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Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz

10. September 2001

"Es gibt Millionen unsichtbarer Menschen auf der Welt, die in dieser Konferenz einen Hoffnungsschimmer sehen." Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Erzbischof Tutu stellt die Erklärung des ökumenischen Caucus auf einer Pressekonferenz während der UN Weltkonferenz gegen Rassismus vor
Erika von Wietersheim


Durban, 5.9. - Am Mittwochnachmittag erschien im Feuerwerk der Blitzlichter der charismatische Erzbischof Desmond Tutu für wenige Stunden auf der UN Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban. Der bekannte und beliebte Kirchenmann hatte in den Jahren nach der Apartheid nicht nur Südafrika, sondern die ganze Welt mit dem Erfolg der von ihm geleiteten Wahrheits- und Versöhnungskommission beeindruckt. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hatte den "Versöhner" und Friedensnobelpreisträger Tutu aus Johannesburg nach Durban eingeladen, um den Kirchen zum Abschluss ihrer Arbeit auf der Konferenz eine prominente Stimme zu geben.

Erzbischof Tutu sprach in Durban auf einer Pressekonferenz des Ecumenical Caucus (ökumenischer Caucus). In diesem Caucus hatten sich neben dem ÖRK und dem Lutherischen Weltbund (LWB) zahlreiche Delegationen von Kirchen und kirchlichen Organisationen aus der ganzen Welt zusammengefunden.

In ihrer Erklärung nehmen die Kirchen zu zahlreichen Hauptthemen der Konferenz Stellung, darunter Sklaverei, Kolonialismus und die Frage der Reparationen, Palästina, das indische Kastensystem und die Forderungen der Minoritäten und indigenen Völker.

Erzbischof Tutu stellte das Dokument auf der Konferenz mit seinem unverwüstlichen Humor, aber auch einfühlsam und in einer Sprache des Glaubens vor: "Ich bin hierher gekommen, weil ich eine gute Dekoration für diese Konferenz abgebe", begann er mit verschmitztem Gesicht seine Rede, fuhr jedoch in ernsterem Ton fort: "Gott hat uns mit dieser Konferenz eine neue Chance im neuen Jahrtausend gegeben. Diese UN Konferenz ist ein moralisches Universum. Wir müssen diese Chance ernst nehmen." Unausgesprochen bezog er sich auf die USA und ihren Auszug aus der Konferenz, als er sagte: "Regierungen repräsentieren nicht immer die Menschen ihre Landes. In Südafrika, während der Apartheid war das sehr offensichtlich. Wir wissen was es heisst, im eigenen Land unsichtbar zu sein. Es gibt Millionen unsichtbarer Menschen auf der Welt, die in dieser Konferenz einen Hoffnungsschimmer sehen." Mit weit ausgestreckten Armen beendete er den ersten Teil seiner Rede: "Lasst uns unsere menschliche Vielfalt feiern. Wir alle sind Träger Gottes, es gibt keine Aussenseiter. Vielleicht sind wir nicht alle VIPs (very important people), aber wir sind auf jeden Falle alle VSPs - very special people - alle, alle, alle!"

Auf die Frage, ob er mit der Entwicklung in Südafrika zufrieden sei, antwortete Tutu wie ein Lehrer: "befriedigend, aber verbesserungswürdig." Doch dürfe man nicht übersehen, dass in Südafrika, trotz aller gegenwärtigen Probleme, ein Wunder geschehen sei. "In Südafrika war vor sieben Jahren ein friedlicher Übergang in eine Demokratie am unwahrscheinlichsten auf der ganzen Welt. Doch gerade dieses Land wurde von Gott auserwählt, um der Welt zu zeigen, dass Veränderung möglich ist. Ein Problem unserer Zeit ist, dass wir keine Phantasie mehr haben. Wir können uns nicht mehr vorstellen, was wäre, wenn ..."

Der südafrikanische Erzbischof brachte aber nicht nur laut und stark die Sprache der Kirche in die Konferenz. Bei der Beantwortung von Fragen, besonders in Hinblick auf die Forderung nach Reparationen, bezog er sich ausführlich auf die afrikanische Philosophie des Ubuntu, die sagt "Ich bin, weil du bist und du bist, weil ich bin." Ubuntu ist ein seit Jahrhunderten mündlich überliefertes afrikanisches Humanitätsverständnis, das in den vergangenen Jahren in Südafrika zunehmend wiederbelebt und schriftlich dokumentiert wird. "Ubuntu sagt, dass meine Menschlichkeit in deiner Menschlichkeit aufgehoben ist und umgekehrt. Freiheit ist daher unteilbar. Als wir 1994 frei wurden, haben wir nicht nur die Schwarzen in unserem Land befreit, sondern alle Menschen. In Bezug auf Reparationen bedeutet dies, dass es nicht um Strafe geht, sondern um Heilung. Reparationen müssen das Element des Heilens einschliessen.", erklärte Tutu den schwer zu übersetzenden afrikanischen Ubuntu-Begriff. "Auch hier auf der Konferenz wollen wir Wunden öffnen, säubern und heilen. Reparationen heisst hier, zu sagen: es tut mir leid. Dies ist ein befreiender Akt, auch für diejenigen, die es sagen."

Die Frage eines Journalisten nach der umstrittenen Schlusserklärung der Nichtregierungsorganisatinen (NGOs), die wegen ihres Wortlautes in Bezug auf Palästina bislang von der UN Regierungskonferenz nicht akzeptiert worden ist, gab Tutu an Marilia Schüller weiter. Als Koordinatorin der ÖRK-Delegation wies Schüller auf die Erklärung des Ecumenical Causcus (Ökumenischer Caucus) hin. "Wir als eine ökumenische Familie haben verschiedenste Herkünfte, aber ein gemeinsames Ziel. Als eine Glaubensgemeinschaft haben wir hier Menschen zusammengebracht, die um ihre Menschenrechte kämpfen müssen. Ich kritisiere an dieser Stelle die Medien. Es zeugt von einem Mangel an Respekt vor anderen Gruppen, fortwährend nur von Palästina zu sprechen. Der ökumenische Caucus und der ÖRK sind hier, um allen Opfern von Rassismus Raum, Anerkennung und Lebensmöglichkeiten zu schaffen. Die Welt und auch unsere ökumenische Welt ist viel grösser und weiter. Wir sind für die Selbstbestimmung der Palästinenser ebenso, wie für die Selbstbestimmung aller anderen unterdrückten Menschen auf dieser Welt."

Bischof Mvumelwano Dandala, Präsident des Südafrikanischen Kirchenrats und Leiter der ÖRK-Delegation in Durban beendete die Pressekonferenz, indem er auf die Mittäterschaft der Kirchen bei Menschenrechtsverletzungen wie Apartheid und Kolonialismus hinwies. Mit den Worten: "Wir dürfen als Kirchen keine selbstgerechte Position einnehmen, sondern müssen erst vor unserer eigenen Tür kehren, wenn wir das Krebsgeschwür des Rassismus behandeln wollen", beendete Bischof Dandala die Pressekonferenz.


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