Ökumenischer Rat der Kirchen
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Schweiz |
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ZENTRALAUSSCHUSS 29. Januar - 6. Februar 2001 Potsdam, Deutschland
"Zwischen Optimismus und Verzweiflung" |
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Der Plenaraussprache vorausgegangen waren vier Berichte aus Kirchen in der Republik Kongo, Argentiniens, Deutschlands und Indonesiens, in denen an Beispielen aus dem Alltag der Länder die Folgen der Verschuldung und einer ungebremsten Marktwirtschaft dargestellt wurden. Durch die Schuldenlasten und Zinszahlungen befänden sich viele Länder Afrikas in einer Situation der "finanziellen Sklaverei". Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sei nicht zuletzt auch die Ursache von Gewalt. Aber auch in einem Wohlstandsland wie Deutschland sei es schwer, einen "fairen Handel" zu etablieren, ohne sich doch wieder den Gesetzen der Marktwirtschaft anpassen zu müssen. Einige Zentralausschussmitglieder forderten ein Moratorium aller Zinszahlungen, um die frei werdenden Mittel in das Gesundheitswesen, die Schulen und die Infrastruktur der eigenen Länder zu investieren. Auch die Kirchen sollten sich fragen, ob sie sich mit ihren Finanzen am sozialen Aufbau ihrer Länder beteiligen können. Der ÖRK wurde von verschiedenen Rednerinnen und Rednern aufgefordert, den "status confessionis" in Bezug auf Wirtschaftsfragen zu erforschen, also jenen Punkt, von dem an die Kirchen wirtschaftliche Entscheidungen nicht mehr unterstützen oder gutheissen können. Bedauernd wurde in der Pressekonferenz zum Thema der Plenarsitzung festgestellt, dass die politischen Parteien in den betroffenen Ländern zu Weltwirtschaftsfragen keine Stellung bezögen. "Die Weltwirtschaft versiegelt die Lippen der Politiker", sagte der argentinische methodistische Bischof Aldo Etchegoyen. Die Regierungen seien längst nicht mehr Herr der Situation. Das internationale Kapital bestimme die Spielregeln. Nicht zuletzt deshalb müsse sich der ÖRK zum Fürsprecher für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung machen und das Gespräch mit Gremien wie der Weltbank und der Welthandelsorganisation suchen. Wirtschaftsfragen seien auch Glaubensfragen. Der ÖRK sollte eine "ökumenische Ökonomie" entwickeln. Die Kirchen sollten sich gemeinsamn dafür einsetzen, dass "die Welt der Platz für eine bessere Gemeinschaft wird". Zu Beginn der Nachmittagssitzung wurden in einer musikalischen Szenenfolge von einer Volkstheatergruppe aus Wozani (Südafrika) einige Themen zur Weltwirtschaftsproblematik veranschaulicht und von den Zentralausschussmitgliedern mit viel Beifall bedacht. Die wichtigsten Ergebnisse aus der Diskussion werden nun vom Weisungsausschuss II zusammengetragen und als Grundlage für die weitere Erörterung über das künftige Engagement des ÖRK in dieser Frage an den Zentralausschuss weitergegeben.
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist eine Gemeinschaft von 342 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zussammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.
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