ausgetauscht hatten, führten wir ein sehr interessantes Gespräch zu folgenden Themen: die Bedeutung von Heilung in Verbindung mit dem christlichen Glauben (Beziehung zu Pfingstlern, älteren Menschen, „behinderten“ Menschen, Urvölkern, Gewalt in Ehe und Partnerschaft, Geisteskrankheit, Jesus Christus als Körper- und Seelenheiler, Sünden, mangelhafte Gesundheitsversorgung, Hygiene, emotionales Gleichgewicht, etc.); charismatische Erneuerung, die Dichotomie zwischen sozialen Anliegen und Mission und Evangelisation in den Kirchen und in der ökumenischen Bewegung und daher die Notwendigkeit, eine ganzheitliche Theorie und Praxis der Mission und Evangelisation zurückzugewinnen, die auch die Diakonie mit einschließt; die opportunistische Position (Schweigen!) der Kirchen gegenüber sozialen und politischen Realitäten; Begleitung der Familien, insbesondere von Kindern und jungen Menschen; Bildung und ökumenische Ausbildung; religiöse Freiheit im Gegensatz zu religiöser Gleichheit.

In Anbetracht des pneumatologischen Aspekts des Themas der Weltmissionskonferenz dachten wir auch über die Rolle des Heiligen Geistes als Heiler unserer ökumenischen Beziehungen nach; der, der die Mission ermöglicht; „wir tun was wir können, und der Geist sorgt für alles Weitere“; die Notwendigkeit zu bereuen und sich zu versöhnen, für gemeinsame Visionen und Träume; wie die Kirchen das Monopol über den Geist beanspruchen; ein Leib, verschiedene Glieder und Gaben, ein Geist; wir sind nicht nur verschieden, sondern ergänzen uns; die Mission der Kirche ist die Mission des Geistes; es geht darum, das soziale Geflecht wieder aufzubauen, menschlicher zu sein;
„sichere Orte“ zu schaffen, in denen jeder Beitrag anerkannt und geschätzt wird; am Pfingsttag findet der Heilige Geist die Apostel betend - im Gebet ist es wichtig, auf die Stimme Gottes zu hören und für die Vielfalt offen zu sein; Vielfältigkeit zu versöhnen und ein Evangelium, nur einen Jesus zu verkünden. Nicht nur Menschenrechtsverletzungen zu bekämpfen, sondern sich auch in der Liebe zu Gott zu versöhnen und einen gemeinsamen Weg zu gehen; die Person und das Evangelium Jesu Christi zu verkünden, das bedeutet, Ungerechtigkeit zu verurteilen.

Buenos Aires
Zurück in der Hauptstadt, hatte ich die Gelegenheit, am Pfingstsonntag (30. Mai) in zwei Kirchen zu predigen, am Morgen in der Methodistischen Kirche von Temperley, in der Hansy Pastor ist. Es war eine inspirierende Gelegenheit, in diesem „Labor der Liturgie“ Gottesdienst zu feiern, wo er, als die verantwortliche Person für das liturgische Netzwerk des CLAI, neue Ideen und Erfahrungen anwendet. Am Abend predigte ich dann in der Christlich-Biblischen Kirche, wo unser Freund Héctor Petrecca Pastor ist. Es war eine große Herausforderung für einen protestantischen Pastor, am Pfingstsonntag in einer Pfingstkirche zu predigen!

Eine weitere unvergessliche Erfahrung war die entspannende und interessante Zeit zwischen den zwei Gottesdiensten, die ich mit Aldo Etchegoyen verbrachte, ehemaliger Bischof der Methodistischen Kirche Argentiniens und Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses. Seine Bemerkungen über die soziale, politische und wirtschaftliche Situation des Landes und die Mission der Kirche, die sich damit auseinandersetzen muss, über unsere Vollversammlung in Porto Alegre, den Besuch von Sam Kobia in Argentinien und andere Aspekte des Lebens im ÖRK waren sehr hilfreich für mich.

Mar del Plata (Atlantischer Ozean)
Ich wurde von Pfr. Gerardo Oberman, Vizepräsident der Reformierten Kirche Argentiniens betreut. Wir hatten ein vierstündiges, sehr ergiebiges Treffen mit mehr als zwanzig Pastoren/innen und kirchliche Verantwortliche der Stadt, viele von ihnen gehörten zu evangelikalen und Pfingstkirchen, die nicht Mitglieder des CLAI oder des ÖRK sind.

Nach einer allgemeinen Einführung in den ÖRK sprach ich über die Bedeutung der nächsten Weltmissionskonferenz im Jahr 2005 und insbesondere über die nächste ÖRK-Vollversammlung in Porto Alegre, Brasilien. Eine Frage im Zusammenhang mit den Kriterien für die Mitgliedschaft im Rat wurde gestellt. Danach hatten wir eine interessante Diskussion über Heilung, mit Beiträgen der evangelikalen und pfingstkirchlichen Teilnehmenden. Wir sprachen darüber, dass die Kirche eine heilende Gemeinschaft ist, sowohl nach innen, wie gegenüber der Gesellschaft. Ein Pastor sprach über Heilungswunder und selbst über Auferstehung in seiner Kirche. Wir sprachen zudem über die Bedeutung von Bekehrung.

Die Reflexion widmete sich auch der Kirche als eine versöhnende Gemeinschaft. Es wurde betont, wie wichtig es sei, das christliche Zeugnis und die christlichen Eigenschaften in der Gesellschaft zu fördern. Es gab eine sehr interessante Analyse über christliche Erziehung, die Krise des Bildungssystems in Argentinien und der Sonntagsschulen, und die Rolle der Familien, die die christliche Erziehung vermitteln, insbesondere unter jungen Menschen und Kindern. Die Wichtigkeit der ökumenischen Ausbildung wurde ebenfalls hervorgehoben.

Schließlich führten wir eine sehr interessante Diskussion über das Festival del Verano, das der international bekannte Evangelist Luis Palau Ende Januar nach Mar del Plata gebracht hatte, und dem während zwei Tagen über 310 000 Menschen beigewohnt hatten. Es war eines der größten musikalischen Feste, das je in diesem südamerikanischen Land, dem Geburtsland von Palau, stattgefunden hatte. Einige der bekanntesten lateinamerikanischen Musikstars traten auf, unter anderem Jose Luis Rodriguez („El Puma“) und der mexikanische Superstar Yuri.

Montevideo, Uruguay
Bei unserem sehr kurzen Besuch in der Stadt (weniger als 24 Stunden) hatten wir zwei Treffen, eines mit den nationalen Verantwortlichen der Mitgliedskirchen des CLAI, des ÖRK und des Bundes Protestantischer Kirchen, und das andere mit Pastoren/innen und kirchlichen Verantwortlichen. Bei beiden Treffen sprachen wir über die Weltmissionskonferenz im Jahr 2005, die Vollversammlung in Porto Alegre und den Besuch von Pfr. Dr. Samuel Kobia (ÖRK-Generalsekretär) in Uruguay im November.

Das zweite Treffen legte mehr Gewicht auf die Bedeutung von Evangelisation, Versöhnung und Heilung. Wir räumten ein, dass wir uns in der Vergangenheit mehr mit dem Konzept und der Praxis der Versöhnung beschäftigt hatten, während Heilung in unseren großen kirchlichen Traditionen eher selten war.
In diesem Zusammenhang sprachen wir darüber, dass viele Menschen krank sind und persönliche oder familiäre Probleme haben. Junge Menschen sind in einer kritischen Situation, ohne Hoffnung und Vision, viele wollen auswandern und es gibt Probleme im Zusammenhang mit dem Konsumdenken, steigender Kriminalität, Selbstmord und illegalen Drogen – 57 % der jungen Menschen im Land leben unter der Armutsgrenze.

Heilung und Versöhnung durch den Heiligen Geist fördern den Dialog, der zu ganzheitlicher Heilung führen kann und die Suche nach Shalom unterstützt. Es geht nicht nur darum, die Seele zu retten, sondern auch den Körper und die ganze Gesellschaft. Führen Heilungskampagnen zu heilenden Gemeinschaften? Eine Gemeinschaft, die nicht gesund ist, kann nicht wachsen. Es ist wichtig, Heilung auch als einen präventiven Ansatz zu betrachten.

Schlussbemerkungen
Ich empfand meinen Besuch als sehr produktiv, da er auch Treffen an anderen Orten als nur in den Hauptstädten einschloss. Ich schätzte die Gelegenheit, so viele örtliche Pastoren/Pastorinnen und kirchliche Verantwortliche, die sich sehr für die ökumenische Bewegung einsetzen. Es war für mich eine reiche Erfahrung, eine großartige Gelegenheit, nicht nur um meine Evangelisationstheologie, wie sie von den Kirchen in dieser Region praktiziert wird, zu vertiefen, sondern auch, um mich durch das Volk Gottes inspirieren und ermutigen zu lassen. Wenn das Volk in einer verzweifelten Situation auch nicht weiß, was die Zukunft bringen mag, so weiß es doch, WER die Zukunft in den Händen hält.

Ich fühlte mich jedes Mal inspiriert dadurch, dass die Treffen nicht nur eine vielfältige Diskussion der Themen ermöglichten, sondern auch eine wichtige Möglichkeit für Pastoren/innen und kirchenleitende Verantwortliche darstellten, sich wiederzusehen. So konnten sie ihre Gemeinschaft weiter vertiefen, wenn wir zusammen über die gemeinsamen Herausforderungen nachdachten, vor die uns die Gesellschaft stellt, und sie konnten auch daran weiterarbeiten, heilende und versöhnende Gemeinschaften zu sein, die ihre Kraft im Heiligen Geist schöpfen. Die Treffen boten zudem eine einzigartige Gelegenheit, die Bemühungen des CLAI und des ÖRK um die sichtbare Einheit der Kirchen vorzustellen, damit die Welt durch Gottes Gnade verwandelt werden kann.

Zum Schluss möchte ich dem Lateinamerikanischen Rat der Kirchen für diese sehr reichhaltige Erfahrung danken und natürlich allen meinen Gastgebern und Gastgeberinnen und insbesondere meinem Bruder Hansy Gattinoni, der nicht nur ein großartiges Programm vorbereitet hatte, sondern auch den größten Teil seiner wertvollen Zeit mit mir auf dieser Reise der Hoffnung verbrachte.

Wir laden Sie ein zum Gebet
für die Konferenz für Weltmission und Evangelisation,
die vom 9.-16. Mai 2005 in Athen, Griechenland,
zum Thema
KOMM, HEILIGER GEIST, HEILE UND VERSÖHNE
In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein
Stattfinden wird.
Kennen Sie eine Geschichte, eine Erfahrung oder eine segensreiche Begebenheit darüber, wie das Evangelium in Ihrer Heimat ökumenisch und schöpferisch überbracht wird? Senden Sie uns Ihren Beitrag und wir veröffentlichen ihn gerne!
Wir laden Sie ein zum Gebet für das Weltforum für Evangelisation
in Thailand, vom 29. September – 5. Oktober 2004
zum Thema
EINE NEUE VISION, EIN NEUES HERZ, EINE ERNEUERTE BERUFUNG ,
Organisiert durch das Lausanner Komitee für Weltevangelisation.

Dieser Brief wird in den vier Arbeitssprachen des ÖRK veröffentlicht