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16 juni 1999

ÖRK-KOMMISSION FÜR GLAUBEN UND KIRCHENVERFASSUNG SETZT SICH MIT RUNDLEGENDEN ÖKUMENISCHEN FRAGEN AUSEINANDER


Wenn diesen Monat Theologen und Theologinnen aus fast allen christlichen Traditionen - der protestantischen, der orthodoxen und der römisch-katholischen - sowie aus über 20 Ländern in Toronto zusammenkommen, so hoffen sie, einige der schwierigeren theologischen Fragen erhellen zu können.

Die Ständige Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) tagt vom 15. bis 24. Juni auf dem Campus des Emmanuel College in Toronto. Auf der Tagesordnung stehen Fragen nach dem Wesen der Kirche, die verschiedenen Auffassungen von Taufe, das Verhältnis von ethnischer und nationaler Identität zum universalen christlichen Glauben sowie die Frage, wer für das kirchliche Amt ordiniert werden darf.

Die 336 Mitgliedskirchen des ÖRK bekennen ihren gemeinsamen Glauben an Jesus Christus als Sohn Gottes und Heiland und legen gemeinsam Zeugnis ab von der Heiligen Dreieinigkeit Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auf ihrem Weg zu gemeinsamem Bekenntnis und Zeugnis sehen sich die Kirchen jedoch noch vor zahlreiche Probleme gestellt.

Ein Thema, das in Toronto zweifellos Beachtung finden wird, ist die neue Studie zur Ordination von Frauen. Die Studie bietet Kirchen mit gegensätzlichen Auffassungen zur Ordination ein Forum, wo sie "einander zuhören und voneinander lernen" können, sagt Dr. Alan Falconer vom ÖRK-Team für Glauben und Kirchenverfassung. "Wir hoffen aber," so Falconer weiter, "dass die Studie dazu beitragen wird, dass die Kirchen ihre Haltung zueinander überdenken und einander trotz unterschiedlicher Einstellungen und Ansätze in dieser Frage als Kirchen anerkennen."

Ein anderes Thema, das das Interesse der Kirchen in der ganzen Welt geweckt hat, ist der Vorschlag, dass alle Christen Ostern am selben Datum feiern sollen. Jahrhundertelang haben die Christen in westlichen - katholischen wie protestantischen - Kirchen und die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen Ostern, die Feier der Auferstehung Christi von den Toten, an verschiedenen Daten gefeiert. Grund dafür ist, dass sie sich bei der Festlegung des Osterdatums nach zwei verschiedenen Kalendern richten: die westlichen Kirchen nach dem Gregorianischen Kalender aus dem 16. Jahrhundert und die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen nach dem sehr viel älteren Julianischen Kalender.

Dieser Unterschied wird schmerzlich überall dort erfahren, wo Christen aus westlichen und östlichen Traditionen eng zusammenleben, wie beispielsweise im Nahen und Mittleren Osten. Im März 1997 stellte man auf einer gemeinsam von Glauben und Kirchenverfassung und vom Rat der Kirchen im Mittleren Osten veranstalteten Konsultation in Aleppo, Syrien, fest, dass sich die unterschiedliche Praxis nicht aus theologischen Meinungsunterschieden, sondern aus unterschiedlichen Traditionen der mathematischen Berechnung der Daten erklärt. Die Konsultation machte daher den Vorschlag, die Christen sollten Ostern am selben Datum feiern und damit im Jahr 2001 beginnen, wenn Ostern glücklicherweise in beiden Kalendern auf dasselbe Datum falle.

Weitere Gegenstände auf der Tagesordnung der Kommission in Toronto sind die jüngsten Veröffentlichungen, "The Nature and the Purpose of the Church" - "Wesen und Aufgabe der Kirche", mit der die Bereitschaft der Kirchen, sich auf ein gemeinsames Kirchenverständnis zu einigen, sondiert werden soll, und "A Treasure in Earthen Vessels" - "Ein Schatz in irdenen Gefässen", worin die verschiedenen Wege untersucht werden, auf denen die kirchlichen Traditionen die Bibel und die christliche Tradition - und ökumenische Texte - auslegen.

Der Kommission wird auch ein Bericht über die Studie "Ethnische Identität, nationale Identität und die Einheit der Kirche" vorliegen, die auf der Grundlage theologischer Reflexion und mit Hilfe einer Reihe von Fallstudien untersucht, wie das Bemühen um christliche Einheit zu Gerechtigkeit und Versöhnung in Konfliktssituationen beitragen kann. Des weiteren werden die Kommissionsmitglieder Pläne für die Weiterarbeit zum Thema "Taufe und christliche Einheit" prüfen, die Kirchen aufrufen, die vollen Implikationen ihrer "gemeinsamen Anerkennung" der Taufe ernst zu nehmen, und sich mit Fragen beschäftigen wie dem Verhältnis von gemeinsamer Taufe und gemeinsamem Abendmahl und der fortgesetzten Praxis der "Wieder"-Taufe, an der einige Kirchen festhalten.

Ferner wird die Kommission die vor einiger Zeit geleistete Arbeit zur Studie über den apostolischen Glauben überprüfen sowie die fortlaufende Arbeit zu vereinigten und sich vereinigenden Kirchen und sich um neue Ansätze im Blick auf die Feier der Gebetswoche für die Einheit der Christen bemühen, die ein langjähriges Programm der Zusammenarbeit zwischen Glauben und Kirchenverfassung und der römisch-katholischen Kirche ist.

Neuer Vorsitzender der Ständigen Kommission für Glauben und Kirchenverfassung ist Dr. David K. Yemba von der Evangelischen Methodistischen Kirche in Simbabwe. Rund 24 Kommissionsmitglieder aus Lateinamerika, Asien, Afrika, dem Nahen Osten, dem Pazifischen Raum, Europa und Nordamerika werden zu der Tagung erwartet. Monsignore John Radano vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen wird als Berater zugegen sein.

Dr. Marion Best von der Vereinigten Kirche von Kanada, die eine der stellvertretenden Vorsitzenden des ÖRK-Zentralausschusses ist, wird am 15. und 16. Juni an den Sitzungen teilnehmen, um mit der Kommission die neue Struktur und den neuen Arbeitsstil des ÖRK zu erörtern. Dr. Sam Kobia, Direktor des ÖRK-Clusters "Problembereiche und Themen", wird vom 16.bis 18. Juni anwesend sein und Fragen der Versöhnung sowie andere Probleme ansprechen, mit denen die ökumenische Bewegung heute konfrontiert ist. Die Kommission wird auch intensive Kontakte zu ökumenischen Gremien pflegen, und am Sonntag werden die Kommissionsmitglieder am Gottesdienst in den Ortsgemeinden teilnehmen.


Weitere Informationen erhalten Sie von Karin Achtelstetter, ÖRK-Medienbeauftragte
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Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von inzwischen 336 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.