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ZENTRALAUSSCHUSS 1999 NR. 10


31. August 1999

KIRCHEN EUROPAS MÜSSEN SICH IN DEN POLITISCHEN
PROZESS DER EINIGUNG EINBRINGEN


"Noch immer ist in Europa heute, zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, als schwerstes Erbe des Kalten Krieges die ökonomische Trennung zu spüren, mehr noch als die religiöse Trennung." Keith Clements, Generalsekretär der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Genf, Schweiz, betonte am heutigen Dienstag bei einem Pressegespräch anlässlich der Zentralausschuss Sitzung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) die Notwendigkeit, dass die Kirchen Europas sich in den politischen Prozess der europäischen Einigung einbrächten. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass Europa mehr sei als die Europäische Union (EU) und sich nicht im Ost-West-Gegensatz erschöpfe. "Europa besteht auch aus Nord und Süd und einer Vielzahl von Regionen!" betonte Clements.

Eine Hauptaufgabe des ÖRK und der KEK bestehe seit ihrer Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg in der Brückenfunktion zwischen den Kirchen in Ost und West. Heute seien aber auch die Kontakte zu den Institutionen der EU wichtig, so Clements. Da die osteuropäischen Kirchen und ihre Mitglieder die Folgen der "explosiven Verarmung" besonders zu spüren bekämen, sei ihre Unterstützung durch die ökumenische Gemeinschaft weiterhin unabdingbar. Das beträfe den Aufbau von diakonischen Einrichtungen ebenso wie die Ausbildung nicht zuletzt von Frauen für Leitungspositionen und die Sicherung der Menschenrechte zum Beispiel durch Seminare für Mitglieder verschiedener Kirchen. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, die jeweils eigene Identität der Kirchen zu respektieren, sagte Clements. Er wies auf die Bestrebungen der KEK hin, auf Wunsch der Mitgliedskirchen zum Osterfest im Jahre 2001, das bei allen christlichen Kirchen in diesem Jahr am selben Termin gefeiert wird, Richtlinien vorzulegen für die Beziehungen untereinander und die Prioritäten der Kirchen.

Alexander Belopopsky, ÖRK-Europasekretär, beschrieb die Veränderungen in Europa als Folge des Zusammenbruchs im Ostblock. Europa stellt heute beinahe ein Drittel aller ÖRK-Mitgliedskirchen. Wichtig sei es, diese miteinander ins Gespräch zu bringen und vor allem den osteuropäischen Kirchen praktische Hilfestellung bei der Bewältigung der Folgen wirtschaftlicher und sozialer Umwälzungen in ihren Ländern zu leisten. Erfolgreiche Anstrengungen seien vom ÖRK in Russland und dem früheren Jugoslawien unternommen worden. "Man kann Konflikte dazu benutzen, Trennung zu betonen, oder als Anlass nehmen, diese zu überwinden. Die europäischen Kirchen haben bisher das Letztere getan und sollten darin nicht nachlassen", forderte Belopopsky.

Bischof Christoph Klein von der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien schilderte die Situation in seinem Land. Der Grundstock für den Geist von Toleranz und Versöhnung in Rumänien sei im 16. Jahrhundert durch ein seinerzeit einzigartiges Gesetz über Religionsfreiheit gelegt worden. Nach der Verfolgung der Religionen während der kommunistischen Ära habe die politische Freiheit seit 1989 auch eine breite Aufbruchstimmung in den 15 offiziellen Kirchen bewirkt. "Aber es wurde plötzlich ein spirituelles Vakuum deutlich. Jeder kümmerte sich nur noch um seine eigenen Angelegenheiten; Konkurrenzen und Konflikte traten auf", beschrieb Klein. Der ÖRK unterstützte die Einrichtung von AIDROM - einer ökumenischen Hilfs- und Entwicklungsorganisation und Gesprächsplattform, auf der inzwischen substanzielle Arbeit der Kirchen miteinander geleistet wird. "Die ethnischen und konfessionellen Unterschiede werden dabei nicht verleugnet, die eigene Identität nicht aufgegeben."


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