Ökumenischer Rat der Kirchen Kommunikationsabteilung
Pressemitteilung

150 route de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: media


ZENTRALAUSSCHUSS 1999 NR. 6


28. August 1999

AFRIKA: HERAUSFORDERUNG FÜR DIE
ÖKUMENISCHE BEWEGUNG


"Ich hoffe, dass Sie Ihre Stimme als Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) mit Nachdruck dem hinzufügen werden, was der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vor zwei Tagen in New York beschlossen hat." Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Olara A. Otunnu, forderte die Delegierten des Zentralausschusses des ÖRK am heutigen Samstag in Genf, Schweiz, auf, die Resolution 1261, die sich gegen die Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder wendet, zu unterstützen. Das moralische Gewicht der Kirchen der Welt sei wichtig, um die Situation von Kindern und Jugendlichen, die am meisten unter Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen leiden würden, zu verbessern. Mehr als zwei Millionen Kinder seien in den vergangenen zehn Jahren in Kriegen getötet worden, 20 Millionen aus ihrer Heimat vertrieben. Das grösste Verbrechen an den Kindern, die die Zukunft der Menschheit bedeuteten, sei jedoch der Missbrauch von mehr als 200 000 unter 18-jährigen als Soldaten. "Sie sollten Ihre Autorität als Kirchen nutzen, um in Ihren Ländern darauf einzuwirken, dass die Konvention angewendet bzw. auf internationaler Ebene unterstützt wird!" sagte Otunnu, dessen Rede von den Delegierten mit grosser Zustimmung aufgenommen wurde. Sie war der Höhepunkt des Tages, an dem sich der ZA des ÖRK ausschliesslich mit Afrika beschäftigte.

Levi Okang'a Akhura aus Kenia hatte am Morgen den Rhythmus auf seiner Tumba-Ngoma-Trommel geschlagen und damit die Brücke zwischen dem Afrika-Plenum in Harare und dem Afrika-Plenum in Genf, dem Sitz des Ökumenischen Rates der Kirchen ÖRK. In Harare hatte letztes Jahr die achte ÖRK-Vollversammlung stattgefunden, in Genf arbeitet gegenwärtig der ÖRK-Zentralausschuss an der künftigen Ausrichtung des ÖRK.

Dem Zentralausschuss lag eine umfassende Analyse der Probleme des afrikanischen Kontinents vor, die durch erschütternde Zeugnisse afrikanischer Delegierter ergänzt wurde. Die in Harare geforderte Dekade zur Überwindung von Gewalt ist mit Blick auf Afrika eine besondere Herausforderung für die ökumenische Bewegung. "Wie können", so fragte der ruandische Delegierte André Karamanga, "die Kirchen aus Ländern des Wohlstandüberflusses die Situation in den Ländern mit einem Überfluss an Elend verstehen?" Zahlreiche Mitglieder des Zentralausschusses wiesen auf die zerstörende Wirkung der Verschuldung Afrikas hin, die der Jugend jede Zukunftshoffnung raube und den Aufbau von zivilgesellschaftlicher Strukturen unmöglich mache.

Am Afrika-Plenum wurde deutlich, wie stark der Kontinent noch unter den kolonialen Strukturen leidet. Trotz Unabhängigkeit und Reichtum an Rohstoffen können nur wenige afrikanische Länder auf funktionierende Volkswirtschaften bauen. Und das nationalstaatliche Modell, das Afrika von den Kolonalmächten aufgezwungen wurde, erweist sich in vielen Fällen als verheerend. Das heutige Afrika sei mit Europa im 15. und 16. Jahrhundert zu vergleichen, als auf eine lange Periode der kulturellen Stagnation ein Prozess des Wiederaufbaus, der Renaissance folgte. Zahlreiche Delegierte betonten denn auch die Notwendigkeit einer Renaissance der afrikanischen Gesellschaft und wiesen auf die spirituelle Kraft der afrikanischen Völker hin, die Anlass zu Hoffnung gebe.

In vielen Ländern Afrikas haben die Kirchen in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ein ÖRK-Programm zum Wiederaufbau eingeleitet und unterstützen Regionalisierungsinitiativen. Ausserdem hat der ÖRK zusammen mit nationalen Kirchenräten und dem allafrikanischen Kirchenrat begonnen, neue Formen regionaler, nationaler und internationaler Solidarität zu entwickeln, sowie Ideen und Bewegungen zum Aufbau lebensfähiger Gemeinschaften zu fördern. Grosses Gewicht legt der ÖRK zudem auf einen Dialog zwischen den afrikanischen Religionen und dem Christentum.

Angesichts des "ungeheuren, sinnlosen und unnötigen Verlustes von Menschenleben" infolge von Krieg und Verschuldung müsse sich die ökumenische Gemeinschaft in einem besonderen Mass der Frage nach der Heiligkeit des Lebens stellen. Verschiedene Delegierte wiesen darauf hin, dass die Länder des Nordens humanitäre Katastrophen in Afrika in den meisten Fällen kaum zur Kenntnis nähmen.


Weitere Informationen erhalten Sie von Karin Achtelstetter, ÖRK-Medienbeauftragte
Tel. (Büro): (+41 22) 791 6153
E-mail: media
Zurück zum Anfang

Liste der Pressemitteilungen 1999

ÖRK-Homepage


Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von inzwischen 336 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.