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2. November 1999

HURRIKAN MITCH HAT DIE ÖKUMENE GEFÖRDERT,
STELLT ÖRK-GENERALSEKRETÄR BEI
EINEM BESUCH IN HONDURAS FEST


Hurrikan Mitch, der Mittelamerika vor einem Jahr heimsuchte, hat womöglich den ökumenischen Dialog in Honduras gefördert, berichtete der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen nach seinem dortigen Besuch.

"Der Hurrikan holte Honduras aus einem fast vergessenen Winkel der Erde in einen Raum, wo ein neues Miteinander von Kirchen innerhalb und ausserhalb der ökumenischen Bewegung möglich ist", erklärte Pfr. Konrad Raiser.

Während seines 4-tägigen Besuchs in Honduras traf Raiser mit Verantwortlichen von Dutzenden von Kirchen in Honduras zusammen. Einige vertraten historische protestantische Kirchen wie lutherische, methodistische und Episkopalkirchen, die seit langem in der ökumenischen Bewegung mitarbeiten, andere repräsentierten die Pfingstbewegung, die sich in den städtischen Randgebieten und den armen Bauerndörfern Mittelamerikas ausbreitet.

Raiser zeigte sich ermutigt von der "Offenheit" der Kirchenführer, mit denen er zusammentraf. "Viele von ihnen kommen aus Gemeinden, die in der Vergangenheit nichts mit der ökumenischen Bewegung zu tun haben wollten oder die sie überhaupt nicht kannten", sagte er. "Und doch sind sie sehr daran interessiert, von Christen in anderen Teilen der Welt zu hören und Verbindung mit ihnen aufzunehmen."

Die Pastoren aus den Pfingstkirchen hatten Raiser und den anderen Delegationsmitgliedern erzählt, wie zerspalten die örtlichen Pfarrverbände in mehreren honduranischen Städten in den letzten Jahren gewesen seien, "weil ein Teil von ihnen Wert darauf legte, zur Mittelklasse zu gehören und Schlips und Kragen zu tragen, während Pastoren in armen Gemeinden sich das nicht leisten konnten und sich dadurch ausgeschlossen fühlten. Sie haben dann ihren eigenen Pfarrverband gebildet", berichtete Raiser.

Viele dieser neuen Pastorengruppen arbeiten mit der Christlichen Entwicklungskommission zusammen, einem langjährigen ÖRK-Partner in Honduras. Marta Palma, ÖRK-Referentin für Lateinamerika und die Karibik, erklärte, der ÖRK untersuche Möglichkeiten, wie er die Entwicklung dieses neuen Ökumene-Bewusstseins, das laut Palma infolge von Hurrikan Mitch gewachsen ist, fördern kann.

"Manchmal komplizieren wir die Suche nach Einheit unnötig", sagte Palma bei einer Podiumsveranstltung zum Thema Ökumene in Honduras. "Auf Gemeindeebene, d.h. in der Praxis, sind wir oft viel erfolgreicher beim Aufbau von Einheit. Wenn die Menschen in einem Dorf zusammenarbeiten, um Häuser und Lebensgrundlagen wieder aufzubauen, die der Hurrikan zerstört hat, dann teilen sie nicht nur ihren Schmerz miteinander, sondern auch ihr Gebet und ihre Hoffnung. Ihr gemeinsames Handeln ist Einheit und praktische Ökumene."

Palma wies darauf hin, dass die noch junge Mitarbeit der Pfingstkirchen in ökumenischen Kreisen eine typische Entwicklung in ganz Lateinamerika sei. "Viele Kirchen, die sich vorher nicht an Diskussionen über politische Mitwirkung in der Gesellschaft beteiligten, lassen sich heute ansprechen", sagte Palma. "Sie entdecken ihre politische Berufung und öffnen sich neuen Wegen, auf die Gott sie führen will."

Pfr. Israel Batista, Generalsekretär des Lateinamerikanischen Rates der Kirchen, der Raiser auf seinem Besuch in Honduras begleitete, räumte ein, dass das Wort " Ökumene" "noch immer Angst in der Region auslöst. "Wenn Leute sagen, sie seien Ökumeniker, bekreuzigen sich manche aus Angst vor ihnen und andere bereiten sich auf eine Teufelsaustreibung vor. Wir müssen wieder ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Ökumenisch-Sein nichts mit einer ideologischen Position zu tun hat, sondern Teil unserer Berufung ist, Brü cken zu bauen und Versöhnung zu stiften und Gottes Haus zu einem Ort zu machen, an dem wir alle leben können."

Batista wies darauf hin, dass Ökumene in der Region voraussetzt, dass eine breite Vielfalt religiöser Erfahrungen akzeptiert wird. "Man kann heute in Lateinamerika nicht von Einheit sprechen, ohne gleichzeitig von Verschiedenheit zu sprechen", sagte er.

Honduras war das dritte Land, das Raiser auf seiner derzeitigen Reise durch die Karibik und Mittelamerika besucht. Zuvor war er in Kuba und Costa Rica gewesen. Der geplante Besuch in Haiti musste abgesagt werden, nachdem mehrere Flughäfen in der Region nach dem Durchzug des Hurrikans Irene geschlossen werden mussten.

Neben Palma und Batista wurde Raiser bei seinem Besuch in Honduras von Huibert van Beek, ÖRK-Referent für kirchliche und ökumenische Beziehungen, sowie einer Gruppe von kirchlichen Verantwortlichen aus Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Panama begleitet.


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