Ökumenischer Rat der Kirchen
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Entwurzelte berichten von Leiden und Hoffnung |
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Zusätzlich zu all ihren Anstrengungen, die sie unternimmt, um den Krieg zu beenden, dem sie die Hauptschuld für die Entwurzelung in der Demokratischen Republik Kongo (RDC) gibt, führte die Kirche Christi im Kongo (ECC) ein umfassendes Kolloquium in Kinshasa vom 5.bis 16. August durch, um ihre Mitglieder und Verantwortlichen zum Thema der Entwurzelten ausführlich zu informieren und praktische Antworten aufzuzeigen. Die Kirche Christi im Kongo ist Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Dem Kolloquium im August schloss sich ein Treffen ihres Exekutivausschusses an, das die gleichen Fragen erörterte. Der vorliegende Beitrag von Raymond Bitemo ist der zweite einer dreiteiligen Artikelreihe über entwurzelte Menschen in der Demokratischen Republik Kongo und Teil einer umfassenderen Artikelserie über Flüchtlinge und Binnenvertriebene. Bitemo stammt aus Kongo Brazzaville und war einst gezwungen, seine Heimat zu verlassen. Heute lebt er wieder in Kongo Brazzaville.
Das von der Kirche Christi im Kongo durchgeführte Kolloquium vom 5.bis 16. August bot unter anderem Zeit zum Zuhören und zum Austausch. Zwei Erlebnisberichte entwurzelter Menschen verdeutlichten den Teilnehmern, was es heisst, Flüchtling oder Binnenvertriebener zu sein. Pastor Kongo, heute Generalsekretär im Haus der Bibel in der Demokratischen Republik Kongo (RDC), erinnerte an den Ausbruch des Mulelisten-Aufstandes in Bondo in der Ostprovinz im Jahr 1964. "Ich war damals erst sieben Jahre alt. Zusammen mit meinen Eltern und meinen Brüdern floh ich vor den Kämpfen. Wir wurden ständig weitergetrieben. Unsere lange Reise führte uns schliesslich ins Exil in die Zentralafrikanische Republik. Den Rebellen war es gelungen, alle Kollegen meines Vaters aus dem Staatsdienst umzubringen, und nun waren sie auf der Suche nach ihm. Wir ertrugen psychische und körperliche Folter, Frustrationen und Traumata jeder Art und überlebten, indem wir Kleinhandel betrieben, auf dem Feld arbeiteten, Brennholz hackten oder andere Gelegenheitsarbeiten annahmen. Zu all unseren Schwierigkeiten kam noch die, eine Ausbildung zu bekommen. Doch ich muss anerkennend sagen, dass die Hilfsorganisationen sehr grosszügig Nahrungsmittel und Medikamente verteilt haben." Im Zusammenhang mit dem "Besetzungskrieg, der 1998 mit seiner Serie an Gräueltaten an unschuldigen Menschen begann", sagte Pastor Kongo, dass er bereit sei "als Pastor und Diener Gottes" den Mördern und Schlächtern zu vergeben. "Wenn ich die Gelegenheit hätte, in Ruanda und den Agressorenstaaten zu predigen, würde ich eine Botschaft der Liebe für unsere Nachbarn, für Frieden und Busse verkünden. Zu viel Blut von vielen Tausend Unschuldigen Menschen ist in der Region der grossen Seen vergossen worden. " Der Krieg hat auch Sidonie Malanda (angenommener Name) aus Kongo-Brazzaville vertrieben. Sie berichtete auf dem Kolloquium, dass sie bereits zweimal über den Bas-Congo in Brazzaville Exil gefunden hat. Das erste Mal war sie 1997 gekommen, das zweite Mal im März 1999. Seitdem lebt sie hier. "Ich hatte mich um den Posten des Premierministers der Übergangsregierung beworben. Zu dem Zeitpunkt fand gerade die souveräne Nationale Konferenz statt, und das war auch der Grund für einige der Schikanen, die ich später erdulden musste. Da ich eine Ausbildung im Bereich Internationale Beziehungen habe, habe ich nie gezögert, den Verantwortlichen meines Landes mit Ratschlägen zur Seite zu stehen. Seitdem werde ich verdächtigt, stehe auf der schwarzen Liste und werde beobachtet. Ich musste im Untergrund leben und wurde schon mehrfach von bewaffneten Männern angegriffen. "Während des Krieges im Jahr 1998 gelang mir die Flucht über die Rückseite meines Hauses. Einige meiner Verwandten wurden umgebracht. Ich weiss nicht, wo mein Mann und unsere Kinder sind, ob sie überhaupt noch am Leben sind. Zunächst wurde ich innerhalb meines Landes vertrieben. Ich verbrachte Monate in Wäldern im Südosten, wo ich alle Arten von Erniedrigungen über mich ergehen lassen musste (Folter, Vergewaltigung, Morddrohungen...) Daher beschloss ich, über den Bas-Congo nach Kinshasa zu fliehen. Als ich im Bas-Congo ankam, wurde ich von den kongolesischen Ordnungskräften misshandelt. Einige Zeit später jedoch nahmen mich meine kongolesischen Brüder und Schwestern auf, und ich konnte mich erholen und Ruhe finden. Die Erinnerung an die Alpträume, die ich durchleben musste, zwingen mich, mit der Hilfe und unter dem Schutz meiner Familie, die mich aufgenommen hat, hierzubleiben. "Das Geheimnis meiner Widerstandskraft", so schloss sie, "liegt in meinem Glauben an Gott und im Gebet begründet." Die beiden Zeugnisse waren für das Kolloquium sehr hilfreich, um die Gründe für die Entwurzelung zu benennen: Angst, Erniedrigung, Unsicherheit, Intoleranz, Hass...; die Bedürfnisse entwurzelter Menschen: Nahrung, Kleidung, Schutz, Zuwendung, Trost, Gastfreundschaft, Informiertsein über ihre Rechte...; und die Quellen für ihre Stärke: Glauben an Gott, Gebet, Entschlossenheit, Hoffnung... All diese Elemente der Entwurzelung hatte S. Tilewa Johnson, Bischof von Gambia und Vorsitzender des Ausschusses für Flüchtlinge und Nothilfe der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC), im Gedächtnis, als er die Kirche Christi im Kongo dazu aufrief, "die entwurzelten Menschen bei der Benennung ihrer Bedürfnisse mit einzubeziehen und Brücken zwischen ihnen und den Gemeinschaften, die sie aufnehmen, zu bauen."
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist eine Gemeinschaft von 342 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zussammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.
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