Ökumenischer Rat der Kirchen Kommunikationsabteilung
Pressemitteilung

150, route de Ferney Postfach 2100 1211 Genf 2 Schweiz
E-Mail: media



7. Dezember 1998

VOLLVERSAMMLUNG IM AIDS-LAND NUMMER EINS -
DEUTSCHER TROPENMEDIZINER APPELLIERT AN KIRCHEN


Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen tagt im Land mit der höchsten HIV-Infektionsrate der Welt. Darauf hat der deutsche AIDS-Experte und Theologe Dr. Christoph Benn (Tübingen) bei einem Hearing am Montag, 7. Dezember hingewiesen. Die Weltgesundheits-organisation gehe davon aus, dass in Simbabwe derzeit 25 Prozent der Erwachsenen HIV-infiziert sind. Allein in der Hauptstadt Harare seien 40 Prozent der Erwachsenen von der Immunschwächekrankheit betroffen. Seit Ausbruch der Pandemie habe sich die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in Simbabwe von 63 auf 41 Jahre verkürzt, sagte der Tropenmediziner. Es sei zu befürchten, dass sie noch weiter absinke.

Während in Deutschland die Zahlen stagnieren, nimmt das Problem weltweit dramatisch zu.. Nach Angaben Benns infizieren sich täglich etwa 16 000 Menschen neu. Ihre Gesamtzahl wird gegenwärtig auf 33 Millionen geschätzt. Nur ein Prozent der Infizierten könnten sich die derzeit optimalen Behandlungsmethoden leisten.

"Nach 15 Jahren Erfahrung und Forschung in der Bekämpfung von AIDS sind die wesentlichen Methoden zur Eindämmung von AIDS bekannt", sagte Benn. "Mit Uganda und Thailand gibt es positive Beispiele dafür, dass sich die Infektionsraten halbieren lassen. Dies setzt aber voraus, dass die wissenschaftlich anerkannten Methoden auch angewandt werden." Als wirksam bezeichnete Benn "sexuelle Abstinenz, eheliche Treue oder den regelmässigen Gebrauch von Kondomen". In diesem Zusammenhang bedauerte er die Vorbehalte vieler Kirchen gegen die Benutzung von Kondomen.

Der Mediziner würdigte das Engagement vieler Kirchen bei der Betreuung von AIDS-Kranken und Waisenkindern. Ziel der Kirchen sollte es jedoch sein, in der Prävention mit den Gesundheitsbehörden an einem Strang zu ziehen. "Die Aufklärungsarbeit sollte sich an wissenschaftlich nachgewiesenen Methoden orientieren und nicht durch moralische Vorbehalte verwässert werden", sagte Benn. So verlange der Kirchenrat von Simbabwe von der Regierung, Kondome mit dem Warnhinweis zu versehen, dass sie keinen sicheren HIV-Schutz bieten. Vor allem bei Jugendlichen führe dies zu Verwirrung über wirksame Methoden der Vorbeugung.

Benn hat im Auftrag des ÖRK vor zwei Jahren eine Studie "AIDS und die Kirchen" veröffentlicht. Sie enthält umfassendes Informationsmaterial zum Thema AIDS. Ergänzend dazu wird auf der ÖRK-Vollversammlung eine neue Arbeitsmappe mit pädagogischem Material vorgestellt. Sie ist als Einstieg für Gemeinden und Gruppen gedacht, die sich in der AIDS-Prävention engagieren wollen. Bezogen werden kann sie beim ÖRK in Genf.

Das AIDS-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNAIDS) will nach Angaben Benns gemeinsam mit dem ÖRK ein AIDS-Programm für Kirchen und Regierungen in den am meisten betroffenen Ländern starten. Es wird am Mittwoch, 9. Dezember während einer "Padare"-Veranstaltung auf dem Gelände der Universität von Simbabwe vorgestellt. An der 90minütigen Veranstaltung werden auch Vertreter des Kirchenrats von Simbabwe sowie HIV-Infizierte aus Harare teilnehmen.

Weitere Informationen erhalten Sie von John Newbury,
ÖRK-Presse- und Informationsreferent
Presse- und Informationsbüro, Harare
Tel.: +263.91.23.23.81
E-Mail: WCC media


Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von inzwischen 332 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.